Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
Jones, der für die Militärkrankenhäuser zuständige Aufsichtsbeamte, am 28. Januar in einem Brief seinen Dank zum Ausdruck:
Ich habe in Ihnen immer eine Entdeckung des Krieges gesehen. Sie haben sich mit außerordentlicher Kraft und Beständigkeit der Pflege unserer verwundeten Soldaten gewidmet, und ich bin der Ansicht, dass Ihnen dafür der Dank unserer ganzen Nation gebührt. Ich werde Highclere angesichts der wunderbaren Zeit, die die Soldaten dort verbrachten, und der Selbstaufopferung, mit der Sie sich um ihr seelisches und körperliches Wohl gekümmert haben, stets in bester Erinnerung behalten.
Nachdem sie die letzten Jahre der Pflege anderer gewidmet hatte, benötigte Almina nun selbst dringend Erholung. Als im Februar der letzte Patient in ein Genesungsheim überstellt worden war und die letzte Krankenschwester eine neue Anstellung gefunden hatte, brach die Familie zum ersten Mal seit 1915 wieder nach Ägypten auf. Lord Carnarvon war außer sich vor Vorfreude und konnte es kaum erwarten, Howard Carter zu treffen und mit ihm zusammen die Arbeit wieder aufzunehmen. Auch die Tatsache, dass jener Winter London bittere Kälte bescherte, mit Schnee und eisigen Winden, bot Ansporn für die Reise.
Sie setzten nach Boulogne über und fuhren von dort aus mit dem Zug nach Paris. In Frankreich herrschte eine gewaltige Aufräumaktion vor. In Versailles setzten sich Delegierte aller Nationen, die an dem Krieg beteiligt gewesen waren, höchst detailliert mit dessen politischen Auswirkungen auseinander. Überall in Nordfrankreich und Belgien ging man der Aufgabe nach, die Toten auf den Soldatenfriedhöfen zu bestatten.
Die Carnarvons blieben eine Weile in Paris, um Aubrey zu besuchen. Dieser war in die Stadt geeilt, als er erfahren hatte, dass sein enger Freund Colonel Sir Mark Sykes, der auf britischer Seite an den Friedensverhandlungen beteiligt gewesen war, an der Grippe erkrankt war und im Sterben lag. Sir Mark, der in den Anfangstagen des Krieges Almina informiert hatte, dass Aubrey angeschossen worden war, starb am 16. Februar im Alter von 39 Jahren. Er hatte das »Arab Bureau« gegründet, das sich der »Koordination der britischen politischen Aktivitäten im Nahen Osten« widmete. Sowohl Aubrey als auch T. E. Lawrence arbeiteten für diese Behörde, und alle drei Männer hatten Wochenenden in Highclere und Pixton verbracht, um bei Portwein und Zigarren die zukünftige Politik im Nahen Osten zu diskutieren. Sir Mark hatte sich gerade gewissenhaft darum bemüht, den arabischen Nationalismus und den Zionismus in Versailles auf die Tagesordnung zu setzen, als er von der Grippe heimgesucht wurde. Aubrey war entsetzt darüber, dass, auch nachdem die Kampfhandlungen eingestellt worden waren, immer noch Freunde von ihm starben. Als auch Aubrey an der Grippe erkrankte, beschlossen er und seine Frau Mary, den Winter in Italien zu verbringen, damit er sich erholen konnte.
Sie verbrachten drei Monate in dem Haus, das Aubreys Vater, der 4. Earl of Carnarvon, 1882 erworben und »Alta Chiara« getauft hatte – ein Highclere Castle in Italien. Es lag auf den Klippen über dem Hafen von Portofino und bot eine fantastische Aussicht auf das Mittelmeer. Es war ein äußerst romantischer und friedlicher Zufluchtsort, der die besten Voraussetzungen dafür bot, Ruhe zu finden und wieder zu Kräften zu kommen.
Die Carnarvons fuhren weiter nach Marseille und von dort aus mit dem Schiff über Bizerta in Tunesien nach Alexandria. Der Krieg war erst seit vier Monaten vorüber und barg noch immer gravierende, zum Teil lebensbedrohliche Folgen für Reisende. Das Schiff, auf dem sich die Carnarvons befanden, hatte vorher dem Krankentransport gedient und war, bevor es der zivilen Nutzung überstellt wurde, nicht gründlich desinfiziert worden. Angesicht des großen Bedürfnisses der Menschen, so schnell wie möglich zur Normalität zurückzukehren, wurden Kosten gespart. In diesem Fall herrschten solch unhygienische Zustände, dass mehrere Passagiere an Infektionen starben, die sie sich an Bord zuzogen. Obwohl sich Almina gerade erst von der Spanischen Grippe erholt hatte und der Graf von Natur aus anfällig war, gelangten sie unbeschadet ans Ziel. Zum ersten Mal seit vier Jahren atmete Lord Carnarvon wieder die trockene Luft Ägyptens, und als die beiden in Alexandria von Bord gingen, schlug ihnen die vertraute Kakophonie der hektischen Stadt entgegen. Doch auch Alexandria hatte sich verändert. Mit dem Kriegsende war in der
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