Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
wird nicht so unklug sein, den Frieden zwischen unseren Ländern wegen einer Bagatelle aufs Spiel zu setzen.«
Shahain und Yasmun wechselten einen kurzen Blick, der alles Mögliche besagen konnte, vor allem aber Zweifel ausdrückte.
»Gut. Wo fange ich an? Vielleicht bei euch? Ich bemerkte gleich, dass ihr acht wohlgebaute und hübsche Burschen seid. Für Sänftenträger eigentlich viel zu schade. Bei uns in Margan sind das in der Regel kräftige, aber grobschlächtige Männer.«
»Unser Herr umgibt sich gern mit schönen Dingen und schönen Menschen«, erwiderte Shahain ausweichend.
»Das kann ich mir denken. Und besonders im Bett, was?« Er zwinkerte ihnen zu, aber die beiden wiesen diese Unterstellung heftig zurück. »Oh nein, nein, glaubt das bloß nicht. Das wäre ein furchtbares Verbrechen. Bitte, Ihr dürft diesen Verdacht nicht noch einmal laut aussprechen.«
In ein Hornissennest gestochen, dachte Gaidaron, und ihm fielen Salingors Worte über heimliche Orgien ein. »Schon gut, ich erwähne es nicht mehr. Ich wusste nicht, dass das bei euch ein Verbrechen ist. Bei uns in Margan hätte das nahegelegen. Ich wollte euch nicht in Schwierigkeiten bringen.« Gleichzeitig hatte er ihre vor Verlegenheit geröteten Gesichter bemerkt und gewusst, dass sie ihn angelogen hatten.
Shahain und Yasmun duckten sich noch ein wenig tiefer, als schwebe das Henkerbeil bereits über ihnen. »Hier ist es verboten, dass Männer mit Männern schlafen«, flüsterte Shahain. »Es ist das Gesetz der Tadramanen, die gegen jegliche Unzucht streng vorgehen. Nicht nur bei Männern. Auch Frauen dürfen sich nicht öffentlich mit anderen Männern zeigen, mit ihnen tändeln oder scherzen. Auf Ehebruch steht der Tod. Wer sich gegen diese Sittengesetze vergeht, wird mit den Füßen an die Stangen gehängt, bis er stirbt.«
Aha. Nun hatte Gaidaron nebenbei auch etwas über diesen Ort erfahren. Dort hingen keine Verbrecher, sondern bedauernswerte Geschöpfe, die ihre Triebe nicht ausleben durften. Sein amüsantes Vorhaben für diese Nacht war damit gestrichen. Er seufzte. »Ihr mögt ja recht haben«, sagte er, nachdem er ihnen die Becher noch einmal gefüllt hatte. »Aber vor einiger Zeit hat euer König Nemarthos in Jawendor über hundert Knaben angefordert. Der Kauf ist zwar nicht zustande gekommen, aber es war damals kein Geheimnis, zu welchem Zweck sie benutzt werden sollten. Könnt ihr mir das erklären?«
Shahain lächelte erleichtert, wie es schien. »Für den König? Nun, das ist etwas anderes. Nemarthos wird als Gott verehrt und bekommt, was immer er benötigt. Für ihn gelten keine menschlichen Gesetze.«
Gaidaron räusperte sich, weil ihm eine gallige Antwort auf der Zunge lag. »Er wollte also alle hundert für sich allein?«
Shahains Lider flatterten. Das Thema war ihm unbehaglich. »Hier werden König Nemarthos’ Wünsche nicht hinterfragt. Sagt er tausend, so wird man tausend heranschaffen. Aber soweit ich weiß, sind damals von einem Sklavenmarkt in Samandrien achtzig Knaben gekauft worden, weil ein Dieb, der bis heute nicht gefasst wurde, das Gold für die Knaben aus Jawendor geraubt hat.«
Und den man niemals fassen wird. Gaidaron lächelte abgründig. »Glaubt eigentlich jeder in Xaytan daran, dass König Nemarthos ein Gott sei?«
Shahain schlug entsetzt die Hand vor den Mund, und Yasmun blickte sich hektisch nach allen Seiten um. »Wer es anzweifelt, der wird an die Stangen gehängt.«
Weshalb bin ich nicht überrascht?, dachte Gaidaron. Diese Stangen sind offenbar für alles Mögliche gut. Etwas fantasielos ist das Ganze allerdings. Vielleicht kann ich Nemarthos für die Marganer Gerichtsbarkeit begeistern. Wenn ich ihn nur zu sehen bekäme!
»Wärt Ihr kein Fremder«, fuhr Shahain fort, »dann würde es Euch bei uns übel ergehen, denn wir kennen keine Tempel und außer den Tadramanen keine Priester. Ein Priester wie Ihr ist der fleischgewordene Beweis, dass man andere Götter verehrt. Somit war es unklug von Eurem König, dass er ausgerechnet einen Priester zu Verhandlungen mit Khazrak geschickt hat. Euer Gespräch mit Shalaman verlief nicht zu seiner Zufriedenheit.«
»Woher weißt du davon?«, zischte Gaidaron.
Shahain zuckte die Achseln. »Wir wissen fast alles. Und weil man das auch ganz oben weiß, dürfen wir mit Fremden nicht reden.«
»Der Totenvogel soll diesen Fisch holen!«, schäumte Gaidaron. »Es verlief nicht zu meiner Zufriedenheit, was viel ärgerlicher ist.«
»Bitte dämpft Eure
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