Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
die frische Brise auf dem Wasser und das gemächliche Tempo taten ihm gut. Allein die Moskitos sorgten abends für Verärgerung. Carnarvon wurde in die linke Wange gestochen. Als er nach Luxor zurückkehrte, hatte er sich an der Stelle des Stichs mit seinem bevorzugten alten Rasiermesser mit Handgriff aus Elfenbein geschnitten.
Lord Carnarvon traf am 6. März in Luxor ein. Die Gemüter hatten sich beruhigt, und er und Carter waren wieder gute Freunde. Ein paar Tage später besprachen sie in Lord Carnarvons Hotelzimmer die Pläne für den nächsten Arbeitsschritt. Carnarvon fühlte sich immer noch müde und unwohl, er klagte gegenüber Carter, es gehe ihm verhältnismäßig schlecht.
Da ihm die Ärzte rieten, sich weiterhin auszuruhen, zog er sich ins Bett zurück, während Eve nach Kairo eilte, um nach ihrem Dienstmädchen Marcelle zu sehen, die die Hitze Ägyptens nicht vertrug und dabei war, mit dem Schiff über Marseille nach England zurückzukehren. Carter besuchte Carnarvon täglich. Dieser schien wieder zu Kräften zu gelangen. Er reiste am 14. März Lady Evelyn nach Kairo hinterher und quartierte sich im Continental Hotel ein. Allerdings war er noch immer nicht völlig gesund und musste eine gesellschaftliche Verpflichtung absagen, weil er sich »ganz flau« fühlte.
Eve pflegte ihn und versuchte, ihre wachsende Besorgnis zu unterdrücken. Ihr Vater war nie bester Gesundheit gewesen, doch Ägypten hatte ihn sich stets besser, nicht schlechter fühlen lassen. Einige Tage später teilte sie Carter in einem Brief mit, dass Pierre Lacau an Grippe erkrankt war, und fügte hinzu: »Viel wichtiger ist aber, dass es dem alten Herrn sehr, sehr schlecht geht … An seinem Hals sind die Lymphdrüsen geschwollen … Und er hatte Fieber.« Angesichts der Nachstellungen, die sie seitens der Presse bisher erfahren hatte, war Eve sehr daran gelegen, den sich verschlechternden Gesundheitszustand ihres Vaters geheim zu halten. Ihr Brief endete mit den Worten: »Ich wünschte, mein Lieber, Sie wären hier.«
Dr. Allen Gardiner, der ebenfalls in Kairo weilte, schrieb an seine Frau: »Unsere große Sorge gilt der ernsthaften Erkrankung Lord Carnarvons … Evelyn ist wirklich großartig, ein wunderbares Mädchen voller Mut und gesundem Menschenverstand, die ihren Vater von Herzen liebt. Ich mag sie wirklich sehr gern.«
Durch Mr Lithgoe erreichte Carter die Nachricht, dass Carnarvon sich eine Blutvergiftung zugezogen hatte und schwer krank war. In dem Moment, als Richard Bethel, Lord Carnarvons Privatsekretär, ihm in einem Schreiben mitteilte, dass er in das Hotel ziehen würde, um Hilfe zu leisten, hatte Carter bereits ein Telegramm von Eve erhalten, in dem sie ihn bat, nach Kairo zu kommen, und war dabei, seine Abreise vorzubereiten. Panik machte sich breit. Eve telegrafierte an Almina, und General Sir John Maxwell schickte ein Telegramm an Porchys Befehlshaber in Indien, mit der Bitte, ihm aus familiären Gründen drei Monate Sonderurlaub zu gewähren und seine Ausreise nach Ägypten zu beschleunigen. Porchester brach noch am selben Nachmittag auf, während seine Frau Catherine sich um das Aufräumen und Abschließen des Hauses kümmerte und nach England zurückkehrte.
Almina befand sich in Seamore Place, als sie Eves Telegramm erhielt. Sie war nun schon seit Wochen krank und sah nahezu niemanden außer Dr. Johnnie. Sie liebte es jedoch zu telefonieren und war in regelmäßigem Kontakt mit Eve und mit ihrem Mann gewesen. Sie wusste also bereits, dass die Spannungen eskaliert waren und die Arbeit niedergelegt worden war, damit sich alle erholen konnten. Dennoch traf die ernste Nachricht, die sie jetzt von Eve bekam, sie völlig unvorbereitet. Carnarvon war besorgniserregend krank, mehr als 3000 Kilometer entfernt, und ihre Tochter befürchtete offensichtlich das Schlimmste.
Almina besaß die Fähigkeiten, in einer solchen Situation angemessen zu reagieren. Sie rief umgehend De Havilland an und erkundigte sich nach der Möglichkeit, ein Flugzeug mit einem Piloten zu chartern. Dann warf sie ein paar Kleidungsstücke in eine Tasche, setzte Dr. Johnnie davon in Kenntnis, dass sie sofort nach Ägypten aufbrechen würden, und machte sich auf den Weg zum Flughafen in Croydon. Sie flogen in einer Dreisitzermaschine nach Paris, reisten von dort aus mit dem Zug nach Lyon und stiegen in ein weiteres Flugzeug ein, das sie bis nach Kairo brachte. Somit bewältigte sie eine Reise, die sie mit Schiff und Zug drei Wochen gekostet
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