Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)

Fuß zu erwischen. Mutter und Tochter hatten viele Gemeinsamkeiten – sie begeisterten sich für Mode und Festlichkeiten und waren beide voller rastloser Energie, sodass sie nicht lange still sitzen konnten. Almina und Porchy dagegen gerieten häufig aneinander, weil sie beide als höchst eigenwillige Persönlichkeiten gerne im Mittelpunkt standen. Eve war auch fleißiger und wissbegieriger als der charmante Taugenichts Porchy. Außerdem brachte sie der Forschungsarbeit ihres Vaters in Ägypten eine aufrichtige Begeisterung und ein echtes Interesse entgegen, das Porchy niemals teilen sollte. Vielleicht war auch die Erwartungshaltung an Eve geringer, da sie nicht Erbin war. Was auch immer die Ursache war – die ganze Familie brachte ihr größte Zuneigung entgegen. Lord Carnarvon war sein ganzes Leben lang in sie vernarrt, und dasselbe galt für Porchy. Alminas und Eves Verhältnis war von gegenseitiger Liebe gekennzeichnet. Sie sahen sich auffallend ähnlich. Eve war klein, sie maß nur etwas über 1,50 Meter, und sehr schlank. Sie wuchs zu einem wunderschönen Mädchen heran, mit rosigen Lippen, hohen Wangenknochen und dunklen Augen.
    Als ihre Mutter nach Kriegsbeginn entschieden hatte, Highclere Castle in ein Krankenhaus zu verwandeln, wurde Eve plötzlich mit einem Alltag konfrontiert, der sich grundlegend von dem, was sie als kleines Mädchen erlebt hatte, unterschied. Statt der ruhigen Tage mit Schulunterricht und der gelegentlichen Ausflüge nach London, um Alfred zu besuchen oder die Wallace Collection, bei der ihr Großvater Treuhänder war, zu besichtigen, fand sie sich nun in einem Haus voller schwer verletzter Soldaten wieder. Die Atmosphäre dort schwankte von triumphierend bis angespannt, je nachdem, wie die im Operationssaal vorgenommenen Eingriffe verliefen oder wie viele Namen von Freunden in der von der Times veröffentlichten Liste der Gefallenen erschienen. Eve wurde hart aus einem privilegierten Leben gerissen und musste schnell erwachsen werden. Alminas Überzeugung von der Sinnhaftigkeit eines Engagements für die Gemeinschaft dehnte sich auch auf Eves Freizeit aus. Wenn Eves Unterricht geendet hatte, begleitete die Tochter Almina auf ihren Visiten, plauderte mit den Patienten und verrichtete einfache Aufgaben der Krankenpflege. Es verwundert nicht, dass das kleine hübsche Mädchen bei den Patienten äußerst beliebt war. Einer der Soldaten hatte einen Schäferhundwelpen aus Frankreich eingeschmuggelt und schenkte ihn Eve. Der Hund schlief in ihrem Zimmer in der zweiten Etage des Herrenhauses und war ihr vollkommen ergeben. Eve war eine gute Reiterin und zog oft mit Arthur Hayter, dem Stallmeister, zu Pferde durch den Park. Der kleine Hund war stets dabei und rannte, um mit ihr Schritt zu halten.
    Doch auch Lady Evelyns Hilfe konnte die Tatsache, dass Highclere Castle die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit erreicht hatte, nicht verbergen. Obwohl das leitende Team, bestehend aus Almina, Dr. Johnnie und Mary Weeks, mit Unterstützung von Streatfield und Mrs McNair äußerst effizient arbeitete, quälte sich Almina mit dem Gefühl, noch mehr tun zu müssen. Anfang Dezember kam sie zu dem Entschluss, dass Highclere zu klein geworden war und es an der Zeit war, das Krankenhaus nach London zu verlegen. Natürlich hätte sie die Räume im Untergeschoss in große Krankensäle verwandeln können, aber Almina war davon überzeugt, dass ihr Erfolg zum größten Teil darauf beruhte, dass den Patienten eine große Anzahl von Krankenschwestern zur Verfügung stand und die Männer den Luxus einer friedlichen Umgebung mit ausreichend Privatsphäre genossen. Das Krankenhaus wurde aus persönlicher Hingabe an diese Tätigkeit geführt, und so sollte es auch bleiben. Ein Wechsel würde eine Zäsur bedeuten, besaß das Anwesen doch allein von seinem Charakter her eine heilende Wirkung. Vor allem betrübte es Almina, die wundervollen Gärten, die eine stete Versorgung mit frischem Obst und Gemüse garantierten, aufgeben zu müssen. Daher beschloss sie, dass die neue Unterkunft zumindest Zutritt zu einem Garten bieten musste und dass sie weiterhin auf in Highclere produzierte Lebensmittel zurückgreifen würde.
    Almina pachtete ein schönes Gebäude in 48 Bryanston Square in Mayfair, ein wundervolles Stadthaus mit Blick auf einen friedvollen, eingezäunten Garten. Die Cadogan-Treuhänderschaft vermerkte in ihrem Protokoll, dass sie »nur ungern dem Ersuchen von Lady Carnarvon stattgab«, doch im Falle einer