Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)
der Stärke und Ausdauer dieser fabelhaften Kerle geschuldet war.
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Im Gästehaus begab er sich gleich in den großen Baderaum, der mit mehreren Becken jedem Gast zur Verfügung stand. Diener und Bademägde waren den Badenden behilflich, auch bei der anschließenden Körperpflege. Aber so vorbildlich das auch eingerichtet war, so wunderte sich Gaidaron doch, wie unansehnlich die Bediensteten beiderlei Geschlechts waren. Wollte man damit die fremden Gäste absichtlich herabsetzen?
Ihm wurden eine weiche Decke und Handtücher ausgehändigt. Er lehnte alle anderen Handreichungen ab und begab sich in ein Warmwasserbecken, in dem sich nur zwei ältere Männer aufhielten, die sich, wie er flüchtig erlauschen konnte, über die Vorzüge junger Mädchen und reiferer Frauen unterhielten. Nichts auf der Welt fand er langweiliger. Er stieg rasch um in das Kaltwasserbecken und beendete das Bad nach kurzer Zeit.
Für den Besuch im Grauen Schwan wählte er schlichtere Kleidung und keine Kopfbedeckung. Nur ein dünner Reif hielt sein schulterlanges Haar zurück. Er hatte einen Diener nach dem Weg gefragt und beschlossen, zu Fuß zu gehen. Der Diener hatte behauptet, die Straßen seien sicher, aber Gaidaron steckte doch einen Dolch zu sich, mit dem er notfalls sehr gut umgehen konnte.
Im Grauen Schwan musste er sich erst einmal umschauen, aber dann entdeckte er Shahain, der ihm zuwinkte. Dieser saß mit einem seiner Kameraden am Tisch, die anderen hatten sich an anderen Tischen niedergelassen. Gaidaron war das recht, denn Shahain war nicht nur der Hübscheste von den acht, sondern schien ihm auch der Klügste zu sein, zumindest aber der Beherzteste, denn die anderen waren ihm gegenüber stumm geblieben.
Gaidaron setzte sich zu den beiden und bestellte gleich für alle einen guten Wein, dazu Nüsse und salzige kleine Fische, die man in Margan nicht kannte. Der andere Tischnachbar stellte sich als Yasmun vor. Beide hatten lange, schwarze Locken und zarte Züge. Shahain war schmaler, Yasmun etwas voller im Gesicht. Gaidaron konnte sich vorstellen, mit beiden gut zurechtzukommen.
Er erzählte, dass er aus Jawendor käme und dort ein mächtiger Priester sei. Nun habe König Rastafan beschlossen, mit Xaytan engere Beziehungen zu knüpfen, deshalb sei er hier. Die Stadt und der Palast gefielen ihm sehr gut, jedoch sei er, wie es wohl jedem Reisenden in fremden Ländern erginge, über manches, das er gesehen und gehört hatte, verblüfft gewesen.
»Das wundert uns nicht.« Shahain neigte seinen Kopf beim Sprechen etwas nach vorn und dämpfte seine Stimme. »Fremden gegenüber ist man in Xaytan sehr misstrauisch.«
»Warum sprichst du so leise? Ich dachte, hier seien wir ungestört.«
»Die meisten hier sind unsere Freunde, aber der Hof schickt Spitzel in die Tavernen, deshalb müssen wir auch hier vorsichtig sein.«
»Verstehe. Und Fremde sind hier nicht wohlgelitten?«
»Einige Fremde bringen Xaytan Wohlstand, das sind die Händler. Sie werden geduldet. Vornehme Männer wie Ihr werden empfangen und höflich behandelt. Mehr nicht. Denn die Xaytaner halten sich selbst für das vortrefflichste Volk auf der Welt, während sie alle Fremden für minderwertiger halten.«
»Hm, das nenne ich Größenwahn. Und ihr?«
»Wir sind keine Xaytaner, sondern stammen aus verschiedenen Ländern und wurden an den Hof als Sklaven verkauft. Wir gehören Yaguashar, dem mächtigen Tadramanen, deshalb stehen wir im Rang über allen anderen Sklaven.«
Ein Tadramane! Was für eine Fügung. »Und wofür fürchtet ihr euch?«, fragte Gaidaron unumwunden.
»Wir – wir haben keinen Grund, uns zu fürchten«, stotterte Shahain und Yasmun nickte dazu.
»Aber wieso vor den Spitzeln?«
»Am Hof weiß man gern, was im Volk geredet wird, welche Meinung man zu einzelnen Ministern oder Verfügungen hat. Und wir als Sklaven sollen mit Fremden überhaupt nicht sprechen. Unser Herr Yaguashar ist sehr streng.«
»Und doch sprecht ihr mit mir?«
»Solange es nichts Verfängliches ist, wird uns schon nichts passieren. Jetzt ist die Taverne voll besetzt, da kann an den anderen Tischen ohnehin niemand ein Wort verstehen. Wenn wir zur Rede gestellt werden, sagen wir, dass wir einem so vornehmen Gast wie Euch die Bitte nicht verweigern konnten, der etwas über dieses schöne Land erfahren wollte.«
»Das möchte ich tatsächlich. Und ich verspreche, dass Euch nichts geschehen wird, denn in meinem Land bin ich ebenso mächtig wie Euer Herr, und ich hoffe, er
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