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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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sehen.»
    «Ich bekomme ein Kind.»
    Jeglicher Ausdruck starb auf seinem Gesicht, in seiner ganzen Erscheinung. Er sah sie an mit verdunkelten Augen, deren Blick sie nicht verstehen konnte: wie ein dunkelflammender Geist sah er sie an.
    «Sag, daß du dich freust!» bat sie und griff nach seiner Hand. Und sie sah, wie ein Jubel in ihm emporquoll. Aber er war niedergehalten von etwas, das sie nicht verstand.
    «Es ist wegen der Zukunft», sagte er.
    «Aber freust du dich nicht?» beharrte sie.
    «Ich hab solch ein schreckliches Mißtrauen gegen die Zukunft.»
    «Aber du brauchst dich nicht wegen irgendeiner Verantwortlichkeit zu sorgen. Clifford würde das Kind als sein eigenes aufnehmen – er würde sich freuen.»
    Sie sah, wie er blaß wurde und zusammenzuckte unter ihren Worten. Er antwortete nicht.
    «Soll ich zu Clifford zurückkehren und einen kleinen Baronet auf Wragby zur Welt bringen?» fragte sie.
    Er sah sie an, blaß und sehr fern. Das häßliche kleine Grinsen flackerte über sein Gesicht.
    «Und du mußt ihm nicht sagen, wer der Vater ist?»
    «Oh!» erwiderte sie. «Er würde es auch dann nehmen, wenn ich es wollte.»
    Er dachte eine Weile nach.
    «Hm», sagte er schließlich, wie zu sich selbst, «ich glaube, er brächte es fertig.»
    Schweigen. Zwischen ihnen war eine tiefe Kluft.
    «Aber du willst doch nicht, daß ich zu Clifford zurückgehe, nicht?» fragte sie.
    «Was willst du selbst?» fragte er dagegen.
    «Ich will mit dir leben», erwiderte sie einfach.
    Gegen seinen Willen rieselten kleine Flammen über seinen Leib, als er sie das sagen hörte, und er senkte den Kopf. Dann sah er sie wieder mit diesen gehetzten Augen an.
    «Wenn es dir so viel wert ist –», sagte er. «Ich habe nichts.»
    «Du besitzt mehr als die meisten Männer. Komm, du weißt das doch», erwiderte sie.
    «In einer Weise schon, das weiß ich.» Er schwieg eine Weile und dachte nach. Dann nahm er seinen Faden wieder auf: «Die Leute haben immer gesagt, ich hätte zu viel Feminines an mir. Aber das ist es nicht. Ich bin noch nicht feminin, weil ich nicht auf Vögel schieße oder weil ich kein Geld verdienen und nicht hochkommen will. Ich hätte leicht hochkommen können beim Militär, aber ich mochte das Militär nicht. Dabei kam ich mit den Leuten gut zurecht. Die mochten mich, und sie hatten eine Heidenangst vor mir, wenn ich aus der Haut fuhr. Nein, es war diese idiotische, stumpfsinnige höhere Befehlsgewalt, die das Militär tot machte – vollständig und blödsinnig tot. Ich mag Männer, und Männer mögen mich. Aber ich kann die alberne, wichtigtuerische Unverschämtheit der Menschen nicht ausstehen, die diese Welt in der Hand haben. Darum kann ich nicht weiterkommen. Ich hasse die Unverschämtheit des Geldes, und ich hasse die Unverschämtheit des Klassendünkels. Was habe ich also in der Welt, so wie sie ist, einer Frau zu bieten?»
    «Aber warum etwas bieten ! Es ist doch kein Geschäft. Wir lieben uns einfach», sagte sie.
    «Nein, nein! Es ist mehr als das. Leben ist Bewegung, Vorwärtsbewegung. Mein Leben läuft nicht in den richtigen Bahnen, will einfach nicht. Darum bin ich so was wie ein ungültiger Fahrschein – selbst eingebrockt. Und ich habe kein Recht, eine Frau in mein Leben zu holen, wenn mein Leben nicht irgendwas leistet und irgendwohin kommt – zumindest innerlich –, um uns beide aufrechtzuerhalten. Der Mann muß der Frau irgendeinen Sinn mitbringen, wenn sie ein Leben für sich führen wollen und sie eine echte Frau ist. Ich kann nicht einfach deine männliche Konkubine sein.»
    «Warum nicht?» fragte sie.
    «Weil ich es eben nicht kann. Und du würdest es bald satt haben.»
    «Als ob du mir nicht vertrauen könntest», sagte sie.
    Das Grinsen flackerte über sein Gesicht.
    «Das Geld gehört dir, die gesellschaftliche Stellung gehört dir, die Entscheidungen werden bei dir liegen. Ich bin schließlich nicht Myladys Beischläfer.»
    «Was bist du sonst?»
    «Du hast Grund zu fragen. Schwer zu sagen. Aber für mich selbst bin ich jedenfalls was. Ich sehe schon einen Sinn meines Daseins, wenn ich auch gut verstehen kann, daß niemand sonst ihn sieht.»
    «Und wird dein Dasein weniger Sinn haben, wenn du mit mir lebst?»
    Er schwieg eine lange Zeit, bevor er sagte:
    «Vielleicht.»
    Auch sie dachte darüber nach.
    «Und was ist der Sinn deines Daseins?»
    «Ich sage dir ja, es ist schwer zu sagen. Ich glaube nicht an die Welt, nicht ans Geld, nicht ans Vorwärtskommen, nicht an die Zukunft

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