Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)
Aufgabe. Meine Generation hatte die Aufgabe, den wirtschaftlichen und menschlichen Bestand unseres Volkes in einer feindlichen Umwelt zu gewährleisten. Meiner Generation ist die Lösung dieses Problems nur unvollkommen gelungen. Aber bei dem Versuch, dieses Problem zu lösen, sind wir auf verschiedene Antworten gestoßen, eine davon war BALLOKI. Es hätte, ähnlich wie die Atombombe, die militärische Antwort schlechthin sein können. Aber wir kamen nicht mehr dazu, diese Waffe fertig zu bauen und einzusetzen. Nun legen wir diese Waffe in die Hände Ihrer Generation."
Aber der Stabsoffizier ließ sich nicht so leicht abschütteln. Obwohl ein gewisses, unnennbares, allgemeines Unbehagen spürbar wuchs, fragte er: "Das historische Umfeld von BALLOKI ist uns nicht ganz unbekannt, Herr Professor. Meine Frage zielte mehr in Richtung Ihrer ganz persönlichen Intentionen und Motive. Was hat Sie selbst dazu gebracht, sich mit Licht und Feuer so intensiv zu beschäftigen."
Das Unbehagen begann sich in einer Unruhe auszudrücken, die die Teilnehmenden, die Morian am nächsten standen, als erste erfasste. Und das muss man den Besuchern der Präsentation zugutehalten: Unruhe und Unbehagen wuchsen nicht nur, weil ihnen durch die Fragen der Weg zur Bar weiterhin versperrt wurde.
In Gurth klangen Wörter auf: "Solange du tötest…" Das hatte er gehört, damals, in der Nacht bei Krampe.
Mit ätzender Schärfe antwortete Morian: "Sie haben mir eben nicht richtig zugehört. Ich erwähnte die historische Aufgabe meiner Generation. Daneben gab es für mich keinerlei persönliche Motive. Es gab einiges zu verbrennen, junger Mann, feindlichen, fremdartigen, lebensunwerten Unrat. Ich hoffe, ich muss doch nicht noch deutlicher werden? BALLOKI bot uns da eine geniale Lösung an. Schockiert Sie das? Und wenn Sie mich jetzt auch noch nach den heilsamen Komponenten von BALLOKI fragen, so kann ich Ihnen zunächst verraten, dass die Befreiung von Unrat für mich in durchaus befriedigendem Umfang etwas Heilsames ist. Sollten Sie aber einmal einen konstruktiven Höhenrausch erleben, so bietet BALLOKI auch dafür genügend Möglichkeiten. Natürlich kann ein Laserstrahl auch noch für anderes eingesetzt werden als für die reine Zerstörung. Obwohl ich ehrlicherweise nicht leugnen kann, dass mich diese Seite des Lasers immer am meisten fasziniert hat. Ein Laserstrahl dieser Intensität kann bei geringfügiger Parallelisierung der Strahlenbündel als Transportmittel für Energie jeden Umfangs, hören Sie wohl, jeden Umfangs dienen. Eines der drängenden energiepolitischen Probleme Ihrer Zeit kann mit Hilfe des Lasers gelöst werden. Mit Laser können Sie jede beliebige Menge Energie von jeder Stelle dieser Erde mit Hilfe von Spiegelsatelliten an jede andere Stelle dieser Erde bringen. Vielleicht haben Sie in dieser Richtung Ambitionen?"
Der P.R.-Mann griff an dieser Stelle ein. Mit übertrieben herzlichem Ton sprach er zu der Versammlung: "Ich denke, dass jetzt die wichtigsten Fragen gestellt sind. Sollten Sie noch weitere ins Detail gehende Interessen haben, so können sich diese Defizite sicher bei einem Glas Hochprozentigem gemütlicher ausgleichen lassen als hier im Plenum."
Unter normalen Umständen wäre nach dieser Aufforderung, sich vollaufen zu lassen, ein donnernder Applaus gefolgt. Aber die Stimmung im Saal war vereist. Morian hatte ein Tabu gebrochen, mit dem sie alle in der NATO lebten. Er hatte seine eiskalte Freude an der Zerstörung offen zugegeben, auch an den Zerstörungen, die sich die Nazis in der Vergangenheit geleistet hatten. Das ging nicht. So etwas offen auszusprechen war unmöglich.
Alles stand auf und strebte der Bar zu.
"Seltsamer Typ!" , sagte Bernd, dem es auf geheimnisvolle Weise gelungen war, sofort und offenbar ohne Schwierigkeiten zwei Gläser Scotch zu erobern.
"Ich bin ihm schon mal begegnet", murmelte Gurth.
"Ich wusste gar nicht, dass du dich in so erlesenen Kreisen bewegst", frot zelte Bernd. "Baldur und Loki", kicherte er, "die Auferstehung der germanischen Götter."
"Es war eine schreckliche Begegnung."
Gurth hatte die Szene im Beerdigungsinstitut Krampe sofort vor Augen. Er fühlte wieder, wie die Hand sich um seinen Hals krallte und der Alte ihm rätselhafte Worte zugezischt hatte. Er wollte etwas zu Bernd darüber sagen, aber er sah ihn an und erkannte, dass mit ihm an diesem Abend kaum ein ernstes Gespräch mehr zu führen war.
"Unheimlich!" , sagte er nur.
"Ja, "erwiderte Bernd, "Morian
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