Lady Chatterley (German Edition)
ihr passiert! Sie werden sehen: sie wird sofort kommen, wenn der Regen aufgehört hat. Es ist nur der Regen, der sie aufhält.»
Aber Ihre Gnaden kamen nicht nach Hause, als der Regen aufhörte. Die Zeit verstrich, die Sonne kam hervor zu einem letzten gelben Blick, und noch immer keine Spur von Connie. Die Sonne ging unter, es wurde dunkel, und der erste Gongschlag zum Abendessen ertönte.
«So hat’s doch keinen Sinn!» sagte Clifford außer sich. «Ich werde Field und Betts hinausschicken, daß sie sie suchen.»
«Oh, tun Sie das nicht!» rief Mrs. Bolton. «Sie werden nur denken, es handelt sich um einen Selbstmord oder so was. Oh, geben Sie nur keinen Anlaß zum Klatsch – lassen Sie mich zur Hütte rübergehn und nachsehn, ob sie nicht da ist. Ich werde sie schon finden!»
So hatte Clifford ihr nach einigen Überredungskünsten erlaubt, zur Hütte zu gehen.
Und so war Connie ihr auf dem Reitweg begegnet, wo sie, allein und bleich, herumlief.
«Sie dürfen mir nicht übelnehmen, daß ich losgegangen bin, Sie zu suchen, Mylady! Aber Sir Clifford hat sich in einen so schlimmen Zustand hineingesteigert! Er war sicher, daß Sie von einem Blitz getroffen oder von einem umstürzenden Baum erschlagen worden sind. Und er war entschlossen, Field und Betts in den Wald zu schicken, damit sie die Leiche suchen. Und da dachte ich, daß es besser wäre, wenn ich losgehe, bevor die ganze Dienerschaft auf die Beine gebracht wird.»
Sie sprach nervös. Sie konnte auf Connies Gesicht noch den weichen, halb träumerischen Ausdruck der Leidenschaft sehen und ihre gegen sie gerichtete Gereiztheit fühlen.
«Natürlich», sagte Connie. Und mehr konnte sie nicht sagen.
Schweigend stapften die beiden Frauen durch die nasse Welt, während dicke Tropfen wie kleine Explosionen im Wald zersprangen. Als sie sich dem Park näherten, ging Connie mit großen Schritten voraus, und Mrs. Bolton keuchte ein wenig. Sie wurde fülliger.
«Wie töricht von Clifford, so viel Aufhebens zu machen!» sagte sie schließlich verärgert und im Grunde mehr zu sich selber.
«Ach, Sie wissen doch, wie die Männer sind! Es macht ihnen Vergnügen, sich so aufzuregen. Aber er wird sich schon beruhigen, sobald er Euer Gnaden sieht.»
Connie war wütend, daß Mrs. Bolton ihr Geheimnis wußte; denn ganz gewiß wußte sie es.
Plötzlich blieb Constance auf dem Weg stehen.
«Es ist ungeheuerlich, daß man mir so nachspioniert!» sagte sie, und ihre Augen sprühten.
«Oh, Euer Gnaden, sagen Sie das nicht! Er hätte todsicher die beiden Männer losgeschickt, und die wären dann geradewegs zur Hütte gekommen. Ich wußte nicht, wo sie war, wirklich nicht.»
Connie wurde bei dieser Anspielung noch roter vor Zorn. Doch solange sie in ihrer Leidenschaft gefangen war, konnte sie nicht lügen. Sie konnte noch nicht einmal so tun, als sei nichts zwischen ihr und dem Heger. Sie sah die andere Frau an, die listig dastand, mit geneigtem Kopf, doch in ihrer Weiblichkeit irgendwie verbündet.
«Ach, meinetwegen!» sagte Connie. «Wenn es so ist, dann ist es eben so. Mir ist es einerlei.»
«Ja, aber es ist doch alles in Ordnung, Mylady! Sie haben nur Schutz gesucht in der Hütte. Daran ist doch überhaupt nichts!»
Sie gingen weiter, dem Haus zu. Connie trat schnurstracks in Cliffords Arbeitszimmer – sie war wütend über ihn, wütend über sein bleiches, überreiztes Gesicht und die vorstehenden Augen.
«Ich muß sagen, ich halte es nicht für nötig, daß du die Diener hinter mir herhetzt!» brach sie los.
«Mein Gott!» explodierte er. «Wo bist du bloß gewesen? Seit Stunden und Stunden bist du weg – bei so einem Wetter! Was zum Teufel hast du dauernd in diesem verdammten Wald verloren? Was hast du vorgehabt? Der Regen hat schon seit Stunden aufgehört, seit Stunden! Weißt du, wie spät es ist? Du hast das Zeug, einen zum Wahnsinn zu treiben. Wo bist du gewesen? Was zum Teufel hast du gemacht?»
«Und was wäre, wenn ich es vorzöge, es dir nicht zu sagen?» Sie zog die Kappe vom Kopf und schüttelte ihr Haar.
Er sah sie an mit vorquellenden, sich gelb färbenden Augäpfeln. Es tat ihm nicht gut, in solche Wut zu geraten: Mrs. Bolton hatte dann noch tagelang große Mühsal mit ihm. Connie hatte plötzlich Gewissensbisse.
«Also, wirklich», sagte sie, milder jetzt, «jeder würde denken, ich sei wer weiß wo gewesen! Ich habe einfach in der Hütte gesessen während des ganzen Gewitters und mir ein kleines Feuer gemacht und war
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