Lady Chatterley (German Edition)
Ich muß sowieso alles mit Hilda besprechen. Sie ist eine große Hilfe – so vernünftig.»
Er überdachte ihren Plan.
«Also ihr wollt zur Teezeit in Wragby aufbrechen, als wenn ihr nur mal nach London führt? Welchen Weg wollt ihr fahren?»
«Über Nottingham und Grantham.»
«Und dann soll deine Schwester dich irgendwo absetzen und du willst zu Fuß oder sonstwie hierher zurückkommen? Klingt mir reichlich gewagt.»
«Meinst du? Na, dann könnte Hilda mich zurückbringen. Sie könnte in Mansfield übernachten und mich am Abend hierher zurückbringen und mich am nächsten Morgen wieder abholen. Es ist ganz einfach.»
«Und die Leute, die dich sehen?»
«Ich setze mir eine Brille auf und nehme einen Schleier.»
Er überlegte eine Weile.
«Na schön», sagte er. «Du sorgst für dein Vergnügen, wie üblich.»
«Aber würde es für dich denn kein Vergnügen sein?»
«Oh, doch! Das wäre schon ein Vergnügen», sagte er ein wenig grimmig. «Warum soll ich nicht schmieden, solange das Eisen heiß ist?»
«Weißt du, was mir eingefallen ist», sagte sie plötzlich – «eben gerade ist mir der Gedanke gekommen: du bist der Ritter vom feurigen Stößel.»
«So! Und du? Bist du die Freifrau vom rotglühenden Mörser?»
«Ja!» sagte sie. «Ja! Du bist Sir Stößel, und ich bin Lady Mörser.»
«Na schön, dann bin ich geadelt. John Thomas ist Sir John – Lady Jane ganz zu Diensten.»
«Ja. John Thomas ist geadelt! Ich bin Mylady Jungfernhaar, und du mußt auch Blumen haben. Doch, doch!»
Sie steckte zwei rosa Feuernelken in den Busch rotgoldener Haare über seinem Penis.
«Da!» sagte sie. «Charmant! Wirklich charmant: Sir John!»
Und sie schob ein paar Vergißmeinnichtstengel in das dunkle Haar auf seiner Brust.
«Und du wirst mich da nicht vergessen, hörst du?» Sie küßte ihn auf die Brust und nistete ins Brusthaar über jeder Warze einen Stengel Vergißmeinnicht ein und küßte ihn wieder.
«Mach nur einen Kalender aus mir!» sagte er. Er lachte, und die Blumen wurden von seiner Brust geschüttelt.
«Warte eine Sekunde», sagte er.
Er stand auf und öffnete die Hüttentür. Flossie, die unter dem Vordach lag, stellte sich auf und sah ihn an.
«Ich bin’s nur», sagte er.
Der Regen hatte aufgehört. Nasse, duftschwere Stille hatte sich ausgebreitet. Der Abend war nah.
Er ging hinaus, den engen Pfad hinunter, der in eine dem breiten Reitweg entgegengesetzte Richtung führte. Connie sah seiner schmalen weißen Gestalt nach, und ihr war, als sei er ein Geist, eine Erscheinung, die sich von ihr fortbewegte.
Als sie ihn nicht mehr sehen konnte, wurde sie traurig. Sie stand unter der Hüttentür, in eine Decke gewickelt, und sah in die feuchtschwere, reglose Stille hinaus.
Doch er kam zurück, mit seltsam schwerem Schritt, und brachte Blumen. Sie fürchtete sich ein wenig vor ihm, fast als sei er kein menschliches Wesen. Und als er näher kam, sahen seine Augen in die ihren, doch sie konnte ihren Ausdruck nicht deuten.
Er hatte Akeleien mitgebracht und Feuernelken und Waldmeister und junge Eichenschößlinge und Geißblatt in kleinen Knospen. Er wand flaumige junge Eichentriebe um ihre Brüste und steckte Hyazinthensträußchen und Feuernelken dazwischen; und in ihren Nabel tauchte er eine rosa Nelkenblüte, und in ihrem Jungfernhaar waren Vergißmeinnicht und Waldmeister.
«Das bist du in deiner ganzen Pracht!» sagte er. «Lady Jane auf ihrer Hochzeit mit John Thomas.»
Und er steckte Blumen ins Haar seines eigenen Körpers und umwand seinen Penis mit einem kleinen Schlinggewächs und steckte eine einzelne Hyazinthenglocke in seinen Nabel. Belustigt betrachtete sie ihn in seiner seltsamen Versunkenheit. Und sie schob eine Feuernelke in seinen Bart, und da blieb sie hängen und baumelte unter seiner Nase.
«Das ist John Thomas bei der Hochzeit mit Lady Jane», sagte er. «Und wir müssen Constance und Oliver ihrer Wege gehen lassen. Vielleicht –»
Er breitete seine Hände in einer Geste aus, und dann nieste er, nieste die Blumen von seiner Nase und von seinem Nabel weg, nieste noch einmal.
«Vielleicht was? Sag zu Ende, was du sagen wolltest», drang sie in ihn.
«Hm, was wollte ich denn nur sagen?»
Er hatte es vergessen. Und es war eine der Enttäuschungen ihres Lebens, daß er nie zu Ende sprach.
Ein gelber Sonnenstrahl strich über die Bäume hin.
«Die Sonne!» sagte er. «Und Zeit, daß du gehst. Zeit, Euer Gnaden, Zeit! Was fliegt ohne Flügel, Euer Gnaden? Die Zeit!
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