Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
als einen kühlen Berater sah, während Gaidaron versuchte, die Lage herunterzuspielen.
»Als dein Sekretär? Ich muss Suthranna fragen, ob er mich dafür freistellt.«
Rastafan machte eine verächtliche Handbewegung. »Sei gewiss, er wird dich freistellen.«
»Dann komme ich der Aufgabe mit Vergnügen nach.«
»Wie schön. Aber wenn wir beide zusammenarbeiten, dann wirst du dir deine vornehme Redeweise in den Arsch stecken, verstanden?«
»Rastafan!«, hauchte Zahira.
»Ach Mutter, in den Rabenhügeln hast du mit deinen Ausdrücken sogar die Berglöwen schamrot werden lassen!«
»Das waren andere Zeiten.«
»Gute Zeiten, die ich nicht missen möchte«, knurrte Rastafan und warf Gaidaron einen finsteren Blick zu, doch der lächelte ihn an. Was für ein Lächeln! Verlockend und gleichzeitig im Bilde. Rastafan musste sich beherrschen, um nicht zurückzulächeln.
*
Rastafan machte sich seine Gedanken über Gaidaron. Um dem zweifellos scharfsinnigen Mondpriester die Stirn zu bieten, musste er ihm ebenbürtig sein. Aber Gaidaron kannte sich aus in Margan. Rastafan erkannte, dass dies ein gewaltiger Vorteil war. Er selbst kannte niemanden, dem er wirklich vertrauen konnte, außer seinen Berglöwen, aber sie nutzten ihm wenig. Die Diener gehorchten ihm, aber er hielt sie alle für bestechlich. Deshalb hatte er Gaidarons Dienste als Sekretär angefordert. Auf diese Weise behielt er ihn im Auge.
Er will den Thron, überlegte Rastafan. Was würde ich an seiner Stelle tun? Jemanden verleumden? Töten? Er müsste Doron und mich beseitigen, und ein Attentat würde unweigerlich auf ihn zurückfallen. Also muss er es wohl geschickter anstellen …
Ihm war noch nicht klar, was Gaidaron von seiner Mutter wollte, aber es konnte nur etwas Übles sein. Gleichzeitig hatte es keinen Zweck, sie zu warnen, Zahira ließ sich nichts sagen – schon gar nicht von ihrem Sohn. Rastafan hoffte, sie sei klug genug, Gaidarons Spiel selbst zu durchschauen.
*
Zwei Tage später erschien Gaidaron wie besprochen in Rastafans Gemächern. Dieser hieß ihn sich setzen. Die Kanne mit Marfander stand bereits auf dem Tisch, Rastafan stellte zwei Becher dazu und schenkte sie voll. »Auf gute Zusammenarbeit!«
Gaidaron verzog keine Miene und trank. Nach den ersten Schlucken begann er zu husten. »Der ist sehr stark«, bemerkte er verlegen.
»Wein für Männer. Was wird denn im Mondtempel ausgeschenkt?«
»Wein für Männer, die ihre fünf Sinne beisammenhalten wollen.«
Rastafan lächelte. »Bevor du mein Sekretär wirst, möchte ich dich besser kennenlernen. Wie du ja weißt, ist es eine Vertrauensstellung.«
Obwohl Gaidaron den spöttischen Unterton bemerkt hatte, zuckte er nicht mit der Wimper. »Wir Mondpriester genießen dieses Vertrauen in unsere Arbeit seit Jahrhunderten.«
»Nur dass du gleichzeitig der Neffe des Königs bist.«
»Spricht das gegen mich?«
»Bevor Dorons Söhne wie aus dem Nichts aufgetaucht sind, warst du der Thronfolger.«
Gaidaron war auf diesen Vorwurf gefasst. »Ich war überrascht und auch enttäuscht, das ist wahr. Besonders von Doron, der nie von Söhnen gesprochen hatte. Aber so werde ich Suthrannas Nachfolger, und auch das ist eine einflussreiche Position.«
»Dann werde ich mir wohl des Öfteren einen weisen Rat von dir holen, wenn ich König bin.«
»Ich denke, du wärst nicht schlecht beraten, das zu tun. Ohne dich kränken zu wollen – du hast nicht viel Erfahrung, wie man ein Land regiert, und ein König braucht gute Ratgeber.«
Rastafan stieß ein bellendes Lachen aus. »Nach dem, was ich bisher gehört habe, muss ich nur existieren und sozusagen als zweite Sonne die Menschen Jawendors um mich kreisen lassen.«
Gaidaron hob belustigt die Augenbrauen. »Dorons Worte?«
»Ja. Allerdings gedenke ich nicht, mich daran zu halten. Jawendor wird einen König bekommen, um den die anderen Länder es beneiden werden.«
»Dann hast du mit mir heute den Anfang gemacht«, erwiderte Gaidaron nicht gerade bescheiden. »Ich will meinen Teil dazu beitragen. Verträge, Dokumente und die Korrespondenz mit den Nachbarländern sind sozusagen das Herzblut einer Herrschaft.«
»So, meinst du?«
Gaidaron lächelte selbstgefällig. »Du magst da anderer Meinung sein, aber Menschen, die weder lesen noch schreiben können, achten diese Dinge natürlich gering. Sie wissen nicht um ihre ungeheure Macht.«
Rastafan schoss das Blut ins Gesicht. »Lesen?«, stieß er hervor. »Natürlich kann ich lesen! Glaubst du, ich
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