Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
die Glocken von Westminster Abbey erklangen zu Ehren des neuen Königspaars, als dieses die Kirche verließ. Es war wohl der letzte feierliche Akt der Welt alter Ordnung. Die politische Lage war angespannt und verschlechterte sich zusehends. Bis zum Beginn des Krieges sollten nur noch drei Jahre vergehen. Von den acht Ehrenpagen, die die Zeremonie begleiteten, sollten nur zwei das bevorstehende Gemetzel überleben. Porchy würde einer davon sein.
Am Silvesterabend 1911 veranstaltete Almina in Highclere ihr traditionelles Kinderfest mit Hunderten Gästen und Schaustellern, die sie aus London kommen ließ. Zwölf Tage später gab sie für 500 Bewohner aus der Umgebung einen Ball. Almina musste ihre Gäste ohne den Earl willkommen heißen, da dieser unter einem starken Migräneanfall litt, der ihm nur ein paar Minuten Anwesenheit ermöglichte, bevor er sich wieder zurückziehen musste. Dieser Zustand war nicht außergewöhnlich, Almina entwickelte sich mehr und mehr zur treibenden Kraft. Um Mitternacht hielt sie von der Galerie des prächtig überwölbten Salons im Zentrum des Herrenhauses aus eine Ansprache, bei der sie sich für Lord Carnarvons Unpässlichkeit entschuldigte. An ihrer Seite standen ihre Mutter Marie, die Schwestern ihres Gatten sowie Aubrey und Mary. Prince Victor Duleep Singh blieb zur Unterstützung Alminas anwesend, während sie zu den Gästen sprach, und leistete anschließend seinem alten Freund Lord Carnarvon in dessen Wohnzimmer Gesellschaft. Zum Nachtmahl hielt Aubrey eine Ansprache an die Gäste, und der Bürgermeister von Newbury bedankte sich bei den Carnarvons im Namen der Besucher. Danach standen, begleitet von einem Wiener Orchester, 20 verschiedene Tänze auf dem Programm. Almina hatte entlang der Zufahrtswege Lampen aufstellen lassen, um ihren Gästen den Nachhauseweg in den frühen Morgenstunden zu erleichtern, und die Feierlichkeiten dauerten bis sechs Uhr an.
Es war ein rauschendes, erfolgreiches Fest gewesen, doch Almina handhabte ihre Rolle der Gastgeberin inzwischen wie im Schlaf. Es war nicht die Herausforderung, die sie suchte. Der Earl war weiterhin bei schlechter Gesundheit, und sie überwachte seine gesamte medizinische Behandlung. Sie kümmerte sich hingebungsvoll um ihn, und die Krankenpflege entwickelte sich langsam zu ihrem hauptsächlichen Interessenbereich, nicht nur zu Hause, sondern ganz allgemein. Sie wohnte operativen Eingriffen bei, die Berkeley Moynihan, der angesehene Chirurg, der am Leeds General Infirmary arbeitete und gelegentlich nach London kam, um seiner Tätigkeit als Berater am University College Hospital nachzugehen, durchführte. Ganz allmählich reifte in Almina ein Plan heran, und sie wollte vorbereitet sein, wenn der Moment zum Handeln kam.
Almina begleitete Lord Carnarvon weiterhin auf seinen Reisen nach Ägypten, wo dieser zusammen mit Carter darum kämpfte, den Zugang zu den Stätten zu erhalten, an denen sie Ausgrabungen vorzunehmen entschlossen waren. Sie hatten ihr Augenmerk auf das Tal der Könige statt des Tals der Königinnen und der Gräber der Edlen, wo sie bisher gearbeitet hatten, gerichtet, doch die Lizenz für Ausgrabungen in diesem Gebiet wurden zu jener Zeit von dem Amerikaner Theodore Davis gehalten. Ihnen vorgeschlagene Alternativen lehnten sie ab. Von Privatpersonen durchgeführte Ausgrabungen wurden nicht mehr befürwortet, und Maspero bestand darauf, dass die von Lord Carnarvon ausgesuchte Stelle der Erforschung in staatlichem Auftrag vorbehalten bleiben sollte.
Lord Carnarvon zeigte sich wie gewohnt einfallsreich. Er kontaktierte Lord Kitchener, mit dem er befreundet war, und fragte ihn, ob er nicht auf Maspero ein wenig Druck ausüben könne. Nach neun Jahren als Oberbefehlshaber in Indien wurde Kitchener 1909 als Generalkonsul – und damit de facto als Vizekönig – nach Ägypten entsandt. Da sich Lord Carnarvon und Kitchener in denselben Kreisen bewegten, war es naheliegend, dass die beiden sich kennenlernen würden. Doch auch diese Beziehung auf höchster Ebene brachte Lord Carnarvon keinen Erfolg.
Unsicher, worauf er sich nun als Nächstes konzentrieren sollte, ließ er sich von Percy Newberry, einem englischen Ägyptologen, überreden, sich für einige Stätten bei Sacha und Tell el-Balamun zu bewerben. Die Ausgrabungen im Nildelta würden sie allerdings außer Reichweite der Annehmlichkeiten der Zivilisation versetzen. Sie würden campen müssen. Die Tatsache, dass ein Mann von solch schwacher Gesundheit wie
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