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Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne

Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne

Titel: Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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aber ich bin in der Dämonenkunde bestens unterrichtet und kann mich rühmen, bisher jede Art von Dämon besiegt zu haben.«
    »Gut. Ich muss wissen, wo ich ansetzen kann. In den letzten Wochen sind wieder mehrere Mitglieder zu uns gestoßen. Immer, wenn das geschieht, gibt es Probleme, denn sie müssen sich erst einmal mit diesem Leben hier vertraut machen.«
    »Das verstehe ich nicht. Wer freiwillig zu euch kommt, weiß der nicht, was ihn erwartet?«
    »Nicht unbedingt, eigentlich kaum. Sie kommen ja nicht wegen des Tempels, der Höhlen oder unserer Gemeinschaft, das heißt, nicht nur. Vor allem kommen sie, weil sie wegen ihres angeborenen Makels nicht in ihren Dörfern gelitten werden. Spätestens mit dem sechzehnten Lebensjahr müssen sie ihre Familien verlassen. Wer bleibt, wird erbarmungslos fortgejagt. Dimashk ist der einzige Zufluchtsort in ganz Jawendor. Sie werden zu uns geschickt.«
    »Ich verstehe. Und um was für einen Makel handelt es sich dabei?«
    »Sie werden geboren mit dem unwiderstehlichen Verlangen nach dem eigenen Geschlecht.« Tiyamanai verzog sichtlich angewidert die Lippen.
    »Ach, das ist ein Makel?«, entfuhr es Gaidaron unbedacht. Sobald er es ausgesprochen hatte, ärgerte er sich über seine Unbeherrschtheit.
    Tiyamanai starrte ihn entsetzt an. »Aber was denn sonst? Jedermann weiß, dass diese geschlechtliche Verirrung ein Gräuel bei allen Völkern ist.«
    »Zweifellos«, stimmte Gaidaron ihm eilig zu. »Ich war nur überrascht zu hören, dass Ihr diese abscheuliche Neigung verharmlosend mit Makel bezeichnet habt. Ich würde weiter gehen und sie eine die Menschheit bedrohende Unzucht nennen.«
    Tiyamanai atmete hörbar auf. »Verzeiht, Ihr habt völlig recht. Makel wird der Sache nicht gerecht, aber wir alle sind schon genug gestraft und neigen manchmal dazu, diesen Fluch zu bemänteln.«
    In was für eine abwegige Sache bin ich hier nur hineingeraten?
, fragte sich Gaidaron und überlegte fieberhaft, was er dem Mann erwidern sollte. Nach kurzem Nachdenken sagte er: »Dieser Fluch kann nicht mithilfe einer Dämonenbeschwörung ausgetrieben werden. Es gibt kein Mittel dagegen. Es tut mir leid, euch nicht helfen können.«
    Tiyamanai hob die Hand. »Oh nein, ihr versteht mich falsch. Wir wissen, dass wir bis zum Tode mit diesem Fluch leben müssen. Das war nicht der Grund, weshalb wir einen Priester brauchen.«
    Gaidaron war erleichtert, das zu hören. »Gut. Was kann ich dann für euch tun?«
    »Ich sagte schon, es gibt Schwierigkeiten mit den Neuen. Sie glaubten, dieses Leben nicht mehr zu ertragen, und wollten gemeinsam Selbstmord begehen. Auch andere wollten sie dazu überreden, und als diese ihnen nicht folgten, drohten sie damit, sie umzubringen. Zum Glück konnten wir das verhindern. Inzwischen wollen sich zwölf der Brüder das Leben nehmen. Wir mussten sie fesseln und wegsperren. Es geht darum, ihnen den Dämon der Selbsttötung auszutreiben.«
    »Warum lasst ihr sie nicht gewähren, wenn sie nicht mehr leben wollen?«
    »Weil sie damit eine so große Schuld auf sich laden, dass sie nach dem Tode nicht das ewige Leben in den grünen Gärten Morphors, sondern ewige Qualen im Reiche Razoreths, des Verschlingers, erdulden müssen. Es ist ihnen nicht erlaubt, sich durch Freitod den Bußen zu entziehen, die sie auf Erden erleiden müssen.«
    Zarad, gib mir Geduld
, betete Gaidaron lautlos. »Ich verstehe«, sagte er. »Dafür ist eine große Zeremonie nötig, und ich muss einen Dämon erscheinen lassen. Ich brauche aber noch mehr Auskünfte über euch, damit ich mich auf diesen Fall gut vorbereiten kann.«
    »Selbstverständlich. Glaubt Ihr denn, unsere Brüder von dem Dämon befreien zu können?«
    »Ich bin recht zuversichtlich«, erwiderte Gaidaron, obwohl er wusste, dass gewisse Narreteien unheilbar waren.
    Tiyamanai wies auf eine der Türen. »Dahinter liegt unser Bußraum, gleich daneben befindet sich der Raum der Geißelung. Die dritte Tür führt zu den Zellen, in denen sich unsere verwirrten Brüder befinden.«
    »Ich muss diese Räume sehen.«
    Tiyamanai zögerte. »Es befindet sich in diesem Moment ein Büßender darin. Ich möchte Euch den ekelhaften Anblick nicht zumuten, aber selbstverständlich dürft Ihr einen Blick hineinwerfen.«
    Gaidaron war darauf gefasst, einen durch Folter schlimm zugerichteten Menschen anzutreffen. Ein Anblick, der ihn unberührt lassen würde. Aber was er dann zu sehen bekam, überraschte ihn doch: Auf einer hölzernen Vorrichtung kniete ein

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