L'Adultera
altrömische Theater zeigen
wollte, das sich hier befindet. Es war ein kalter Tag, und mich fror in dem eisigen Winde, der ging, aber
ich freue mich doch, es gesehen zu haben. Wie be-
schreib' ich es Dir nur? Du mußt Dir das Opernhaus
denken, aber nicht an einem gewöhnlichen Tage,
sondern an einem Subskriptionsballabend, und an
der Stelle, wo die Musik ist, rundet es sich auch
noch. Es ist nämlich ganz eiförmig und
amphitheatralisch, und der Himmel als Dach dar-
über, und ich würd' es alles sehr viel mehr noch genossen haben, wenn ich mich nicht hätte verleiten
lassen, in einem benachbarten Restaurant ein Sala-
mifrühstück zu nehmen, das mir um ein Erhebliches
zu national war.
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Die Woche darauf kamen wir nach Florenz, und wenn
ich Duquede wäre, so würd' ich sagen: es wird über-
schätzt. Es ist voller Engländer und Bilder, und mit den Bildern wird man nicht fertig. Und dann haben
sie die ›Cascinen‹, etwas wie unsre Tiergarten- oder Hofjägerallee, worauf sie sehr stolz sind, und man
sieht auch wirklich Fuhrwerke mit sechs und zwölf
und sogar mit vierundzwanzig Pferden. Aber ich habe sie nicht gesehen und will Dich durch Zahlenangaben nicht beirren. Über den Arno führt eine Budenbrücke, nach Art des Rialto, und wenn Du von den vielen
Kirchen und Klöstern absehen willst, so gilt der alte Herzogspalast als die Hauptsehenswürdigkeit der
Stadt. Und am schönsten finden sie den kleinen
Turm, der aus der Mitte des Palastes aufwächst,
nicht viel anders als ein Schornstein mit einem Kranz und einer Galerie darum. Es soll aber sehr originell gedacht sein. Und zuletzt findet man es auch. Und in der Nähe befindet sich eine lange schmale Gasse, die neben der Hauptstraße herläuft und in der beständig Wachteln am Spieß gebraten werden. Und alles
riecht nach Fett, und dazwischen Lärm und Blumen
und aufgetürmter Käse, so daß man nicht weiß, wo
man bleiben und ob man sich mehr entsetzen oder
freuen soll. Aber zuletzt freut man sich, und es ist eigentlich das Hübscheste, was ich auf meiner ganzen Reise gesehen habe. Natürlich Rom ausgenom-
men. Und nun bin ich in Rom.
Aber Herzens-Jacobine, davon kann ich Dir heute
nicht schreiben, denn ich bin schon auf dem vierten Blatt, und Ruben wird ungeduldig und wirft aus seiner dunklen Ecke Konfetti nach mir, trotzdem wir
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den Karneval längst hinter uns. haben. Und so brech'
ich denn ab und tue nur noch ein paar Fragen.
Freilich, jetzt, wo ich die Fragen stellen will, wollen sie mir nicht recht aus der Feder, und Du mußt sie
erraten. Rätsel sind es nicht. In Deiner Antwort sei schonend, aber verschweige nichts. Ich muß das
Unangenehme, das Schmerzliche tragen lernen. Es
ist nicht anders. Über all das geb' ich mich keinen Illusionen hin. Wer in die Mühle geht, wird weiß. Und die Welt wird schlimmere Vergleiche wählen. Ich
möchte nur, daß bei meiner Verurteilung über die
›mildernden Umstände‹ nicht ganz hinweggegangen
würde. Denn sieh, ich konnte nicht anders. Und ich
habe nur noch den einen Wunsch, daß es mir vergönnt sein möchte, dies zu beweisen. Aber dieser Wunsch wird mir versagt bleiben, und ich werd' allen Trost in meinem Glück und alles Glück in meiner Zu-rückgezogenheit suchen und finden müssen. Und das
werd' ich. Ich habe genug von dem Geräusch des
Lebens gehabt, und ich sehne mich nach Einkehr und
Stille. Die hab' ich hier. Ach, wie schön ist diese Stadt, und mitunter ist es mir, als wär' es wahr und als käm' uns jedes Heil und jeder Trost aus Rom und nur aus Rom. Es ist ein seliges Wandeln an diesem
Ort, ein Sehen und Hören als wie im Traum.
Und nun, meine süße Jacobine, lebe wohl und
schreibe recht, recht viel und recht ausführlich. Es interessiert mich alles, und ich sehne mich nach
Nachricht, vor allem nach Nachricht... Aber Du weißt es ja. Nichts mehr davon. Immer die Deine.
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Melanie R.«
Der Brief wurde noch denselben Abend zur Post ge-
geben, in dem dunklen Gefühl, daß eine rasche Be-
förderung auch eine rasche Antwort erzwingen kön-
ne. Aber diese Antwort blieb aus, und die darin liegende Kränkung würde sehr schmerzlich empfunden
worden sein, wenn nicht Melanie, wenige Tage nach
Absendung des Briefes, in ihre frühere Melancholie
zurückverfallen wäre. Sie glaubte bestimmt, daß sie sterben werde, versuchte zu lächeln und brach doch
plötzlich in einen Strom von Tränen aus. Denn sie
hing am Leben und genoß inmitten ihres
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