Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
ein Zelt befunden zu haben. Sie fanden noch Pflöcke und ein zerrissenes Seil. Außerdem einen zerbrochenen Becher und einen Würfel. Lauter Hinweise, dass sich hier einige Männer aufgehalten hatten. Auch Lacunar? Sie machten sich daran, ihr eigenes Zelt aufzuschlagen, denn auf dem Rückweg wollten sie hier eine Nacht verbringen.
Thorgan hatte sie genau beobachtet, und sein Herz hüpfte vor Freude. So schnell hatte er nicht mit ihnen gerechnet. Warum sie allerdings eine alte Frau mit sich schleppten, war ihm ein Rätsel. Oder kannte sie irgendwelche Geheimnisse, die in der Pyramide verborgen waren? Hatten die beiden Zaubersprüche gefunden, die nur diese Hexe zu deuten wusste?
Er holte sein Pferd, das er hinter Büschen verborgen hatte, und folgte ihnen in einem sicheren Abstand, sodass sie ihn nicht bemerkten, wenn sie sich umdrehten. Er ging kein Risiko ein, wenn er sie aus den Augen verlor, denn man konnte den Weg weder rechts noch links verlassen.
Je näher er der Stelle mit der Spitze kam, desto aufgeregter wurde er. Er war gespannt auf den Eingang, begierig, die Krüge zu sehen, und nebenbei hätte er auch gern mehr über das Schicksal von Radomas erfahren, aber das hatte Zeit. Natürlich wäre es ihm lieb, wenn er nie mehr gefunden wurde. Denn niemand von seinen Leuten hatte jemals die Spitze gesehen und konnte auf den Gedanken kommen, Thorgan sei geblieben, weil er den Schatz gefunden hatte. Thorgan hatte auch darüber nachgedacht, wie er den Schatz bergen würde. Die Krüge konnte er nicht herausschaffen, aber er konnte die goldenen Gegenstände in Taschen packen. Nach und nach würde er dann immer reicher werden. Vielleicht ließe er sogar einen Teil der Schätze unten. Wer konnte so viel gebrauchen? Und dann würde er das Land verlassen und leben wie ein König.
Während er in seinen Träumen weilte, hatten Jaryn und Caelian die Spitze entdeckt. Sie wären wohl vorbeigeritten, wenn sie nicht sorgfältig nach ihr gesucht hätten, denn sie war bei dem Licht kaum zu sehen. Sie stiegen von ihren Tieren. »Da sind wir«, sagte Caelian.
Kalisha sah sich um. »Ich sehe nichts.«
»Da oben.« Caelian wies hinauf. »Da schaut etwas heraus.«
Kalisha kniff die Augen zusammen. Der Himmel war hell und blendete sie. Doch nach einer Weile jauchzte sie auf. »Ich sehe sie, ich sehe sie! Die Pyramide, sie ist hier.«
Jaryn nahm den Pferden die Satteltaschen ab, in denen sich alles befand, was sie vielleicht in der Pyramide benötigten. »Kalisha, ich würde vorschlagen, wir gehen erst einmal allein hinauf, und du bleibst bei den Pferden. Wir müssen uns vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Danach geben wir dir ein Zeichen, und du kommst nach.«
»Hinauf? Was wollt ihr da oben?«
Jaryn legte ihr seine Hand auf die Schulter. »Da oben ist der Eingang.«
»Ach! An der Spitze? Wer hätte das gedacht! Klug von den Priestern, sehr klug. Ohne den Sand hätte niemand die Totenruhe der Könige stören können.«
»Wir haben ihre Sarkophage nicht angerührt«, sagte Jaryn schuldbewusst.
»Oh, ich meine nicht euch. Ihr habt alles richtig gemacht, und das verwundert mich nicht, denn ihr wart von Anfang an auserwählt. Wie hättet ihr sonst diesen verborgenen Eingang finden können?«
»Der Aufstieg ist sehr anstrengend. Wirst du es schaffen?«
»Und wenn es mein letzter Atemzug wäre«, bekräftigte Kalisha. Dann hüllte sie sich in ihren weiten Wüstenmantel und hockte sich bei den Pferden in den Sand. Jaryn und Caelian machten sich auf den Weg.
Thorgan erblickte sie, als er um eine Biegung ritt. Da standen ihre Pferde! Sie hatten haltgemacht. Unwillkürlich ging sein Blick nach oben. Nach einigem Blinzeln entdeckte er die Spitze. Um diese Tageszeit, es war Nachmittag, wirkte sie grau und hob sich nur undeutlich vom Sand ab.
Thorgan stieg vom Pferd, dem er vorher das Maul mit einem Schal verbunden hatte. Wenn es die anderen Pferde sah, könnte es wiehern. Mit einem großen Stein, den er fürsorglich mitgenommen hatte, beschwerte er das Seilende. Dann schlich er näher. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. An welcher Stelle würden die beiden verschwinden? Als er beobachtete, dass die beiden, ihre Satteltaschen auf dem Rücken, die Düne hinaufkletterten, war er mehr als verblüfft. Radomas hatte doch gesagt, dort gebe es keinen Eingang.
Und wenn er gelogen hatte? Am liebsten hätte sich Thorgan bei dieser jähen Erkenntnis auf die Schenkel geklatscht. Ja, genauso musste es gewesen sein! Er hatte den
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