Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
haben wie die Reichen, über die Glaubensrichtung, der ihre Kinder angehören sollen, zu entscheiden. [Daran erkennen wir], dass ein einflussreiches Oberhaus für jede Mutter im Land von Bedeutung ist.« Den enthusiastischen Applaus der Mütter im Publikum kann man beinahe hören.
Im weiteren Verlauf ihrer Rede ruft Almina ihre Zuhörer auf, für jene Werte zu kämpfen, die sie durch die Liberalen – die sie grundsätzlich als Radikale bezeichnet – bedroht sieht. Ihre Ansprachen sind sehr lesenswert. Almina scheint es geschätzt zu haben, in die Welt hinauszugehen und über Themen von nationaler Bedeutung zu sprechen, statt lediglich Highclere Castle in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Der Elan, den ihre Worte transportieren, lässt darauf schließen, dass sie eine charismatische Rednerin war. »Die Verfassung, unter der wir erstarkt sind und der wir die höchste Zivilisation und die größte Freiheit verdanken, ist in Gefahr. Vergessen wir nicht, dass wir 1906 [als der traditionell konservative Sitz in Newbury in einem Erdrutschsieg an die Liberalen fiel] geschlafen haben und dass Mr Mounts Sitz nun auch gefährdet sein könnte, wenn wir in unseren Bemühungen auch nur wenig nachlassen.« Almina erscheint als routinierte, professionelle Rednerin, wenn sie ihre Argumentationskette in einem beeindruckenden Schlussappell gipfeln lässt und ihre Zuhörerschaft zu konkretem Handeln auffordert: »Denken Sie an Reading! Motivieren Sie Ihre Freunde, nicht zu ruhen, bis die Flagge der nationalen Einheit, der Handelsreform und des sozialen Fortschritts triumphierend über diesem wichtigen industriellen Zentrum weht.«
Bei den Parlamentswahlen im Januar 1910 gewannen die Konservativen tatsächlich den Sitz in Newbury von den Liberalen zurück. Man mag sich fragen, welche Rolle dem Heer von Frauen von South Berkshire zukam, die Almina für ihre Wahlkampagne mobilisiert hatte.
Almina mag eine begabte Rednerin und eine leidenschaftliche Verfechterin der Politik der Konservativen Partei gewesen sein, dennoch agierte sie in einer Zeit, in der Frauen kein Stimmrecht hatten, geschweige denn sich für ein politisches Amt zur Wahl stellen konnten. Jede Ambition, sich politisch zu engagieren, war automatisch auf eine Bestätigung hinter den Kulissen beschränkt. Trotz ihrer bescheidenen Bekundung, an öffentliche Auftritte als Rednerin nicht gewöhnt zu sein, hatte sie an ihrer Beschäftigung große Freude und genoss es, Aubrey in seinem Wahlkampf zu unterstützen und für ihn Ansprachen zu verfassen, nachdem dieser sich dazu entschlossen hatte, 1911 in einer Nachwahl als Kandidat der Konservativen Partei für den Kreis Somerset South anzutreten. Aubrey gewann. Die beiden, zwei Persönlichkeiten mit einem großen Maß an Selbstbewusstsein, mussten ein Dream-Team gewesen sein.
Alminas politische Überzeugungen und Werte entsprachen ziemlich genau den Auffassungen, die von einer Frau ihres gesellschaftlichen Ranges in jener Zeit zu erwarten waren, und es wäre übertrieben, sie als Verfechterin der Rechte der Frauen zu beschreiben. Bei keiner Gelegenheit trat sie für das Wahlrecht von Frauen ein. Im Januar 1911 bekundete sie in einer Rede vor der Unionist Women’s Association von Newbury: »Im finsteren Mittelalter, das noch nicht allzu lange hinter uns liegt, wurden wir als das schwache Geschlecht bezeichnet. Das waren wir nie und werden es in unserem Patriotismus nie sein. In dieser wie in allen anderen Angelegenheiten sind wir weder unterlegen noch überlegen, sondern einfach nur anders, und ich bin davon überzeugt, dass wir unserem Land den besten Dienst erweisen, wenn wir, statt die Männer zu imitieren, das geistige Leben bereichern und den Horizont unserer Gesellschaft erweitern, indem wir wir selbst sind.«
Nach ihren Erfolgen bei den Parlamentswahlen und Aubreys Nachwahl scheint sich Almina nach weiteren Herausforderungen umgesehen, aber kein Betätigungsfeld gefunden zu haben, das ihr entsprach. Sie war zu sehr an die große Bühne gewöhnt und zu rastlos, um sich mit mitreißenden Reden vor lokalen politischen Gruppierungen zufriedenzugeben, und auch wenn man sich Almina gut als engagierte Abgeordnete vorstellen kann, stand ihr in jener Zeit ein solcher Posten nicht offen. Ihr Bedürfnis, etwas Sinnvolles zu tun, war jedoch offensichtlich sehr ausgeprägt, denn sie setzte ihre öffentlichen Auftritte fort und hielt Ansprachen bei karitativen Veranstaltungen wie der East-Ham-Chrysanthemen-Schau oder der
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