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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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Wahrheit von mir wissen willst, mein Kind, hier ist sie. Die Welt geht weiter. Wragby besteht und wird weiter bestehen. Die Welt ist mehr oder minder eine feststehende Angelegenheit, und nach außen hin müssen wir uns ihr anpassen. Privatim, das ist meine ureigene Ansicht, können wir tun, was uns Vergnügen macht. Gefühle ändern sich. Dieses Jahr magst du den einen Mann gern haben und im nächsten einen andern. Aber Wragby bleibt bestehen. Halte dich an Wragby, solange Wragby zu dir hält. Und im übrigen tu, was dir gefällt. Aber du wirst sehr wenig davon haben, wenn du einen Bruch herbeiführst. Du kannst einen Bruch herbeiführen, wenn du Wert darauf legst. Du hast ein unabhängiges Einkommen – das einzige, was dich nie im Stich lassen wird. Aber du wirst nicht viel Gutes von dem Ganzen haben. Gib Wragby einen kleinen Baronet. Das ist immerhin amüsant.»
    Und Sir Malcolm lehnte sich zurück und lächelte wieder. Connie erwiderte nichts.
    «Hoffentlich hast du endlich einen richtigen Mann gehabt», sagte er nach einer Weile – sinnlich wach geworden.
    «Ja. Das ist es eben. Es gibt nicht viele davon», sagte sie.
    «Nein, weiß Gott nicht!» meinte er nachdenklich. «Es gibt nicht viele davon! Na, mein Kind, wenn man dich so ansieht, muß man sagen, er war ein glücklicher Mann. Er würde dir doch sicher keine Scherereien machen?»
    «O nein! Er läßt mir völlig meine Freiheit!»
    «Sehr richtig. Ein echter Mann würde das auch.»
    Sir Malcolm freute sich. Connie war seine Lieblingstochter, er hatte immer das Weibliche an ihr gern gehabt. An ihr war nicht so viel von ihrer Mutter wie an Hilda. Und er hatte Clifford nie gemocht. So freute er sich und war sehr zärtlich zu seiner Tochter, wie wenn das ungeborene Kind seines wäre.
    Er fuhr mit ihr zum Hotel Hartland und achtete darauf, daß sie es behaglich habe; dann fuhr er weiter zu seinem Club. Sie hatte seine Gesellschaft für den Abend ausgeschlagen.
    Sie fand einen Brief von Mellors vor. «Ich möchte nicht zu Dir ins Hotel kommen, aber ich warte auf Dich um sieben draußen vor dem ‹Golden Cock› in der Adam Street.»
    Da stand er dann, groß und schmal und so ganz anders: in einem strengen Anzug, aus dünnem dunklen Tuch. Er besaß eine natürliche Vornehmheit, aber er hatte nicht den Zuschnitt ihres Standes. Doch sie sah sofort, daß er sich überall zeigen konnte. Er besaß eine angeborene Noblesse, die so viel liebenswerter war als dieser konfektionierte Klassendünkel.
    «Ah, da bist du ja! Wie gut du aussiehst!»
    «Ja. Aber du gar nicht.»
    Besorgt sah sie ihm ins Gesicht. Er war hager, und die Backenknochen standen vor. Aber seine Augen lächelten sie an, und sie fühlte sich bei ihm geborgen. Das war es: plötzlich löste sich die Spannung in ihr, den Schein wahren zu müssen. Irgend etwas strahlte physisch von ihm aus, das ihr innerlich Ruhe gab und sie glücklich machte und geborgen. Mit dem wachen Instinkt einer Frau für Glück registrierte sie das sofort: ‹Ich bin glücklich, wenn er da ist.› Venedigs ganzer Sonnenschein hatte ihr nicht diese innere Weite und Wärme gegeben.
    «War es sehr scheußlich für dich?» fragte sie, als sie ihm gegenüber am Tisch saß. Er war zu mager; sie sah es jetzt. Seine Hand lag da, wie sie sie kannte – mit dieser seltsamen, gelösten Vergessenheit eines Tieres. Es verlangte sie so sehr danach, sie zu nehmen und zu küssen. Aber sie getraute sich nicht.
    «Die Leute sind immer scheußlich», erwiderte er.
    «Und hat es dich sehr getroffen?»
    «Es hat mich getroffen, wie mich so etwas immer treffen wird. Und ich wußte, ich war ein Narr, daß es mich so mitgenommen hat.»
    «Hast du dich wie ein Hund gefühlt, dem man eine Blechbüchse an den Schwanz gebunden hat? Clifford sagte, du seist ihm so vorgekommen.»
    Er sah sie an. Es war grausam von ihr in diesem Augenblick. Denn sein Stolz hatte bitterlich gelitten.
    «Wahrscheinlich tat ich das», sagte er.
    Nie erfuhr sie etwas von der wilden Erbitterung, mit der er Beleidigungen übelnahm.
    Eine lange Pause trat ein.
    «Und hast du Sehnsucht nach mir gehabt?» fragte sie dann.
    «Ich war froh, daß du das Ganze nicht miterleben mußtest.»
    Wieder entstand eine Pause.
    «Aber haben die Leute das von dir und mir geglaubt?» fragte sie.
    «Nein! Ich glaube, keinen Augenblick.»
    «Und Clifford?»
    «Ich würde sagen, nein. Er schob es beiseite, ohne darüber nachzudenken. Aber natürlich hatte er kein Interesse daran, mich noch länger zu

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