Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
gehen wir?« Rastafan schämte sich furchtbar, dass er ohne die Hilfe dieses Mannes weder stehen noch laufen konnte.
»Du musst ein Bad nehmen, das wird dich erquicken.«
Rastafan kniff argwöhnisch die Augen zusammen. Was mochte das für ein Bad sein, von dem dieser Zylone sprach? Er selbst schien es nie zu benutzen. Aber Rastafan war zu schwach, um Gegenwehr zu leisten. Gemeinsam mit ihm humpelte er aus dem Raum. Er erblickte eine leere Tempelhalle, eine Statue und einen Altar. Auf ihm lagen seine Kleider. Auch der Dolch fehlte nicht. Tiyamanai nahm die Sachen an sich, und sie betraten durch eine Tür einen Gang, der in das Innere des Felsens führte. Die Höhlen der Zylonen dachte Rastafan und war sogar ein wenig neugierig.
Mehr stolpernd als gehend kamen sie vorwärts. Rastafan brannten unzählige Fragen auf den Lippen, aber er schwieg. Sein trockener Mund schrie nach Wasser, sein geschundener Körper ebenfalls. Wenn er sich besser fühlte, war immer noch Zeit, mehr darüber zu erfahren, in was für einen Albtraum er hier hineingeraten war.
Der Gang erweiterte sich zu einem runden Raum, in dessen Mitte sich ein gefülltes Wasserbecken befand. Auf einem Tisch am Beckenrand standen eine große Karaffe und ein Becher, und auf einem Hocker lagen trockene Tücher. Offensichtlich hatte man hier schon alles für ihn vorbereitet. Durch das Gehen fühlte Rastafan sich schon besser. Ohne die Erlaubnis des Zylonen abzuwarten, stürzte er sich auf die Karaffe und setzte sie an seine Lippen. Den Becher verschmähte er. Er trank in langen, gierigen Schlucken. Die Wohltat war unbeschreiblich. Als er die Karaffe absetzte, war sie leer.
Er grinste Tiyamanai an, der ihn wohlwollend mit über dem Leib gefalteten Händen beobachtete. »Du bist ein sehr starker Mann und brauchst viel Wasser.«
»Ich brauche viel Bier, aber das habt ihr wohl nicht zu bieten?«
»Woher sollten arme Zylonen wie wir Bier haben? Traust du dir zu, ohne meine Hilfe in das Becken zu steigen?«
»Wird schon gehen«, sagte Rastafan und wankte noch etwas benommen die in den Felsen gehauenen Stufen hinunter. Das Wasser reichte ihm bis zur Hüfte. Zu seiner Überraschung war es warm. »Wie ist das möglich?«, fragte er, während er sofort mit dem ganzen Körper eintauchte. Es war ein herrliches Gefühl.
Tiyamanai wies auf eine unbestimmte Stelle in der Wand. »Warme Quellen«, sagte er.
Das machte Rastafan hellhörig. Warme Quellen bedeuteten Luxus. Wussten die Marganer davon? Rastafan tauchte seinen Kopf unter, kam wieder hoch und schüttelte die nassen Haare. »Langsam werde ich wieder zum Menschen«, brummte er.
»Dann glaubst du, dass du von deinen verhängnisvollen Neigungen geheilt bist?«
Rastafan hatte sofort bemerkt, dass der Zylone nicht wusste, wen er vor sich hatte. Aber hier galt es offensichtlich, noch ganz andere Irrtümer aufzuklären. »Ich glaube vor allem, dass du mir eine Erklärung schuldig bist. Immerhin bin ich vor eurem Tempel niedergeschlagen worden und fand mich anschließend gefesselt auf diesem Foltertisch wieder.«
»Niedergeschlagen?« Tiyamanai war echt bestürzt. »Aber das musst du geträumt haben. Dein Freund hat dir ein Schlafmittel eingegeben, damit du nicht vorzeitig erwachst, falls dich dein Entschluss zur Buße reut.«
Wovon, bei allen Göttern, redete dieser Mann? Er machte den Eindruck eines Toren und doch wieder nicht. Seine Augen waren ausdrucksvoll und lebendig. Eins meinte Rastafan sicher zu wissen: Dieser Mann war sich keiner Schuld bewusst. Hinter allem steckte Gaidarons perfider Plan. Wahrscheinlich hatte er die unbedarften Zylonen für seine Zwecke benutzt.
»Tiyamanai? So war doch dein Name? Bitte erzähl mir von Anfang an, worum es hier geht. Mir ist schwindlig, und ich kann mich an nichts mehr erinnern.«
»Ja, die Erniedrigung ertragen zu müssen, das führt manchmal zu Gedächtnisverlust. Aber vielleicht ist es auch ein Segen. Denn du wirst dich nicht gern an dein früheres Leben erinnern.«
»An mein früheres …? Nein, du hast recht, nur sehr unvollkommen. Und weiter?«
»Es begann damit, dass dein Freund mit einer Bitte zu uns kam: Wir sollten dich von deinem Dämon befreien.«
»Von welchem Dämon?«
»Dem der körperlichen Begierde nach dem gleichen Geschlecht.«
»Ach! Das kommt von einem Dämon?«
»Freilich. Das wissen doch alle. Und dein Freund, der Mondpriester, ist ein mächtiger Dämonenbeschwörer. Er hat uns bei einem großen Problem geholfen, und deshalb halfen wir
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