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Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne

Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne

Titel: Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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nackter Mann, der ihnen den Rücken zuwandte. Er war derart mit Lederriemen an das Holz gefesselt, dass er sich kaum bewegen konnte. Die gespreizten Beine waren auf einem Brett befestigt, das an Scharnieren in eine beliebige Schräglage gebracht werden konnte. Dadurch befand sich der Körper in einer Lage, die Gaidaron von einschlägigen Erlebnissen her geläufig war. Der Kopf des Mannes war von einem schwarzen Tuch verhüllt.
    Gaidaron biss sich auf die Lippe. Das Bild, das sich ihm bot, machte ihn so lüstern, dass er froh war, einen weiten Rock zu tragen. Er musste sich sehr zusammennehmen, um weiterhin kühl seine Fragen zu stellen. »Das ist – das ist sehr befremdlich«, stotterte er. »Könnt Ihr mir das erklären?«
    »Erschreckt Euch das? Oh ja, völlig zu Recht. Dieser Mann ist freiwillig hier, um seine verderbliche Lust zu büßen.«
    Gaidaron räusperte sich. »In dieser – äh – unkeuschen Stellung?«
    »Man wird ihm das Schlimmste antun, was er sich vorstellen kann: Man wird ihn vergewaltigen.«
    Gaidaron verstand nun überhaupt nichts mehr. Kurzzeitig glaubte er, Suthranna habe ihn zu einem Irren geschickt, um ihn zu prüfen und zu bestrafen.
    »Und – wer wird es tun?«
    »Seine Brüder. Natürlich habe ich ihnen den Zutritt verwehrt, solange Ihr Euch hier im Tempel aufhaltet.«
    Gaidaron versuchte, tief durchzuatmen. »Bitte erklärt mir das näher. Offensichtlich muss ich für die Dämonenzeremonie mehr Mittel aufwenden als üblich. Aber vorher lasst uns diesen Raum verlassen, das ist unerträglich.«
    Tiyamanai hatte volles Verständnis dafür und schloss die Tür. Er wusste nicht, dass Gaidaron die Schmerzen in seinen Lenden meinte. »Ich brauche Euch nicht zu erzählen, dass sich jeder unserer Brüder selbst hasst und verabscheut für das, was er ist. Und gäbe es nicht die grünen Gärten Morphors, dann hätten sie gar keine Hoffnung. Wenn nun einer von ihnen die große Schuld nicht mehr erträgt, wenn ihn die schlimme Lust überkommt, dann sucht er den Raum der Buße auf. Dort hält er sich gewöhnlich einen Tag lang auf. Es steht ihm aber auch frei, länger zu bleiben oder den Raum vorzeitig zu verlassen. Die Lederriemen sind so angebracht, dass er sie selbst lösen kann. Wer von den Brüdern nun bereit ist, den Büßer zu bestrafen, geht in den Raum hinein und tut ihm Gewalt an.«
    Gaidaron räusperte sich. »Und wenn es mehrere sind?«
    »So viele der büßende Bruder ertragen will.«
    »Aber geben diese Brüder sich dadurch nicht wiederum der Lust hin und besudeln sich selbst?«
    »So ist es. Jeder, der dort hineingeht, weiß, dass er tut, was Morphor ein Gräuel ist. Er hasst sich selbst dafür und wird anschließend in den Raum der Geißelung gehen. Dort wird er sich für die genossene Lust peitschen. All das geschieht freiwillig. Niemand wird gezwungen. Doch wer die größten Leiden erträgt, den führt Morphor zu den lieblichsten Plätzen in den grünen Gärten.«
    Gaidaron nickte ernsthaft.
Wenn mich Suthranna mit dieser Vorstellung hinters Licht führen will
, dachte er,
dann hat er sich geirrt. Aber wenn es wahr ist, dann bin ich um eine absurde Erfahrung reicher.
    Er wies auf die Statue. »Ist das Morphor?«
    »Ja. Er trägt eine Binde, um die Schandtaten seiner Anhänger nicht sehen zu müssen.«
    »Aber wenn sie so geboren wurden, können sie doch nichts dafür.«
    »Ein Fluch vererbt sich von Generation zu Generation. Irgendwann hat einer der Vorfahren ein Verbrechen auf sich geladen, das nicht gesühnt wurde. Deshalb wird es an den Kindern gesühnt.«
    Gaidaron sah sich um, als wolle er etwas Neues entdecken, aber in Wahrheit ging ihm manches durch den Kopf. Er warf dem gut aussehenden Tiyamanai von der Seite einen Blick zu. Und es kamen ihm eine Menge Ideen, wie er die Dämonenaustreibung amüsant gestalten könnte.
    Er versprach, am nächsten Tag wiederzukommen.
    *
    Er kam in der Dunkelheit und hatte eine große Tasche bei sich. Tiyamanai empfing ihn hochbeglückt. Vielleicht hatte er gezweifelt, ob der Priester nach den Enthüllungen noch einmal wiederkommen würde.
    Gaidaron stellte die Tasche auf den Altartisch und musterte den hübschen Zylonen. »Darf ich Euch fragen, wozu der Schmutz dient, den Ihr Euch ins Gesicht reibt?«
    »Oh.« Tiyamanai wirkte verlegen. »Wir versuchen, unser Aussehen zu verwüsten, um unkeusche Gelüste nicht erst aufkommen zu lassen.«
    »Ich verstehe. Besonders wenn es sich um so hübsche Kerle handelt, wie Ihr es einer seid. Das muss

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