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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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grauenhaften England wirklich ausgelöscht war und daß das Auslöschen weitergehen würde, bis es nichts mehr auszulöschen gab. Fritchley hatte daran glauben müssen, Eastwood hatte daran glauben müssen, und Shipley würde daran glauben müssen: Squire Winters geliebtes Shipley.
    Connie machte einen kurzen Besuch auf Shipley. Das Parktor hinten öffnete sich ganz nah dem Schienenübergang der Grubenbahn, und die Shipley-Grube selbst lag gleich hinter den Bäumen. Das Tor stand offen, denn durch den Park führte ein öffentlicher Weg, und den benutzten die Bergleute. Überall im Park lungerten sie herum.
    Das Auto fuhr an den Zierteichen vorbei, in die die Grubenarbeiter ihre Zeitungen warfen, und schwenkte auf den Privatweg zum Haus ein. Es stand ein wenig höher und abseits, ein sehr ansehnlicher Stuckbau aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Es hatte eine schöne Eibenallee, die vormals einem noch älteren Haus entgegengewachsen war. Heiter breitete sich der Besitz hin, wie im Übermut blinkten seine georgianischen Fensterscheiben. Und hinter dem Haus dehnten sich herrliche Gärten.
    Connie gefiel das Innere dieses Hauses viel besser als das Wragbys. Es war lichter, lebendiger, vielgestalteter und eleganter. Die Zimmer waren mit cremefarben gelacktem Holz getäfelt, die Decken trugen einen zarten Goldfirnis, alles war in exquisiter Ordnung gehalten, und die gesamte Einrichtung war erlesen, ohne Rücksicht auf Kosten zusammengestellt. Sogar den Korridoren gelang es, weiträumig und voller Grazie zu sein, weich geschwungen und voll Leben.
    Leslie Winter war allein. Er hatte sein Haus vergöttert. Doch sein Park war umschlossen von seinen drei Bergwerken. In seinen Ideen hatte er sich sehr liberal gezeigt. Er hatte die Grubenarbeiter nahezu willkommen geheißen in seinem Park. Denn hatten die Bergleute ihm nicht sein Vermögen eingetragen? Und wenn er nun die ungeschlachten Männer in Scharen an seinen Ziergewässern lungern sah – nicht im privaten Teil des Parks, versteht sich, er zog da eine deutliche Linie –, pflegte er zu sagen: «Die Arbeiter sind vielleicht keine solche Zierde wie Rotwild, dafür aber weitaus einträglicher.»
    Aber das war in der – finanziell gesehen – goldenen zweiten Hälfte der Regierungszeit Königin Victorias. Bergarbeiter waren damals «wertvolle Kräfte» gewesen.
    Winter hatte diesen halb entschuldigenden Ausspruch auch vor seinem Gast, dem damaligen Prinzen von Wales, getan. Und der Prinz hatte in seiner gutturalen Sprechweise erwidert:
    «Sie haben vollkommen recht. Wenn unter Sandringham ein Kohlenlager wäre, würde ich auf den Rasenflächen eine Zeche anlegen und das als erstklassige Landschaftsgärtnerei betrachten. Ich bin durchaus bereit, um diesen Preis Rotwild gegen Bergleute einzutauschen. Und Ihre Männer sollen noch dazu sehr gut sein, habe ich mir sagen lassen.»
    Der Prinz hatte vielleicht eine etwas übertriebene Vorstellung von der Schönheit des Geldes und den Segnungen des Industrialismus gehabt. Gleichviel, der Prinz war König geworden, und der König war gestorben, und jetzt gab es wieder einen König, und dessen Hauptaufgabe schien es zu sein, Volksküchen zu eröffnen.
    Und die «wertvollen Kräfte» zingelten Shipley irgendwie ein. Neue Bergwerkssiedlungen wuchsen auf den Park zu, und der Squire hatte das unbestimmte Gefühl, daß dies eine ihm fremde Bevölkerung war. Er pflegte sich sonst auf eine zwar wohlwollende, doch ganz hoheitsvolle Weise als Herr seiner Domäne und seiner Arbeiter zu fühlen. Doch jetzt hatte unmerklich der neue Geist überhandgenommen und ihn verdrängt. Er gehörte jetzt nicht mehr hierher. Das ließ sich nicht wegleugnen. Die Gruben, die Industrie – sie hatten ihren eigenen Willen, und dieser Wille richtete sich gegen den Herrn und Besitzer. Alle Bergleute hatten teil an diesem Willen, und es war schwer, sich dagegen zu behaupten. Er trieb einen entweder aus dem Ort hinaus oder gleich ganz aus dem Leben.
    Squire Winter, ein Soldat, hatte standgehalten. Aber es freute ihn nicht mehr, nach dem Abendessen einen Spaziergang durch den Park zu machen. Er versteckte sich nahezu im Haus. Einmal hatte er Connie barhäuptig, in Lackschuhen und violetten Seidensocken bis zum Tor begleitet und sich währenddessen mit ihr auf seine artige Weise – mit vielem ähem – unterhalten. Doch als sie an den kleinen Gruppen der Grubenarbeiter vorbeigehen mußten, die dastanden und einfach nur glotzten, ohne zu grüßen oder sonst irgend

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