Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
verdächtigen.«
»Unsinn. Vor den anderen werde ich die liebende Frau spielen, die sich ein Leben ohne Doron nicht mehr vorstellen kann. Und dann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werde ich zuschlagen. Mit dem Dolch, mit Gift oder einem anderen Plan. Als seine Frau werde ich immer in seiner Nähe sein und die günstigste Situation abpassen. Und dann …« Sie lächelte versonnen, als plane sie einen Nachmittagsausflug. »Dann lenke ich den Verdacht auf einen seiner Lakaien. Vertrau mir, ich bin mit solchen Schlichen aufgewachsen.«
Gaidaron stöhnte. »Geliebte, ich bin gleichermaßen entzückt und entsetzt. Ich bitte dich nur, bringe dich nicht in Schwierigkeiten.«
Sie küsste ihn auf die Wange. »Keine Sorge, Geliebter. Du weißt natürlich von nichts. Sei nur recht betroffen, wenn er tot ist.«
»Und Rastafan? Was wird er dazu sagen?«
»Rastafan hasst Doron ebenfalls. Aber es ist besser, wenn er ahnungslos bleibt, auch was uns beide angeht. Er hat seinen eigenen Kopf und könnte mir die Sache ausreden wollen. Doch insgeheim wird er seine Mutter bewundern für ihre Tat.«
43
Rastafan ließ sich die Worte seines Vaters noch einmal durch den Kopf gehen. Hatte er dafür Jaryn getötet, damit er über ein erstarrtes System gebieten konnte, das so gut wie keine Veränderungen ertrug? Rastafan musste zugeben, dass er sich über Reformen noch keine Gedanken gemacht hatte, aber das hatte an seiner seelischen Verfassung gelegen. Ihm dämmerte, dass er aufgrund seiner adeligen Geburt eine Verantwortung geerbt hatte, die bisher keiner in Jawendor wahrgenommen hatte. Und er erinnerte sich an Jaryn, der von einem Fluch gesprochen hatte: von Razoreth, dem alle Könige bisher verfallen seien und dass er auserwählt war, jenen Prinzen zu suchen, der Razoreth die Stirn bieten konnte.
Jaryn selbst ist dieser Prinz gewesen, und ich habe ihn getötet. Die Hoffnungen der Entrechteten haben auf ihm geruht, und ich habe sie zunichtegemacht! Dieser Gedanke gefiel ihm nicht, und sein nächster Griff war zur Weinkanne, die stets gefüllt neben ihm stand. Er konnte und wollte diese Schuld nicht tragen, die riesige Verantwortung nicht übernehmen, die darin bestanden hätte, alles in Jawendor umzustürzen. Jaryn hatte es gewollt, er war gescheitert. Aber Rastafan hasste es zu scheitern. Er ertrug keine Niederlagen. Wenn er kämpfte, wollte er siegen, doch was für einen Sieg hatte er in Margan zu erwarten? Hier würde er gegen Mauern rennen, sich die Stirn blutig stoßen, und wofür? Für die Ausgebeuteten, die Hungrigen? Er hatte noch nie einen Gedanken an sie verschwendet. Wer das Leben in Knechtschaft geduldig hinnahm, hatte in seinen Augen nichts anderes verdient. Doron hatte recht. Wer bereit war, sich zu bücken und zu gehorchen, der wurde als Sklave behandelt.
Die Berglöwen waren Männer, die sich dem Joch entzogen hatten, deshalb waren sie auch wie seine Familie gewesen, um die er sich gekümmert, für die er gesorgt hatte. Aber konnte er ganz Jawendor zu seiner Familie machen? Unmöglich! Viel lieber beschäftigte er sich mit der Sklavenjagd, die ihm sein Vater vorgeschlagen hatte. Rastafan grinste vor sich hin. Vorgeschlagen? Es war ein Befehl gewesen, aber einer, den Rastafan gern befolgte. Leider sollte er noch etwas damit warten. Er setzte die Kanne an und trank. Das starke Getränk war sein Freund, es nahm ihm die Schuldgefühle, die Gewissensbisse, einfach alles, was ihn quälte.
Nach wenigen Zügen setzte er die Kanne wieder ab. Er dachte an seine Mutter. Sie schien glücklich zu sein, ein Leben in Luxus führen zu können. Auch mit Doron, dem Verhassten, schien sie sich ausgesöhnt zu haben. Rastafan nickte vor sich hin. Bagatur war tot, die Rabenhügel Vergangenheit, man musste das neue Leben annehmen. Zahira tat es, und er wollte es auch versuchen. Grimmig klappte er den Deckel zu und schob die Kanne von sich. In diesem Moment schwor er sich, dieses Zeug nur noch vor dem Schlafengehen zu trinken. Er wollte ein neues Leben beginnen, das ihm wieder echte Lebensfreude schenkte und keinen flüchtigen Rausch. Was auch immer er dafür tun würde, war ihm noch nicht klar, er wusste nur, dass er als ersten Schritt den Marfander meiden musste. Und der zweite Schritt? Da kam ihm bereits eine Idee, die ihn sofort begeisterte. Er ließ nach Gaidaron schicken.
Kurz darauf erfuhr er, dass dieser sich nicht im Mondtempel aufhalte. Schon wollte Rastafan aus Enttäuschung wieder zur Kanne greifen, als ihm mitgeteilt
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