Lady Chatterley (German Edition)
sie.
«Na, sicher nicht. Würde mich auch kaum als Ersatzzeuger haben wollen. – Und wo sollst du dann also das Kind herhaben?»
«Ich könnte in Venedig ein Verhältnis haben», sagte sie.
«Du könntest», erwiderte er langsam. «Deshalb also fährst du hin?»
«Nicht, um das Verhältnis zu haben», sagte sie und sah flehend zu ihm auf.
«Nur, damit es so aussieht.»
Schweigen legte sich über sie. Er starrte mit einem leisen Grinsen zum Fenster hinaus – halb Spott, halb Bitterkeit. Sie haßte sein Grinsen.
«Du hast also nichts gemacht, damit du kein Kind kriegst?» fragte er plötzlich. «Ich habe nämlich nichts getan.»
«Nein», erwiderte sie leise, «ich hasse so etwas.»
Er sah sie an und starrte dann wieder mit diesem sonderbaren, bösen Grinsen zum Fenster hinaus. Gespanntes Schweigen herrschte.
Endlich wandte er sich ihr zu und sagte beißend:
«Deshalb also hast du dich mit mir zusammengetan – um ein Kind zu kriegen!»
Sie senkte den Kopf.
«Nein, das ist nicht der Grund», sagte sie.
«Was ist dann der Grund?» fragte er sarkastisch. Vorwurfsvoll sah sie zu ihm auf und sagte: «Ich weiß nicht.» Er brach in Gelächter aus.
«Dann hol mich der Teufel, wenn ich es weiß.»
Ein langes, kaltes Schweigen.
«Na schön», sagte er schließlich, «ganz, wie es Ihro Gnaden gefällt. Wenn du das Kind kriegst, soll es Sir Clifford gegönnt sein. Mir geht dabei nichts verloren. Im Gegenteil. Ich hab ein sehr nettes Erlebnis gehabt, ein sehr nettes, wahrhaftig!» Und er reckte sich in einem halb unterdrückten Gähnen. «Solltest du dich meiner bedient haben», sagte er, «so laß dir sagen, daß du nicht die erste damit bist. Und ich kann mich nicht erinnern, daß es je so angenehm war wie diesmal, wenn ich mir darauf auch nichts einbilden kann.» Er reckte sich zum zweitenmal so sonderbar, seine Muskeln zitterten, und seine Kiefer waren merkwürdig fest aufeinandergepreßt.
«Aber ich hab mich deiner nicht bedient», sagte sie flehend.
«Euer Gnaden ganz zu Diensten», kam seine Antwort.
«Nein», sagte sie, «ich liebte deinen Körper.»
«Ach!» sagte er, und er lachte. «Dann sind wir ja quitt. Ich liebte deinen nämlich auch.»
Mit seltsam verdunkelten Augen sah er sie an.
«Hast du Lust, jetzt raufzugehen mit mir?» fragte er sie mit zusammengeschnürter Stimme.
«Nein, nicht hier – nicht jetzt!» sagte sie benommen. Und doch wäre sie gegangen, wenn er nur die geringste Gewalt auf sie ausgeübt hätte, denn sie hatte keine Kraft gegen ihn.
Er drehte sein Gesicht wieder fort, und es war, als vergesse er, daß sie da war.
«Ich möchte dich berühren, wie du mich berührst», sagte sie, «ich habe dich niemals richtig berührt.»
Er sah sie an und lächelte wieder. «Jetzt?» fragte er.
«Nein, nein! Nicht hier – in der Hütte! Willst du?»
«Wie berühre ich dich?» fragte er.
«Wenn du mich anfaßt.»
Er sah sie an und begegnete ihren verhangenen, angstvollen Augen.
«Und hast du es gern, wenn ich dich berühre?» fragte er und lachte sie noch immer an.
«Ja. Und du?»
«Oh, ich!» Dann veränderte sich seine Stimme. «Ja», sagte er. «Du weißt das, ohne zu fragen.» So war es.
Sie stand auf und nahm ihre Kappe. «Ich muß gehen», sagte sie.
«Du willst schon gehen?» fragte er höflich.
Sie wünschte, er würde sie berühren, etwas zu ihr sagen, doch er schwieg und stand nur höflich wartend da.
«Danke für den Tee», sagte sie.
«An mir ist es, Euer Gnaden dafür zu danken, daß Sie mir die Ehre erwiesen haben, meinen Tee zu trinken», erwiderte er.
Sie ging den Gartenweg hinunter, und er stand unter der Tür und grinste. Flossie kam mit aufgerichtetem Schwanz angerannt. Und Connie mußte hinüber in den Wald – ganz benommen und schwer –, und sie wußte, daß er dort stand und ihr nachsah, mit diesem unbegreiflichen Grinsen im Gesicht.
Sehr niedergeschlagen und verärgert ging sie nach Hause. Ihr paßte gar nicht, was er gesagt hatte: daß sie sich seiner bedient hätte. Weil es in gewisser Hinsicht stimmte. Aber er hätte es nicht zu sagen brauchen. Und so war sie wieder hin und her gerissen zwischen zwei Empfindungen: dem Groll gegen ihn und dem Verlangen, sich mit ihm zu versöhnen.
Unruhig und gereizt saß sie beim Tee, und nachher ging sie sofort in ihr Zimmer hinauf. Doch auch dort ging es ihr nicht anders: sie konnte nicht stehen, nicht sitzen. Sie mußte etwas tun. Sie mußte zur Hütte gehen. Wenn er nicht da war – gut.
Sie schlüpfte
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