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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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Bett, hatte den kleinen Tisch mit der Schreibmaschine beiseite geschoben, und der Heger stand in dienstlicher Haltung am Fußende des Bettes. Flossie lief herein. Mit einer leisen Bewegung des Kopfes und einem strengen Blick schickte Mellors sie wieder zur Tür, und sie schlich hinaus.
    «Oh, guten Morgen, Clifford», sagte Connie. «Ich wußte nicht, daß du so beschäftigt bist.» Dann sah sie zum Heger und wünschte auch ihm einen guten Morgen. Er murmelte eine Erwiderung und sah zerstreut zu ihr hinüber. Doch sie spürte, wie ein Hauch von Leidenschaft sie anwehte – durch seine bloße Gegenwart.
    «Habe ich dich gestört, Clifford? Das tut mir leid.»
    «Nein, es ist nichts von Wichtigkeit.»
    Sie ging wieder aus dem Zimmer, hinauf in den blauen Salon des ersten Stocks. Dort saß sie am Fenster und sah ihm nach, als er die Auffahrt hinabging, mit seinem eigentümlichen, stillen Gang, wie wenn er sich aus dem Sichtbaren tilgen wolle. Er hatte eine natürliche, ruhige Vornehmheit, einen fernen Stolz und etwas Zartes, Hinfälliges im Aussehen. Ein Untergebener! Einer von Cliffords Untergebenen! «Nicht durch die Schuld der Sterne, lieber Brutus, durch eigne Schuld nur sind wir Untergebene.»
    War er ein Untergebener? War er das? Was dachte er von ihr ?
    Die Sonne schien, Connie arbeitete im Garten, und Mrs.   Bolton half ihr dabei. Aus irgendeinem Grund waren die beiden Frauen einander nahegekommen – im unerklärbaren Fluten und Ebben der Sympathie, das zwischen den Menschen besteht. Sie pflanzten Nelken und setzten kleine Stecklinge für den Sommer. Es war eine Arbeit, die ihnen beiden Spaß machte. Besonders Connie empfand großes Vergnügen, die weichen kleinen Wurzeln junger Pflanzen in die sanfte schwarze Erde zu betten und fest zuzudecken. Und an diesem Frühlingsmorgen fühlte sie ein Beben in ihrem Schoß, als hätte der Sonnenschein ihn berührt und ihn glücklich gemacht.
    «Es ist wohl viele Jahre her, seit Sie Ihren Mann verloren haben?» fragte Connie Mrs.   Bolton, als sie die nächste kleine Pflanze nahm und sie in die Erde setzte.
    «Dreiundzwanzig», sagte Mrs.   Bolton, und sorgsam trennte sie die jungen Akeleien voneinander. «Dreiundzwanzig Jahre, seit sie ihn heimgebracht haben.»
    Connies Herz zuckte zusammen bei der furchtbaren Endgültigkeit dieses Wortes: «heimgebracht».
    «Warum mußte er umkommen?» fragte sie. «Er war glücklich mit Ihnen?»
    Es war die Frage einer Frau an eine Frau. Mrs.   Bolton strich sich mit dem Handrücken eine Strähne aus dem Gesicht.
    «Ich weiß es nicht, Mylady. Er wollte sich, glaube ich, nicht in die Gegebenheiten schicken – er wollte sich nie richtig den anderen anschließen. Und außerdem, er haßte es wie nichts auf der Welt, den Kopf einzuziehen. Er war von einer Starrköpfigkeit, mit der man eben umkommen muß . Wissen Sie, im Grunde war ihm alles gleich. Ich geb dem Bergbau die Schuld. Er hätte niemals in die Grube runter dürfen. Aber sein Vater hat ihn dazu gezwungen, als er noch ein Junge war. Und wenn man dann erst mal über zwanzig ist, ist es nicht leicht, wieder rauszukommen.»
    «Hat er gesagt, daß er diese Arbeit haßte?»
    «O nein, niemals! Er hat’s nie gesagt, wenn er etwas haßte. Er machte nur ein komisches Gesicht. Er war einer von denen, die keine Rücksicht auf sich selber nehmen: wie die ersten jungen Burschen, die so fröhlich in den Krieg gezogen sind und vom Fleck weg getötet wurden. Er setzte sein Leben nicht mutwillig aufs Spiel; es war ihm eben nur gleichgültig. Ich hab immer zu ihm gesagt: ‹Du scherst dich um nichts und niemand.› Aber das stimmte nicht! Die Art, wie er dasaß, als mein erstes Kind zur Welt kam – ohne sich zu rühren. Und mit was für schicksalsvollen Augen er mich angesehen hat, als es vorbei war! Es hat mich böse mitgenommen, aber ich hab ihn trösten müssen. ‹Es ist doch alles in Ordnung, Junge, es ist ja alles gut!› hab ich ihm gesagt. Und er hat mich angesehen und mich auf seine komische Art angelächelt. Er hat niemals etwas gesagt. Aber ich glaube trotzdem, daß er von da an nachts kein richtiges Vergnügen mehr an mir gehabt hat – er ließ sich nicht mehr gehen. Ich habe ihm immer gesagt: ‹Nu mach doch, Junge, kümmer dich um nix!› – ich hab manchmal mit ihm so geredet, wie es hier üblich ist. Und er hat nichts geantwortet. Aber er wollte sich nicht gehenlassen, oder er konnte nicht. Er wollte nicht, daß ich noch mehr Kinder bekäme. Ich hab die Schuld daran immer

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