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Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Titel: Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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wollte.
    So ermöglichte er es ihr, sein Leiden zu übersehen, und nicht nur sein Leiden, sondern auch seine anderen Vorstellungen von der Ehe, seine anderen Ziele, also so ziemlich ihn ganz. Aber vielleicht war das auch nur ihre Rache für etwas, was Außenstehende nicht erkennen konnten.
    Ferm versuchte die Sache positiv zu sehen und auch positiv darzustellen. Ein Ehepaar mit expansiven Interessen. Ein modernes Ehepaar. Ein Ehepaar, das sich gegenseitig etwas gönnte und insbesondere das, was man als außereheliche Erlebnisse bezeichnet. Erna und Gemal hatten damals ein ungutes Gefühl, wenn sie sich Ferms euphorische Oden an die Freiheit anhörten. Er konnte es zu der Zeit nicht zugeben, dass diese außerehelichen Geschichten überhaupt nicht zu ihm passten, sondern eben nur zu Brigitte.
    Eines Tages wurde in der Szene bekannt, dass Ferm ausgezogen war. Und es wurde auch bekannt, welche ätzenden Nachhutgefechte nun entbrannten, um die Kinder, um das Geld, um die Besuche, um alles, worum zu kämpfen möglich war. Der Hass wurde plötzlich sichtbar, der all die Jahre unterdrückt worden war. Jedenfalls behielt Brigitte schließlich die Kinder, und Ferm hatte seine Freiheit, wenn auch finanziell stark eingeschränkt, wieder. Und Frauen gehörten natürlich zu dieser Freiheit. Erklärtermaßen lehnte Ferm es strikt ab, um Brigitte und ihre gemeinsame Zeit zu trauern. Vielmehr gefiel er sich in farbenfrohen Darstellungen von immensen Bewusstseinserweiterungen durch intensive, neue Erfahrungen. Es überraschte Erna und Gemal jedenfalls überhaupt nicht, dass er ihnen plötzlich Sandra vorstellte, die sehr viel jünger war als Ferm, aus einfachen Verhältnissen stammte und offenbar sehr schnell beschlossen hatte, ihr weiteres Leben mit Ferm zu teilen.
    Erna konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie Gemal sie angegrinst hatte und ihr für die beiden anderen gut hörbar zuflüsterte: "Sexuelles Bedürfnis reicht nicht, 'verknallt' sein reicht nicht, Angst vor dem Alleinsein reicht nicht. Das alles ist viel zu menschlich. Bestimmt hat Ferm für sein saudummes überstürztes Verhalten eine sachlich einwandfreie Erklärung von epochaler und globaler Bedeutung."
    Ferm wirkte damals jungenhaft glücklich, Sandra reserviert. Aber sie kam ja auch aus einer anderen Szene. Sie konnte vielleicht mit diesen zynisch lockeren Redensarten nicht soviel anfangen. Erna erinnerte sich, dass Ferm tatsächlich im Laufe dieses Abends zu einer Erklärung anhub. Das war, als er schon ziemlich viel getrunken hatte: "Im Grunde bin ich ein verheirateter Mann", sagte er. "Ob ich nun eine Frau habe oder nicht. Es gehört zu mir, verheiratet zu sein."
    "Wie willst du das wissen?" , fragte Gemal. "Du warst doch eigentlich noch nie sehr lange unverheiratet."
    Tatsächlich waren zum Zeitpunkt dieses Gespräches ganze sechs Wochen seit der Trennung von Brigitte vergangen.
    "Eben!", sagte Ferm mit schwerer Zunge und souverän. "Ich wirke eben wie ein Magnet. Meine Anziehungskraft kommt aus meinem automatischen Pflichtbewusstsein, meiner rücksichtsvollen Art. Ich bin für die Ehe prädestiniert."
    "Und was ist mit deiner Freiheit?" , fragte Erna, der Ferms euphorische Reden von der getrennten Persönlichkeitsentfaltung innerhalb einer Ehe durch jeweilige und kurzweilige Außenbeziehungen noch in den Ohren klangen.
    "Jede Ehe", konterte Ferm lässig, "hat ihre eigenen Bedingungen."
    Erna erinnert sich, dass Sandra bei all diesem unverbindlichen Geschwafel sehr zweifelnd ausgesehen hatte. "Der Bräutigam ist nicht mehr jung", sagt Erna zu dem Maschinenmenschen. "Für die beiden Hochzeiter ist es jeweils die zweite Ehe. Er ist ein sehr rücksichtsvoller Typ. Sie ist eine ganze Reihe von Jahren jünger als er, aber er hat sich sehr jung gehalten."
    "Sind sie glücklich?" , fragt der Maschinenmensch.
    "Das ist schwer zu sagen", antwortet Gemal. "Sie ist ein so lebensvoller Typ, beweglich und irgendwie unkompliziert. Er ist so entsetzlich nüchtern, seltsam oberflächlich in seiner akademischen Art zu denken."
    "Abstrakt", lacht Erna. Gemal nickt zustimmend. " Ich glaube auch, er lebt theoretisch."
    Der Maschinenmensch lächelt sie freundlich an und sagt: "Ich werde gegen 22 Uhr in der Rue de Rice sein." Er verbeugt sich formvollendet vor ihnen und erstarrt. Die Vorstellung auf dem Kirchplatz geht weiter.
    Auf Ernas Haut entsteht die Andeutung einer Gänsehaut. Ein Vertrag ist geschlossen. Sie beginnt zu ahnen, mit wem. Gemal und Erna wenden sich von dem

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