Lady Chatterley (German Edition)
Michaelis! Beide waren sie, was die Sinne betraf, ein wenig hündisch und erniedrigend. Das höchste Vergnügen des Geistes! Was bedeutet das einer Frau? Was bedeutet es im Grunde dem Mann? Er wird nur schmierig und hündisch, sogar im Geist. Selbst um den Geist zu klären und zu beleben, bedarf es reiner Sinnlichkeit. Reiner, brennender Sinnlichkeit, nicht dieser schmierigen Verworrenheit.
Mein Gott, was für ein ungewöhnliches Ding das war – ein Mann! Hunde waren sie alle, die herumschwänzeln und schnüffeln und kopulieren. Einen Mann gefunden zu haben, der keine Furcht und keine Scham empfand! Sie sah ihn an, wie er jetzt schlafend dalag, einem wilden Tier im Schlaf gleich, weit davongetragen auf den Wellen dieser Entrücktheit.
Sie kuschelte sich an ihn, um ihm nicht fern zu sein.
Bis sein Erwachen den Schlaf von ihr nahm. Er saß aufrecht im Bett und sah auf sie herab. Sie sah ihre Nacktheit in seinen Augen und seine tiefe Kenntnis von ihr. Und es war, als ströme diese fließende, männliche Kenntnis von ihr aus seinen Augen zu ihr hin und hülle sie wollüstig ein. Oh, wie lustvoll und herrlich war es, Glieder und einen Leib zu haben, die noch schlafbefangen waren, durchflutet und schwer von Leidenschaft!
«Ist es Zeit aufzuwachen?» fragte sie.
«Halb sieben.»
Um acht mußte sie oben am Heckenweg sein. Immer, immer, immer dieser Zwang!
«Ich könnte Frühstück machen und es raufbringen, was meinst du?» fragte er.
«O ja!»
Flossie unten japste leise. Er stand auf, warf den Pyjama ab und rubbelte sich mit dem Handtuch. Wenn der Mensch voll Mut und Leben ist – wie schön ist er da! So dachte sie, als sie ihm schweigend zusah.
«Zieh die Vorhänge zurück, ja?»
Die Sonne schien schon auf die zarten grünen Blätter des Morgens, und ganz nah stand der Wald in bläulicher Frische. Sie richtete sich im Bett auf und schaute traumverloren zum Dachfenster hinaus, mit den nackten Armen die nackten Brüste zusammenpressend. Er kleidete sich an. Sie träumte vom Leben, von einem Leben mit ihm, einfach vom Leben.
Er ging, er floh vor ihrer gefährlichen, hockenden Nacktheit.
«Hab ich mein Nachthemd jetzt vollends verloren?» fragte sie.
Er schob die Hand unters Deckbett und zog das hauchdünne Seidenfetzchen hervor.
«Wußte ich’s doch – ich hab was Seidenes um meine Knöchel gespürt», sagte er.
Doch das Nachthemd war fast ganz zerrissen.
«Macht nichts!» sagte sie. «Es gehört sowieso hierher. Ich lasse es da.»
«Ja, laß es da, ich kann’s in der Nacht zwischen meine Beine legen, zur Gesellschaft. Es ist kein Name oder Monogramm drin, nicht?»
Sie zog das zerrissene Fetzchen über und sah weiter träumerisch zum Fenster hinaus. Es stand offen, die Morgenluft kam herein und Vogelgezwitscher. Ohne Unterlaß flogen Vögel vorbei. Dann sah sie Flossie umherstreifen. Es war Morgen.
Sie hörte, wie er unten das Feuer anmachte, Wasser pumpte, zur Hintertür hinausging. Allmählich zog der Duft nach gebratenem Speck herauf, und schließlich kam er mit einem riesigen schwarzen Tablett die Treppe hoch, das knapp durch die Tür ging. Er setzte das Tablett aufs Bett und goß den Tee ein. Connie kauerte in ihrem Nachthemd da und fiel hungrig über das Essen her. Er saß auf dem einen Stuhl, seinen Teller auf den Knien.
«Wie gut das ist!» sagte sie. «Wie hübsch, zusammen zu frühstücken!»
Er aß, ohne zu sprechen, seine Gedanken auf die Zeit gerichtet, die in Windeseile verstrich. Das brachte ihr alles wieder zurück.
«Oh, wie sehr ich wünsche, daß ich hier bei dir bleiben könnte und Wragby eine Million Kilometer weit weg wäre! Von Wragby gehe ich im Grunde weg. Du weißt das, nicht wahr?»
«Hm.»
«Und du versprichst mir, daß wir zusammen leben werden, daß wir ein gemeinsames Leben haben werden, du und ich! Du versprichst es mir doch?»
«Ja. Wenn wir können.»
«Ja. Und wir werden es tun! Wir werden , nicht wahr?» Sie beugte sich vor und verschüttete dabei den Tee und griff nach seiner Hand.
«Ja», sagte er und wischte den Tee weg.
«Es ist doch nicht mehr möglich, daß wir nicht zusammen leben werden, nicht wahr?» sagte sie flehend.
Mit einem flackernden Grinsen sah er zu ihr auf.
«Nein», sagte er. «Nur, du mußt in fünfundzwanzig Minuten aufbrechen.»
«Schon?» rief sie. Plötzlich hob er warnend den Finger und stand auf.
Flossie hatte einen kurzen, bellenden Laut ausgestoßen, dann drei durchdringende, scharfe Warntöne.
Stumm stellte er seinen
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