Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
Weigerung Gefahr liefe, dass das Kriegsministerium das Anwesen beschlagnahmen würde. Also willigten sie ein. Das Haus wartete im Vergleich zu Highclere mit zwei Vorzügen auf: Fachärzte waren niemals mehr als eine halbe Stunde entfernt. Außerdem konnte das Gebäude besser ausgestattet und damit eine größere Bandbreite an Verletzungen behandelt werden. Almina ließ einen Aufzug einbauen, einen Operationssaal einrichten und ein Röntgengerät installieren. Dann brachte sie all ihre Mitarbeiter vom Land in die Stadt und unterstellte sie der Oberschwester Macken.
Das Londoner Krankenhaus war nicht nur besser, sondern auch größer. Um die Kapazität zu verdoppeln, opferte Almina das von ihr bevorzugte System der Unterbringung der Patienten in Einzelzimmern. Es wurden nun bis zu 40 Verwundete aufgenommen, einige davon erhielten eigene Zimmer, meist jedoch teilten sich nun zwei oder vier Patienten einen Raum. Diese Minikrankensäle benannte Almina nach den Schlafzimmern in Highclere: Stanhope, Sussex, Arundel etc. Auch wenn die Patienten hier ein wenig enger zusammenrückten, fühlten sie sich wohl und genossen den gleichen Komfort wie in Highclere: Gemütliche Betten, erstklassige Bettwäsche und Pyjamas, die leihweise ausgehändigt wurden, bis die Familien selbst welche schicken konnten, sorgten dafür, dass sich die Patienten auch in dem neuen Krankenhaus zu Hause fühlten. Nach wie vor legte Almina großen Wert auf den Kontakt zu den Familien, die sie in Telegrammen und Briefen über den Heilungsverlauf informierte, solange die Verwundeten selbst nicht in der Lage dazu war. Ihrem Vorsatz entsprechend, hatten die Patienten jederzeit Zugang zu der Gartenanlage und wurden mit Gemüse und Käse versorgt, die jeden Tag aus Highclere nach London geschickt wurden.
Kaum hatte das Londoner Krankenhaus eröffnet, statteten zwei der frühesten Unterstützer von Lady Alminas Plänen der Einrichtung einen Besuch ab. Am 4. Januar besichtigte Lord Kitchener das neue Gebäude und zeigte sich sehr beeindruckt. Zwei Wochen später traf Schwester Keyser, die zu Beginn des Krieges unentbehrlichen Rat geleistet hatte, ein. Almina platzte fast vor Stolz, als sie ihre Gäste durch das Haus führte.
Im Schloss kehrte wieder ein wenig Alltag ein, wenngleich natürlich, auch nachdem das Krankenhaus geschlossen worden war, der Krieg weiter tobte. Die Krankenschwestern und Mary Weeks waren in die Stadt übergesiedelt, Dr. Johnnie pendelte zwischen London und Highclere. Almina hatte sich für das Krankenhaus am Bryanston Square zusätzlich der Dienste von Dr. Sneyd versichert. Stratfield, Mrs McNair und die restlichen Dienstboten von Highclere Castle verblieben im Schloss, schließlich hatten sie sich nach 16 Monaten immenser Arbeit eine Pause verdient. Lady Evelyn und Lord Carnarvon lebten abwechselnd in ihrem Stadthaus am Berkeley Square und in Highclere Castle, und Almina besuchte sie an den Wochenenden, sofern sie sich freinehmen konnte. In absehbarer Zeit würden in dem Schloss nur wenige Gesellschaften veranstaltet werden, doch die Carnarvons hatten keine Absicht, sich von ihrem vertrauten Personal zu trennen. Also hatten die Angestellten schlicht weniger zu tun.
Es war eine traurige, überwiegend aus Frauen bestehende Schar, die 1916 in Highclere Castle den Schein aufrechterhielt. Im Gesinderaum kreisten die Gespräche fast nur um den Krieg, insbesondere um den Verbleib der Männer von Highclere. Florence, ein Hausmädchen, hatte den Dienst niedergelegt, weil sie Tommy Hills, einen Gärtner, geheiratet hatte. Die beiden hatten geplant, ein neues Leben anzufangen. Nun war sie voller Sorge, dass Tommy zum Militär gehen könnte, und fürchtete, einen solchen Einschnitt nicht zu ertragen. Sie waren seit knapp zwei Jahren verheiratet, und Florence wollte eine Familie gründen.
Die einzigen Nachrichten, die zu ihnen durchsickerten, waren die Listen der Verwundeten und Gefallenen. Alle lebten in dem Konflikt, einerseits davon überzeugt zu sein, dass alle Opfer bringen mussten, und andererseits der schrecklichen Angst vor dem Verlust eines geliebten Familienmitglieds ausgesetzt zu sein. Die Opferbereitschaft seitens der Bevölkerung schwankte im Verlauf des Krieges, doch mit der Zeit setzte sich das Gefühl der Abscheu durch. Glücklicherweise konnte Florence nicht vorhersehen, dass Tommy in die Ereignisse verwickelt werden würde, die 1916 die Stimmung im Land in Wut und Verzweiflung umschlagen ließen.
Eine andere langjährige
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