Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
Spendenaktion in Tunbridge Wells für Dr. Barnardos Kinderheime. Auf ihre große Chance, in der Welt Gutes zu tun, würde sie noch drei Jahre warten müssen.
Bis dahin fanden sich immer wieder Ereignisse, die Almina von dem unterschwelligen Gefühl der Nutzlosigkeit ablenkten. Pferderennen waren zum Beispiel ein perfekter Zeitvertreib. Am 15. Mai 1911 besuchten Lord und Lady Carvarnon im Gefolge des neuen Königs Ascot. Ein beeindruckendes Foto zeigt das Paar in der »Royal Enclosure«, dem ranghohen Gästen vorbehaltenen Tribünenbereich. Der Earl ist mit Frack und Zylinder bekleidet und steht aufgrund seines verletzten Beins auf einen Stock mit Silberknauf gestützt. Er vermittelt den Eindruck eines Mannes, der sich auf ein vergnügliches Ereignis im Kreis von Freunden freut. Almina trägt ein knöchellanges Kleid aus schwarz-weißem Satin, einen dunklen Pelz sowie einen extravaganten, breitkrempigen Hut mit Straußenfedern. Sie wendet sich von ihrem Mann ab, um lächelnd jemandem, der sich von der anderen Seite nähert, die Hand zu reichen. Die Geste erweckt den Anschein, als nehme sie huldvoll die ihr gebührende Ehrerbietung entgegen. Der Unterschied zu einem drei Jahre später aufgenommenen Foto, das sie in der Uniform einer Krankenschwester und in freundlicher, entschlossener Haltung porträtiert, könnte kaum größer sein.
1911 waren Glanz, das öffentliche Leben und das Ansehen der Carnarvons für Almina noch von größter Bedeutung, und am 22. Juni jenes Jahres konnte sie all diese Facetten anlässlich der Krönung von George V. noch einmal in vollen Zügen genießen. Die Dienerschaft war in die Stadt übergesiedelt, um die Vorbereitungen für das große Ereignis zu treffen. Fearnside, Roberts und Jessie Money, Alminas neue Zofe, waren dafür verantwortlich, alles Benötigte von Highclere Castle in das Stadthaus am Berkely Square zu transportieren. Fearnside bürstete sorgfältig die Hermelinrobe des Earls auf, die dieser zuletzt vor acht Jahren bei der Krönung Edwards VII. getragen hatte und die in der Zwischenzeit, in Kampfer konserviert, zweimal jährlich auf Mottenbefall überprüft worden war. Roberts und Money bereiteten Alminas festliches Kleid, die Tiara und anderen Schmuck vor. Lord und Lady Carnarvons Schlafzimmer mit den angrenzenden Ankleideräumen lagen im zweiten Stock des Londoner Hauses. Zu dem Zeitpunkt, als die beiden am Berkeley Square eintrafen, waren das hektische Auspacken und der rege Betrieb zwischen den Räumen beendet, und alles stand für sie bereit. Der Earl und die Countess brachen zur Westminster Abbey auf, um sich der Schar der Adligen und Würdenträger anzuschließen.
Die Prozession zur Kirche war ein glanzvolles Spektakel. Der König und die Königin saßen in der goldenen Prunkkutsche, die von acht prächtig geschmückten Pferden gezogen sowie von vier Reitern und mehreren Lakaien begleitet wurde. Lord Kitchener begleitete die Prozession zu Pferde in der Ehrenposition auf der rechten Seite der Kutsche. Ihm war von Edward VII. kurz vor dessen Tod in Anerkennung seiner Dienste im Sudan, in Südafrika und Indien der militärisch höchste Rang des Feldmarschalls verliehen worden.
Während sie auf den Beginn der Zeremonie warteten, blieb Lord und Lady Carnarvon genug Zeit, sich in der ihnen bereits von bisherigen Staatsanlässen bekannten prunkvollen Kirche umzusehen und die Kleidung der anderen Gäste in Augenschein zu nehmen. Das Gotteshaus war voller Freunde der Carnarvons und gekrönter Häupter aus ganz Europa, doch wird Almina einigermaßen irritiert gewesen sein, als sie dem liberalen Premierminister, Herbert Asquith, dem Vorsitzenden der unsäglichen »Radikalen«, die Hand schütteln musste.
Die Carnarvons warteten gespannt auf die Ankunft der Prozession und hofften, einen Blick auf ihren Sohn zu erhaschen, der als einer der Ehrenpagen ausgewählt worden war. Er war vom Schulunterricht in Ludgrove befreit worden, um an den endlosen Proben für die Krönungszeremonie teilnehmen zu können, die vom Duke of Norfolk geleitet wurden. Der Duke wachte offensichtlich peinlich genau über die Pagen und erwartete, dass sie jedem Detail größte Aufmerksamkeit schenkten, doch Porchy erinnerte sich auch daran, dass er großzügig Schokolade verteilte, wenn eine Probe gut gelaufen war.
Bei diesem bedeutenden Anlass machte Porchy – zweifellos zu Alminas Erleichterung – seine Sache gut. Die gesamte Zeremonie war wunderbar, durch den Hyde Park hallten Salutschüsse, und
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