Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
würde. Beim Durchblättern dieses Buches lassen sich Rückschlüsse auf die in Highclere veranstalteten Jagdgesellschaften ziehen, und für gewöhnlich nehmen sich die Listen des an die Gäste ausgehändigten Wilds recht bescheiden aus. Die Spalten, die sich auf das Besuchswochenende des Prinzen beziehen, sind jedoch gut gefüllt, die Aufzählung erscheint endlos. Wie bei allen anderen Belangen rund um diese dreitägige Veranstaltung ist die Extravaganz frappierend.
Üblicherweise wurden den Schützen sechs Fasane ausgehändigt, doch der Prince of Wales erhielt zwölf. Die lange Liste der weiteren Beschenkten zeugt von der Größe des Freundeskreises des Prinzen: Erlegte Vögel wurden an den russischen Botschafter und Nellie Melba sowie an Horace Voules, den Herausgeber des Truth Magazine , einer bekannten Zeitschrift, die sich dem Enthüllungsjournalismus verschrieben hatte, entsandt. (Man mag versucht sein zu vermuten, dass sich hinter dieser freundlichen Geste der Versuch verbarg, einen Vorläufer der Paparazzi zu bestechen – da der Prinz sein Leben lang ein leidenschaftlicher Playboy war, war er selbstverständlich häufig Gegenstand von seitens der Presse geschürten Gerüchten.) Auch Marie Wombwell wurde bedacht, an das Newbury Hospital wurde gespendet, und selbst die Kellner, die Kapelle und die Kammerdiener der Wochenendgäste erhielten Fasane. Die Lampenanzünder mussten sich allerdings mit Kaninchen begnügen.
Der Besuch war ein riesiger Erfolg. Das Wochenende hätte nicht besser verlaufen können, und der Earl muss begeistert gewesen sein, dass seine frisch angetraute Gefährtin das Ereignis perfekt organisiert hatte. Sie hatte die Gäste überwältigt und eine Reihe von exquisiten Diners und Unterhaltungsprogrammen beaufsichtigt. Alminas Ausbildung »für den Salon« hatte sie offensichtlich zu einer ausgezeichneten Verwalterin und Gastgeberin gemacht – schon jetzt brillierte sie in ihrer Rolle als Countess of Carnarvon.
Die 19-Jährige war nicht länger die naive Jungfer, als die Lord Burghclere sie gerade einmal sechs Monate vorher beschrieben hatte, die sich verzweifelt nach einer anständigen Familie sehnte und vor lauter Vorfreude auf ihre Zukunft kaum an sich halten konnte. Sie war eine Ehefrau und eine hochherrschaftliche Gastgeberin. Sie war ein Triumph.
KAPITEL 5
Das Leben im unteren Stockwerk
Natürlich hing Alminas Triumph von einer Heerschar anderer Menschen ab. Die Countess nahm zwar, während die Augen der Öffentlichkeit auf sie gerichtet waren, eine Schlüsselposition ein, tatsächlich herrschte jedoch Streatfield über das Anwesen und würde das zeit seines Lebens tun. Streatfield war sich sehr wohl bewusst, dass er im Vergleich zur jungen Herrin eine wesentlich gefestigtere Position innerhalb des Hauses besaß. Schließlich kannte er Lord Carnarvon schon wesentlich länger, als sie es tat. Das kleine Königreich Highclere würde seinen gewohnten Weg weiter verfolgen, die Bediensteten würden ihre Pflicht erfüllen und abwarten, wie sich die Dinge entwickelten.
Als Streatfield mit den teuren Einkäufen in London betraut wurde, war er 39 Jahre alt. Da er Junggeselle war, wohnte er im Schloss und nicht in einem der Cottages für die Bediensteten, die Ehepaaren und Familien vorbehalten waren. Als Butler stand ihm im Untergeschoss ein großes Wohnzimmer zur Verfügung, das neben dem von der Wirtschafterin bewohnten Raum gleichen Zuschnitts lag. Das Zimmer war Streatfields Reich, in dem er seine wenige Freizeit verbrachte und von dem aus er das Leben im unteren Stockwerk organisierte. Es war mit einem indischen Teppich und einem Lehnstuhl gemütlich eingerichtet. In einer Ecke befand sich eine alte englische Standuhr, im Raum waren ein Schreibtisch und andere Mahagonitische verteilt. Wie es einem Mann mit großer Verantwortung zustand, besaß das Zimmer nüchtern-geschäftliches Flair.
Streatfield war für das Führen des Haushaltsbuchs und die Beschaffung von Vorräten zuständig. Er wachte über den Weinkeller und den Tresor, in dem das Familiensilber verwahrt wurde. Der Safe, ein großer, begehbarer Raum, barg einige kostbare Stücke aus der Sammlung des Earl of Chesterfield sowie Schmuck und andere Erbstücke. Die einzelnen Objekte wurden, sorgfältig in Musselin gewickelt, in mit Stoff bezogenen Regalen verwahrt.
Streatfield trug einen markanten Backenbart und besaß die Angewohnheit, den Buchstaben h im Anlaut dort, wo er gefordert war, nicht auszusprechen und ihn in
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