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Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Titel: Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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hypnotisiert, völlig weggetreten."
    "Sauf' nicht soviel, dann trittst du auch nicht weg", unterbrach ihn Norbert. "Was ist nun mit Elfried?"
    "Elfried ist unten eingeschlossen und ich bekomme keine Verbindung zu ihm."
    Jetzt kam wieder Bewegung in Walter. Er ließ mit ein paar spielerisch erscheinenden Bewegungen seiner schlanken Finger auf dem Terminal ein Raster des Stollens auf dem Display erscheinen. Dort, wo Elfried sein letztes Lebenszeichen, seinen letzten Kontakt abgegeben hatte, blinkte ein grünes Lichtsignal. Die in den Tunnel eingebauten Druckfühler gaben brav ihre Daten an den Computer im Einsatzstand durch und der erstellte mit ihrer Hilfe eine rote Schraffur im Höhlenraster auf dem Monitor, genau dort, wo die Steine den Tunnel sperrten. Brigitte und Norbert vertieften sich einen Augenblick in das schematische Höhlenraster. Dann spuckte Brigitte in die Hände. Hier war Handarbeit angesagt. Steine schleppen. Ohne weiter auf ihre Kollegen zu achten, schritt sie rasch durch den Arbeitsraum zu ihrem Spind und begann sich umzuziehen. Norbert folgte ihr.
    "Und achtet auf das nachrutschende Gestein!" , sagte Walter vom Einsatzstand aus.
    "Der hält uns f ür blöd", sagte Norbert leise zu Brigitte, und laut rief er über die Schulter zu Norbert hin: "Und du achte auf das nachrutschende Rauschen. Man weiß ja nie, woher es kommt und wohin es geht."
    Es polterte in der Eingangstür. Die nächsten Helfer rückten an.
    Zehn Minuten später konnte Walter auf dem Monitor den Aufzug beobachten, wie er sich ganz sanft abwärts bewegte und vor Stollen drei zur Ruhe kam. Die Rettungsaktion hatte begonnen.
    Während seine Füße über morsches Gestein stolperten, ließ Elfried sich von diesem eigenartigen warmen Strom immer tiefer in das Höhlenparadies ziehen. Seine Gedanken kreisten um Aranea. Ihre ein bis vier Spinndrüsen, aus denen die Fäden mit unglaublicher Geschwindigkeit herausschossen und sofort zu einem einzigen Faden verzwirnt wurden. Ihr Netz, das sie mit diesem einzigen Faden zu weben in der Lage war, ein wahres Wunderwerk, eine Schöpfung von unglaublicher Haltbarkeit, dessen Statik noch viele Geheimnisse bot. Diese Untertage-Aranea trug keine Spinndrüsen, das hatte Elfried einwandfrei festgestellt. Auch an der Oberfläche der Erde gab es natürlich Spinnen, die nicht mit Netzen fingen. Sie hatten andere Fanggewohnheiten. Diese Spinnen entwickelten z.B. sich mit ihren acht Beinen zu ausgezeichneten Kurzstreckensprintern oder Springern. Aber unter Tage hätte Aranea das nicht viel genützt: Zu viele Steine und zu viele Klüfte, die den potentiellen Opfern als Deckung und Verstecke dienen konnten. Elfrieds nachdenklicher Blick streifte die bizarre Vielfalt der Klüftungen. In diese schmalen Ritzen und Spalten konnte Aranea ihren kleineren Opfern nicht folgen, nicht bei dieser Größe. Sie musste etwas anderes entwickelt haben als schnelle Beine. Was hatte dieser Höcker am Stirnkamm zu bedeuten?
    Elfried kämpfte sich keuchend am Rande eines riesigen Höhlensees entlang. Das Licht seiner Lampe wurde tausendfach gebrochen und erschloss Elfrieds Blick eine wahre Wunderwelt, einen unterirdischen Zauberpalast. "Wunderbar !", dachte er. "Was man hieraus alles machen kann, touristisch gesehen."
    Er hatte sich bis jetzt in dem warmen, sanften Sog einfach treiben lassen. Nun wurde dieser Zug stärker. Mit einem Schlag verwandelte sich der kalt glitzernde Höhlensee mit seinem steinernen Ufer in ein Südseeparadies mit einladendem Sandstrand. Da klang ein ganz leichtes Rauschen an Elfrieds Ohr, wie schwache Brandung, und verwandelte sich mehr und mehr in das rhythmische Pulsieren einer energievollen, Leben spendenden Wesenheit. Die Farben in der Höhle, die Elfried bis dahin als eher triste Ansammlung verschieden abgestufter Grau-Schwarztöne erschienen waren, explodierten geradezu in einer Farborgie, wie er sie nie zuvor gesehen hatte. Was vorher die nackten Gestaltungen zerklüfteter Gesteinsränder bildete, verwandelte sich nun in weich wedelnde Farne. Sie wurden von dickstämmigen Urwaldriesen überschattet, deren obere Zweige sich in unabsehbaren Höhen verloren. Diese überquellende Fauna schien zudem gefüllt mit einem grandiosen Artenreichtum überall sich bewegender Tiere. Elfried sah vogelähnliche Kleinsaurier, und ringelten sich da nicht sogar bunte Schlangen?
    Elfried spürte sein Herz fast auf der Zunge schlagen. Was er da sah, war doch gänzlich unmöglich. So hatte das Karbon ausgesehen. Schon

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