Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
setzte sich zu ihnen an den Tisch und hielt sich die Finger an die Schläfen. »Der Fürst war hier?«
»Er wollte nach Zarador. Er hatte von der Pyramide gehört.«
Kalishas Blicke waren nach innen gerichtet. »Wollte er sie ausrauben?«
Caelian lief rot an. »Ausrauben? Das ist wohl nicht der richtige Ausdruck. Als Fürst gehört ihm, was in der Pyramide ist. Er ist der rechtmäßige Nachfolger der Könige, die dort begraben liegen.«
Jaryn rollte seine Augen zur Decke und schwieg.
»Möglich, möglich«, murmelte Kalisha. »Vielleicht ist er der König, dem es bestimmt ist, den Schatz zu heben, aber ich kann nichts erkennen. Die roten Nebel …«
»Gibt es denn wirklich einen Schatz dort?«, fragte Jaryn scheinheilig.
»So geht die Überlieferung, aber niemand hat ihn bisher gesehen. Doch etwas ist anders geworden – es ist, als habe sich eine Lücke aufgetan. Durch sie schimmert ein Licht. Ich spüre es. Eine Epoche geht zu Ende, eine neue beginnt. Es ist ganz nah.«
»Wir fürchten, meinem Vater könnte etwas zugestoßen sein«, bemerkte Caelian gereizt.
»Das weiß ich nicht. Die Stimmen sprechen nicht mehr zu mir wie früher, aber es gab noch ein anderes Zeichen. Mächtiger als alle anderen, zorniger, gefährlicher. Es begann vor fünf Tagen. Der Mahandael begann zu sprechen. Niemand lebt, der ihn je gehört hat. Doch vor fünf Tagen hat er gesprochen. Und seitdem spricht er jeden Tag. Da wusste ich, dass der letzte Kampf gegen die Dämonen der Unterwelt angebrochen war.«
»Wer ist Mahandael?«, fragte Jaryn.
»Ein Feuerberg im nördlichen Ferothis. Wenn er spricht, bebt die Erde bis Jawendor, er spuckt Rauch und Flammen, und sein Donnern hört man in ganz Achlad.«
»Und in ihm hausen Dämonen?«
»Sie sind nicht böse. Sie kündigen Veränderungen an. Sie warnen die Menschen.«
»Aber wovor?«
»Vor dem Unrecht natürlich. Dein Name ist Caelian?«
»Ja.«
»Caelian von Zarnaont. Es ist kein Zufall, dass du hier bist, obwohl du es selbst nicht weißt.«
»Wir sind aufgebrochen, um meinen Vater zu suchen. Wir wissen einfach nicht, was uns jenseits des Gebirges erwartet.«
»Habt ihr Furcht? Dann werde ich euch begleiten.«
Jaryn lachte. »Das ist sehr freundlich, Kalisha, aber noch ist es nicht so weit, dass wir uns von einer alten Frau beschützen lassen müssen.«
»Ich komme trotzdem mit. Ihr geht zur Pyramide, nicht wahr?«
Sie nickten.
»Ich will sie sehen. Nur einmal im Leben will ich sie sehen. Verzagt nicht. Ich sehe keine Gefahren. Die Götter sind auf unserer Seite. Alles wird gut.«
~·~
Als Radomas und Lacunar nicht wieder aufgetaucht waren, hatte Thorgan alle nach Hause geschickt. Selbst die beiden gefangenen Schwarzen Reiter ließ er frei. Und er hielt eine Rede an die Leute: »Wir brauchen hier nicht mehr zu graben, hat Radomas gesagt. Er sprach von einer Pyramide, in der die wahren Schätze zu finden seien. Aber er hat mir nicht gesagt, wo sie sich befindet. Womöglich wusste der Lacunar mehr, und sie haben sich auf den Weg dorthin gemacht. Ich hoffe nicht, dass ihnen etwas zugestoßen ist, aber wir können das nicht ausschließen. Jedenfalls wissen wir nicht, ob und wann sie wieder zurückkommen. Deshalb schlage ich vor, ihr reitet heim. Ich werde mit den beiden Pferden hier ausharren, damit sie nicht ohne Reittiere sind, falls sie hier auftauchen.«
Diese Worte hatte den Beifall aller gefunden, denn niemand wollte länger als nötig in dieser staubigen Einöde bleiben. Nachdem sie abgezogen waren, hatte Thorgan die Arbeiter fortgejagt, denn falls sein Plan erfolgreich war, wollte er keine Zeugen, vorübergehend war Thorgan der Herrscher von Zarador.
Es war schon ein eigenartiges Gefühl, wenn er so ganz allein durch die Ruinen wandelte. Plötzlich war alles so still. Und die Stille flüsterte. Er hörte den Sand rieseln, einen Gecko huschen oder wie der Wind in den Zelten rappelte. »Zum Glück bin ich nicht abergläubisch«, murmelte er vor sich hin. »Sonst könnte ich denken, die Geister von Zarador sind erwacht. Aber das sind nur alte Lehmziegel und verwitterte Tuchfetzen.« Dennoch war ihm nicht ganz wohl in dem Ruinenfeld, aber er hatte auch nicht vor, hierzubleiben.
Er dachte gründlich nach: Radomas und Lacunar haben nur ein Ziel vor Augen: die fünf Krüge in der Pyramide. Entweder haben sie den Eingang mithilfe Lacunars gefunden, dann an einer Stelle, die ich nicht kenne. Sie können die Krüge jedoch kaum allein fortschleppen, außerdem waren sie zu
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