Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
steigen.«
»Das könntest du, wenn ich dich ließe. Ich finde, ich steige auf deine Schultern.«
Radomas streckte die Hand aus. »Schon gut, dann losen wir wieder.«
Diesmal traf es Lacunar. Er stellte sich mit dem Rücken an den offenen Krug und ließ Radomas über seine verschränkten Hände aufsteigen. »Du bist schwerer als ein Kamel«, stöhnte Lacunar, aber Radomas antwortete nicht. Seine Hände fest um den Rand des Kruges gekrallt, starrte er atemlos auf funkelnde Gegenstände, kostbaren Schmuck und gemünztes Gold. Der Schatz war kein Traum! Er war da! Und er konnte ihn mit Händen greifen. Radomas wäre am liebsten in den Krug hineingekrochen. Er nahm eine mit Edelsteinen besetzte Kette heraus und küsste sie inbrünstig.
»Was ist los da oben? Hat es dir die Sprache verschlagen?«, rief Lacunar.
Radomas zeigte ihm die Kette und ließ sie in seiner linken Hand baumeln. »Oh ja, mir fehlen die Worte«, keuchte er. »Siehst du das hier? Und davon ist der Krug voll bis obenhin. Dein Sohn hat die Wahrheit gesagt.«
»Was hast du Sandwurm denn gedacht? Dass er lügt?«, krächzte Lacunar, aber er begann vor Aufregung zu zittern, und es wurde ihm ganz schwindlig. »Komm sofort herunter, jetzt bin ich an der Reihe.«
»Gleich«, flüsterte Radomas und wühlte weiter in den kostbaren Sachen herum. Er konnte sich nicht von diesem Anblick trennen, aber Lacunar packte seine Stiefel und zerrte an ihnen. »Runter von mir, du habgierige Wüstennatter.«
Radomas seufzte und sprang herunter, in den Händen so viel, wie er fassen konnte. »Das haben wir schon einmal«, sagte er, legte die Sachen auf den Boden und ließ nun seinerseits Lacunar an dem Anblick teilhaben. Während dieser auf seinen Schultern stand und verzückt auf den Schatz starrte, überlegte Radomas, wie er nun, da die Sache mit dem Schatz sich als wahr herausgestellt hatte, Lacunar am besten beseitigte. Solange sie sich gegenseitig belauerten, war ein offener Angriff gefährlich. Er musste ihn in einem passenden Moment von hinten angreifen und ihm am besten gleich das Genick brechen. Aber Lacunar war ständig auf der Hut. Es würde schwierig sein, ihn zu überraschen.
Ähnliches ging Lacunar durch den Sinn, während er sich ebenfalls die Taschen mit Münzen, Ringen und Schmuckstücken vollstopfte: Ich muss ihn überwältigen, wenn er nicht darauf gefasst ist. Vielleicht kann ich ihn irgendwie ablenken. Später, wenn wir die Gänge erkunden.
Als er wieder auf dem Boden stand, lächelte er Radomas zu, und dieser lächelte zurück. Zwei Kobras hätten nicht tückischer sein können. »Woher mag dieser Schatz stammen, und wer hat ihn hierher gebracht?«, fragte Lacunar.
Radomas zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich ist alles in mehreren Kriegen zusammengeraubt worden, und als der Sand drohte, Zarador endgültig zu verschlucken, haben die Priester ihn hier in Sicherheit gebracht.«
»Ja, so könnte es gewesen sein«, stimmte Lacunar zu. »Sehen wir nach, wohin die Gänge führen. Ich nehme an, dort irgendwo muss die Grabkammer sein, von der Caelian gesprochen hat.«
»Die alten Königsgräber? Da wird bestimmt noch mehr sein.« Radomas stiefelte bereits voraus, aber nicht ohne Lacunar im Auge zu behalten. Zufällig nahmen sie die richtige Abzweigung und gerieten nicht in den vom Sand verstopften Gang, in dem Jaryn und Caelian hatten umkehren müssen.
Die Grabkammer war nicht sehr groß und besaß keine Tür. Sie gingen an den geflügelten Wächtern zu beiden Seiten vorbei und sahen sich um. Außer den Sarkophagen bot die Grabkammer keine Besonderheiten. An den Wänden bemerkten sie zwei offene Fächer, die aber leer waren.
»Hier gibt es wohl für uns nichts zu holen«, bemerkte Radomas enttäuscht und wanderte im Raum herum. »Selbst die Sarkophage sind nicht außergewöhnlich. Ich möchte in einem Schöneren begraben liegen.«
Das Begraben kannst du bald haben, dachte Lacunar. »Was das Gitter zwischen ihnen wohl zu bedeuten hat?«
»Das ist sicher nur zur Zierde. Was meinst du, öffnen wir die Deckel? Diese Mumien wurden häufig mit kostbarem Schmuck begraben.«
»Ich weiß nicht«, sagte Lacunar. »Sie sehen sehr schwer aus, und in den Krügen ist mehr als genug für uns beide. Ich finde nicht, dass wir die Toten berauben sollten.«
»Jaja, da hast du wahrscheinlich recht«, erwiderte Radomas, während er bei sich dachte: Du glaubst wohl daran, dass die Toten sich erheben, wenn du ihnen die Ketten von den Knochen ziehst. »Dann lass uns
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