Lady Chatterley (German Edition)
sich auf.
«Nein. Ich prahle nicht!» erwiderte sie.
Jedenfalls war sie erregt vom Gedanken an die Abreise, von dem Gefühl, daß die Bande rissen. Sie konnte sich nicht dagegen wehren.
Clifford konnte nicht schlafen und spielte die ganze Nacht mit Mrs. Bolton, bis sie fast umfiel vor Müdigkeit.
Und es näherte sich der Tag, an dem Hilda kommen sollte. Connie hatte mit Mellors ausgemacht, daß sie einen grünen Schal zum Fenster hinaushinge, wenn die Umstände günstig wären für ihre gemeinsame Nacht, sollte ihr Plan aber vereitelt werden, einen roten.
Mrs. Bolton half Connie beim Packen.
«Es wird Euer Gnaden so gut tun, mal eine Veränderung zu haben.»
«Das glaube ich auch. Es macht Ihnen nichts aus, mit Sir Clifford eine Weile allein fertig zu werden, nicht wahr?»
«O nein! Ich komme ganz gut mit ihm zurecht. Ich meine, ich kann alles ausrichten, was er von mir will. Finden Sie nicht, daß es ihm besser geht als früher?»
«Oh, viel besser! Sie vollbringen Wunder an ihm!»
«Wirklich? Aber Männer sind alle gleich: einfach Säuglinge. Man muß ihnen schmeicheln und gut zureden und sie in der Vorstellung lassen, daß sie ihren Willen durchsetzen. Sind Sie nicht auch der Meinung, Mylady?»
«Ich fürchte, ich habe nicht viel Erfahrung.»
Connie hielt inne in ihrer Beschäftigung.
«Und Ihr Mann – mußten Sie ihn auch wie einen Säugling behandeln und ihm gut zureden?» fragte sie und sah die andere an.
Mrs. Bolton hörte auch mit ihrer Arbeit auf.
«Na ja», sagte sie, «ich hab ihn auch oft ganz schön beschwatzen müssen. Aber er wußte immer, worauf ich aus war, das muß ich schon sagen. Gewöhnlich gab er mir nach.»
«Er hat nie den Herrn und Meister herausgekehrt?»
«Nein! Nur manchmal kam so ein bestimmter Ausdruck in seine Augen, und dann wußte ich, daß ich diesmal nachgeben mußte. Aber gewöhnlich hat er nachgegeben. Nein, er hat nie den Herrn und Meister herausgekehrt. Aber ich auch nicht. Ich hab immer gewußt, wenn ich nicht weitergehen durfte, und dann gab ich nach. Obwohl mich das manchmal eine ganze Menge gekostet hat.»
«Und wenn Sie ihm gegenüber einmal hart geblieben wären?»
«Oh, ich weiß nicht. Ich hab’s nie getan. Ich hab sogar nachgegeben, wenn er im Unrecht war und darauf bestand. Verstehen Sie, ich wollte auf keinen Fall das zerstören, was zwischen uns war. Und wenn man wirklich einem Mann den eigenen Willen entgegensetzt, dann macht man alles kaputt. Wenn man einen Mann gern hat, muß man ihm nachgeben, wenn er sich mal richtig in eine Sache verbissen hat; ob man nun im Recht ist oder nicht, man muß nachgeben. Oder man macht etwas kaputt. Aber ich muß sagen, Ted hat mir auch manchmal nachgegeben, wenn ich partout auf etwas aus war und dabei unrecht hatte. So tragen wohl beide ihr Teil bei, nehme ich an.»
«Und so sind Sie mit all Ihren Patienten?» fragte Connie.
«Oh, das ist was anderes. Mit denen geht es mir durchaus nicht so. Ich weiß, was gut für sie ist, oder ich versuche, es herauszufinden, und dann kriege ich es eben hin, sie zu ihrem eigenen Besten zu führen. Das ist nicht so wie bei jemandem, den man wirklich gern mag. Das ist etwas ganz anderes. Wenn Sie einmal einen Mann richtig gern gehabt haben, können Sie fast zu jedem Mann herzlich sein, wenn er Sie braucht. Aber es ist nicht dasselbe. Es rührt einen nicht wirklich an. Ich glaube, wenn man einmal wirklich geliebt hat, dann kann man wohl nie wieder wirklich lieben.»
Diese Worte erschreckten Connie.
«Glauben Sie, daß man nur einmal lieben kann?» fragte sie.
«Oder nie. Die meisten Frauen lieben niemals, fangen niemals damit an. Sie wissen nicht, was es bedeutet. Die Männer auch nicht. Aber wenn ich eine Frau sehe, die liebt, steht mein Herz still für sie.»
«Und glauben Sie, daß Männer leicht gekränkt sind?»
«Ja! Wenn man ihren Stolz verletzt. Aber sind Frauen nicht genauso? Nur sind diese beiden Arten von Stolz ein bißchen verschieden.»
Connie dachte darüber nach. Und wieder schlug ihr das Gewissen, weil sie wegfahren wollte. Denn ließ sie den Freund nicht sitzen – wenn auch nur für eine kurze Zeit? Und er wußte es. Und darum war er so merkwürdig und sarkastisch.
Dennoch! Die menschliche Existenz wird zu großen Teilen von der Maschinerie äußerer Umstände beherrscht. Connie war in der Gewalt dieser Maschinerie. Sie konnte sich ihr nicht so mir nichts dir nichts entziehen. Sie wollte es nicht einmal.
Hilda kam sehr pünktlich am
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