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Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Titel: Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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ein Massenmord, weil sie die Macht dazu hatten, aus purer Freude am Töten.
    Die langen Sitzbänke der Kirche waren gefüllt, eine Gestalt saß neben der anderen. Nichts bewegte sich. Norbert schritt durch den Mittelgang in die Kirche, sah die steifen Rücken, und je weiter er ging, desto klarer erkannte er auch Gesichter. Er sah die Verzerrungen in den Gesichtszügen, die er von Menschen kannte, die eines schrecklichen Todes gestorben waren. Irgendjemand, irgendetwas unbeschreiblich Grausames hatte ihnen weder das Leben, noch einen ruhigen Tod gegönnt. So saßen sie, ein Dutzend in jede Bank gezwängt, sieben Bänke auf jeder Seite, von der Kälte festgefroren, das Todesgrauen vom Frost in die Gesichter eingraviert. Außerdem stimmte mit ihren Beinen irgendetwas nicht. Auf eine haarsträubende Weise sahen die Beine so verbogen aus. Norberts Blick glitt durch die Kirche. Aber so richtig nahm er nichts wahr.
    Ich müsste das alles fotografieren, festhalten, ich muss das später erzählen, dachte er wirr und unklar. Ich bin ein Zeuge, dachte er und hielt sich an dieser Vorstellung fest. Es ist besser, Zeuge zu sein, als Opfer.
    Über dem Altar war kein Kreuz zu erkennen. Überhaupt fehlten in dieser Kirche sämtliche Hinweise auf ihren christlichen Ursprung. Sie hatte eindeutig romanische Bogenfenster. Auch alle anderen Bögen waren rund. Die Kirche war sehr alt.
    Norbert meinte sogar einige Löcher in den Wänden erkennen zu können, wo vielleicht jemand die christlichen Insignien herausgehackt hatte. Auf dem Altar lag ein bläulich schimmernder Stein von der Größe eines Menschenkopfes. Norbert trat näher, um ihn genauer zu besehen. In den Stein auf geheimnisvolle Weise eingelassen, fand Norbert eine Schrift, die von innen her geradezu leuchtete. Die Schrift war ihm unbekannt. Norbert schossen wilde Phantasien der Göttin Kali durch den Kopf, die mit einer Kette aus Knochenschädeln wilde Tänze tanzend gerne dargestellt wird. .Was Leben bringt, kann auch Leben nehmen.
    Da schlug das Eingangstor hinter ihm mit einem Knall zu, der die Kirche in ihren Grundfesten erbeben ließ. Norbert fuhr herum und erkannte die fünf grauen Gestalten unter dem romanischen Portal.
    Norberts Augen fuhren wie gehetzt durch den Altarraum und fanden in einer düsteren Ecke den kleinen Eingang zur ehemaligen Sakristei. Er riss die Türe auf, hatte mit zwei Schritten den kleinen Raum durchquert und stürzte durch die Hintertür ins Freie, wo der Schnee jetzt knietief war. Norbert raste dem Wald entgegen, ohne nur eine Sekunde zu verlieren. Aber in dem Augenblick, als seine Hand einen Daumenbreit von dem ersten Baumstamm entfernt war, hörte er ein Geräusch, als führe eine Axt in Holz. Gleichzeitig durchraste ihn ein wahnsinniger Schmerz, vom rechten Bein ausgehend, wie ein Blitzstrahl sich im ganzen Körper verbreitend. Norbert fiel in geradezu schwerelosem Dahingleiten auf den Waldboden zu. Er schlug hart auf der gefrorenen Erde auf. Norbert erkannte die schwere Wildfalle, die sich mit ihren dicken Eisenzähnen unlösbar in sein rechtes Bein gebissen und sein Schienbein zerschlagen hatte.
    Als er ein wenig zu Seite rollte, sah er seine fünf Verfolger. Sie hatten ihn in einem schweigenden Halbkreis umringt und warteten darauf, dass ihn der Schmerz von innen auffraß. Während es immer dunkler wurde, zog sich Norberts Sterben hin. Er litt Durst, er litt an seiner Wunde, er litt an seiner Verzweiflung, die ihn dazu brachte, an der Kette zu zerren, wie ein gefangenes Tier.
     
    Die fünf vermummten Gestalten zeigten keine Regung. Vielleicht war diese Reglosigkeit noch die grauenhafteste Qual von allen. Norbert starb nach etwa vier Stunden, in dem Augenblick, als einer der Fünf plötzlich seine Hand nach ihm ausstreckte.
    Am nächsten Abend wurde im Sanatorium ein großes Fest gefeiert. Ein Jubiläum des Hauses. Es herrschte große Stimmung allenthalben, fast Jubel. Wenn einige Gäste Norberts Fehlen bemerkt hatten, so verloren sie darüber kein Wort. Es fehlten immer mal wieder Gäste. Darüber wurde nicht groß gesprochen. Genauso wenig wie über Krankheit. Sicher waren sie gesund und deshalb heimgefahren.

Guru
    Wie einem fremden Befehl gehorchend, huschte Wilfrieds Blick über die Tageszeitung. Er aß Cornflakes, ohne sie zu schmecken, ohne es zu spüren, dass er aß. Der Kaffee dampfte. So mischte er immer einen Schluck Kaffee und einen Happen Flakes, um sich nicht die Zunge zu verbrennen.
    Die Zeitung war alt, vielleicht zwei

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