Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
weitergehen, solche Grabkammern machen mich trübsinnig. Vielleicht finden wir noch etwas Besseres.«
Ja, dachte Lacunar. Eine Gelegenheit, dir den Hals zu brechen. Vor einem der geflügelten Wächter blieb er stehen. »Die gefallen mir. Die würde ich gern an meine Drachentore in Araboor stellen.« Er tätschelte ihm die steinerne Wange. »Meine Schwarzen Reiter …«
Er brach mitten im Satz ab, denn plötzlich hörte er hinter sich ein schleifendes Geräusch. Verdammt! Einen Augenblick hatte er nicht auf Radomas achtgegeben. Doch der stand nicht hinter ihm, sondern war dabei, unter Ächzen den Deckel des rechten Sarkophages zu öffnen. Dabei achtete er ebenso wenig auf seinen Gegner, denn die Neugier hatte ihm keine Ruhe gelassen. Eine Handbreit hatte er den Deckel schon zur Seite geschoben.
Lacunar erkannte die Gelegenheit. »Kennt deine Gier denn keine Grenzen, Radomas? Musst du wirklich die Totenruhe stören?« Während er das sagte, schlenderte er wie unabsichtlich näher, um Radomas im geeigneten Moment mit einem gekonnten Griff das Genick zu brechen. Doch als er fast schon bei ihm war, hörten sie beide ein Geräusch, und Radomas ließ erschrocken den Deckel los. »Was war das?«, knurrte er.
Der passende Augenblick war vorüber. Lacunar war ebenfalls zusammengezuckt. »Ich weiß nicht. Woher kam es denn? Konntest du das feststellen?«
»Es kam aus der Nähe der Tür, es ist …« Der Rest seiner Worte endete in einem gurgelnden Aufschrei. Dort, wo sie hereingekommen waren, rasselte mit ohrenbetäubendem Krachen eine Wand herunter und setzte mit einem dumpfem Laut auf dem Boden auf. Sie verschloss den Eingang zur Grabkammer. Sie waren gefangen.
Gehetzt starrten sie sich an. Das Licht der Fackeln beleuchtete ihre geisterhaft bleichen Gesichter. »Wie konnte das passieren?«, stammelte Radomas. »Was haben wir getan?«
»Wir?«, schrie Lacunar. »Du musst das gewesen sein mit deiner lästerlichen Grabschändung.«
»Aber wie …?« Radomas warf hilflose Blicke um sich. »Hier gibt es doch keine Geister.«
»Du hast mit dem Deckel etwas ausgelöst. Ich könnte beschwören, dass das zusammenhängt.«
Radomas Augen rollten wild umher. »Das heimtückische Priestergesindel hat überall Fallen eingebaut!«
Lacunar wunderte sich, dass Radomas noch nicht versucht hatte, die Wand mit seinen Fäusten zu bearbeiten. »Vielleicht finden wir etwas, das den Vorgang rückgängig macht. Schieb den Deckel wieder über den Sarkophag, schnell!«
Radomas rückte ihn wieder zurecht, aber nichts geschah.
»Die Tür muss sich irgendwie wieder öffnen lassen«, sagte Lacunar. »Wir müssen die ganze Kammer danach absuchen. Nach Druckpunkten wie bei der Tafel, erinnerst du dich?«
»Ja, ja, du hast recht!«, stieß Radomas hastig hervor. Jeder Gedanke an Gold oder daran, den anderen zu beseitigen, war verflogen. Sie waren nur noch zwei armselige Geschöpfe, die aufeinander angewiesen waren. »Druckpunkte. Fangen wir an!«
Mit fliegenden Fingern tasteten sie jeden Gegenstand im Raum von oben bis unten ab, aber nichts rührte sich. Sie berührten such die Sarkophage, glitten mit den Händen unter die Kante der Deckel, strichen mit den Fingerkuppen über die Symbole Achays und Zarads und fühlten den Schriftzügen Phemortos und Lacunar nach. Aber die Wand bewegte sich nicht.
Sie wurden immer hektischer, als Lacunar sich erschöpft auf dem Sargdeckel seines Urahns abstützte. Unter seiner Hand senkte sich eine kleine Steinplatte. Erschrocken fuhr er zurück. Dann schöpfte er Hoffnung. Er ließ sie los und drückte sie wieder hinein. Nichts.
»Radomas, ich habe hier etwas gefunden. Sieh nach, ob es auf dem anderen Deckel eine ebensolche Steinplatte gibt, die sich eindrücken lässt.«
Radomas Finger glitten über den Stein. Zu sehen war nichts, aber plötzlich gab eine viereckige Platte nach. »Ja!«, rief er, »Sie bewegt sich.«
Hektisch drückten sie beide mehrere Male darauf, und gleich darauf hörten sie ein unheimliches Knirschen. In der Grabkammer zischte und rumpelte es jetzt an allen Ecken und Enden, so als versteckten sich hier lebende Wesen, die ihren Schabernack mit ihnen treiben wollten.
»Es funktioniert!«, jubelte Radomas, zog sich aber rasch zurück, denn nun fingen die Sarkophage an, sich zu bewegen, und das Gitter zwischen ihnen versank in einer Bodenspalte. »Das war es! Wir haben es geschafft!«
Lacunar sah sich um. »Nein«, murmelte er. »Die Wand ist noch da.«
»Aber das muss es sein. Sieh
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