Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
waren glitschiger Lehmboden. Er rutschte mit dem linken Fuß aus, fiel in den Graben und mit der Schläfe so unglücklich auf einen Stein, dass er sofort das Bewusstsein verlor.
Jaryn, der im Teich gebadet hatte und sich im Wind trocknen ließ, meinte, er habe seinen Namen gehört. Er blickte sich um, konnte aber niemanden sehen. Er ging in die Richtung, aus der er glaubte, den Ruf vernommen zu haben.
»Aven, bist du das?«
Niemand antwortete.
Jaryn kannte den Graben. Er setzte schon zum Sprung an, als er leise aufschrie. In dem Graben lag ein Mann mit blutender Kopfwunde, und er kannte ihn. Völlig entsetzt starrte er ihn an. Durch seinen Schädel raste es:
Rastafan! Er ist hier! Er hat mich aufgespürt!
Flucht war sein nächster Gedanke. Völlig aufgelöst stand er da und wusste nicht, was er tun sollte. Dann kam die Überlegung:
Lebt er noch?
Ja, Jaryn sah, dass er atmete. Mit aller Macht drängte es ihn, zu fliehen. Rastafan konnte jederzeit wieder erwachen. Aber er konnte ihn hier nicht so hilflos liegen lassen.
In fliegender Hast zog er seine Tunika aus, tupfte ihm das Blut von der Stirn und wand sie ihm so gut es ging, um den Kopf, immer darauf gefasst, sich bei dem geringsten Blinzeln aus dem Staub zu machen. Das war geschafft. Aber mehr konnte er für ihn nicht tun. Er konnte ihn nicht aus dem Wasser ziehen. Einmal war er zu schwer für ihn, und außerdem konnte er das Risiko nicht eingehen, dass er aufwachte und ihn erkannte. Er musste Hilfe holen.
Als Rastafan die Augen aufschlug, blendete ihn die Sonne, und er fühlte einen pochenden Schmerz in der rechten Schläfe.
Ich bin gestürzt
, erinnerte er sich, und versuchte aufzustehen.
Doch bevor ich gestürzt bin, habe ich Jaryn gesehen.
»Jaryn?«, flüsterte er.
Ein hübscher Junge beugte sich über ihn. »Jaryn? Hier gibt es keinen Jaryn. Ich bin doch Aven und wohne hier mit meinem Meister. Zum Glück habe ich dein Pferd gesehen und dich gefunden.«
Rastafan befühlte seinen Kopf. »Hast du mich verbunden?«
»Ja. Leider hatte ich nichts Passendes dabei, da habe ich mein Hemd genommen. Kannst du aufstehen?«
»Ich will es versuchen, wenn du mir dabei hilfst.«
»Stütz dich auf mich. Ich weiß nicht, ob es gehen wird. Du bist ein ganz schön schwerer Brocken.«
Mit Avens Hilfe schaffte Rastafan es, aus dem Graben herauszukommen. Ihm wurde sofort schwindelig. Er sah Aven an. »Es war jemand am Teich. Er sah aus wie ein Mann, den ich kannte. Und du musst ihn auch kennen, denn er war schon einmal bei euch.«
»Jaryn, der Sonnenpriester? Das ist lange her. Ich habe gehört, er sei tot. Also kann er wohl nicht am Teich gewesen sein.«
»Aber ich habe ihn ganz deutlich gesehen. Ich bin sicher …«
»Wir sind an der Kurdurquelle. Viele haben hier Erscheinungen. Das liegt an dem Sonnenlicht, das durch den Teich zurückgeworfen wird und die Leute blendet.«
Rastafan ergriff einen Zipfel, der von seinem Kopfverband herunterhing. »Aber das Hemd. Es ist sein Geruch. Ich irre mich nicht.«
»Da es mein Hemd ist, muss es wohl mein Geruch sein«, sagte Aven freundlich. »Hier gibt es nur mich und den Meister. Du bist schwer gestürzt, da verwirren sich die Sinne. Kannst du laufen? Tragen kann ich dich leider nicht.«
»Es wird schon gehen.« Rastafan blieb stehen und warf noch einen Blick auf den Teich. »Du hast recht«, sagte er. »Jaryn ist tot. Ja, bringe mich zu deinem Meister. Ich war auf dem Weg zu ihm.«
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