Lady Chatterley (German Edition)
zurück; sie wagte es, sich diesem Frieden zu überlassen – sie hielt nichts zurück. Sie wagte es, alles hinzugeben, ihr ganzes Selbst, und sich von der Flut davontragen zu lassen.
Und ihr war, als sei sie wie das Meer, nichts als dunkles, steigendes und fallendes Gewoge, von einem mächtigen Strom getragen, und langsam geriet ihre ganze Dunkelheit in Bewegung, und sie war das Weltmeer, das in seiner dunklen, stummen Schwere dahinrollte. Und auf dem Grund ihres Innern teilten sich die Tiefen und wogten auseinander von dem Mittelpunkt sanften Eindringens aus, als der Taucher tiefer eindrang, immer tiefer, sie immer tiefer berührte, und tiefer, tiefer, tiefer wurde sie bloßgelegt, und machtvoller rollten die Wogen ihres Seins dahin, einem fremden Ufer zu und deckten sie auf, und näher und näher tauchte das fühlbare Unbekannte, und immer weiter rollten die Wogen ihres Seins fort von ihr, ließen sie zurück, bis jäh, in sanftem, schauerndem Erbeben, der Kern all ihres Plasmas getroffen wurde – sie sich getroffen wußte – und die Vollendung über sie kam und sie verging. Sie verging, sie war nicht mehr, sie wurde geboren: ein Weib.
Wie gut! Wie gut! Im Verebben spürte sie, wie gut es war. Ihr Leib drängte sich jetzt in zärtlicher Liebe an den unbekannten Mann, und blind hob er sich dem klein werdenden Penis entgegen, der sich zart, zerbrechlich, unschuldig zurückzog, nach den wilden Stößen seiner Kraft. Als er ihr entglitt, ihren Leib verließ, dieser geheimnisvolle, empfindsame Muskel, stieß sie, ohne es zu wissen, einen Schrei aus, einen Schrei aus Leid um den Verlust, und sie versuchte, das Verlorene zurückzuholen. Es war so herrlich gewesen! Und sie liebte es so!
Und nun erst wurde sie der kleinen, knospengleichen Verschwiegenheit und Zartheit des Penis gewahr, und ein leiser Schrei brennender Verwunderung entfuhr ihr wieder, und ihr Frauenherz schrie auf über die zärtliche Zartheit dessen, was die Kraft gewesen.
«Es war so gut!» stöhnte sie. «Es war so gut!» Doch er sagte nichts, küßte sie nur sanft und lag still über ihr. Und sie stöhnte vor Seligkeit, als ein Opfer, als ein neugeborenes Wesen.
Und ihr Herz war jetzt wach geworden für das seltsame Wunder seines Wesens. Ein Mann! Die unerforschliche Gewalt des Männlichen über ihr! Ihre Hände irrten über seinen Körper, noch immer ein wenig erschreckt. Erschreckt von dem fremden, feindlichen, ein wenig abstoßenden Geschöpf, das er für sie gewesen war – ein Mann. Und jetzt berührte sie ihn, und es waren die Söhne Gottes mit den Töchtern der Menschen. Wie schön er sich anfühlte, wie rein im Gewebe! Wie herrlich, wie gut, wie stark und doch wie rein und zart – diese Stille des empfindenden Leibes! Diese vollkommene Stille von Kraft und zartem Fleisch! Wie schön! Wie schön! Zaghaft glitten ihre Hände seinen Rücken hinab, hin zu den sanftgeschwungenen kleinen Hügeln seines Hintern. Schönheit! Welche Schönheit! Eine jähe kleine Flamme neuen Erkennens durchzuckte sie. Wie konnte es sein, daß so viel Schönheit hier war, hier, wo sie sich zuvor so abgestoßen fühlte? Die unaussprechliche Schönheit, die in der Berührung des warmen, lebendigen Hintern lag! Das Leben im Leben, die reine, warme, kraftvolle Schönheit! Und das seltsame Gewicht der Kugeln zwischen seinen Beinen! Welch ein Mysterium! Welch seltsames, schweres Gewicht dieses Mysteriums, das weich und schwer in ihrer Hand ruhen konnte! Die Wurzel – die Wurzel all dessen, was gut und herrlich ist, die uranfängliche Wurzel aller vollen Schönheit.
Sie klammerte sich an ihn und stieß einen Laut des Staunens aus, in dem Demut und Schrecken war. Er hielt sie eng an sich gepreßt, sagte aber nichts. Er würde niemals etwas sagen. Sie drängte sich näher zu ihm hin, näher, nur um dem sinnlichen Wunder nah zu sein, das in ihm lag. Und sie spürte, wie aus seiner vollkommen unfaßbaren Stille langsam, zwingend, anschwellend sein Phallus aufstieg, die andere Macht. Und ihr Herz verging in demütiger Scheu.
Und diesmal, als er in sie einging, war es nur sanft und irisierend, rein und sanft und irisierend – so, wie kein Bewußtsein es zu erfassen vermochte. Ihr ganzes Sein erschauerte unbewußt und pulsend wie Plasma. Sie kam nicht darauf, was es war. Sie konnte sich nicht erinnern, was es gewesen war. Nur, daß es herrlicher und süßer gewesen war als alles, was es gab. Nur das. Und hinterher war sie ganz still, ganz ohne Gedanken – sie wußte nicht,
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