Lady Chesterfields Versuchung
Versuchung zu führen vermochte, sie würde sich nicht gestatten, seinem Zauber zu erliegen. Sie waren Bekannte und weiter nichts. Auf dem Schiff würde sie ihm eben aus dem Weg gehen müssen. Um jeden Preis.
Diese Nacht träumte sie von Lieutenant Thorpe. Genauer gesagt, von seinem Mund, der so wundervolle Gefühle in ihr erweckt hatte. Sie erwachte noch vor der Morgendämmerung und spürte, wie ihre Haut vor Verlangen prickelte. Das schlichte Baumwollnachthemd war ihr über die Schenkel hochgerutscht, und mit wild pochendem Herzen wartete sie, dass ihr Pulsschlag sich wieder beruhigte.
Ein silbriger Lichtstrahl, den der Mond auf ihre Bettdecke warf, erinnerte sie an die Nacht, die sie vor Kurzem in den Armen des Lieutenants verbracht hatte. Sie legte sich die Hände auf den Bauch und versuchte, ruhig zu atmen.
Als sie die Hand zu ihrer Kehle hob, streifte sie ihre Brüste. Augenblicklich richteten sich die Spitzen auf, und wieder musste Hannah an den Kuss denken, den sie mit Lieutenant Thorpe getauscht hatte. Sie umfasste ihre Brüste, und die Knospen wurden so hart, dass es beinahe schmerzte.
Genau dort hatte der Lieutenant sie berührt, und sie war wie berauscht gewesen. Auch jetzt begann das Verlangen wieder in ihr zu pochen, und heftig atmend presste sie die Beine zusammen. Sie begann, ihre Brustspitzen mit sanftem Druck zu massieren, und merkte, dass sie feucht wurde zwischen den Schenkeln. Die Empfindungen waren unendlich erregend und vollkommen neu. Sie klemmte sich die Decke fest zwischen die Schenkel im Verlangen nach etwas, für das sie keinen Namen hatte.
Aber bei Gott, sie wollte mehr darüber erfahren! Der Lieutenant hatte ihr einen Vorgeschmack auf die Sünde gegeben und sie voller Verlangen und Neugierde zurückgelassen.
Sie wusste, dass sie diese Empfindungen nicht haben durfte. Aber mit der Zeit würde sie sie gewiss wieder vergessen. Würde Lieutenant Michael Thorpe vergessen. Weil es ohnehin keine andere Möglichkeit gab.
8. KAPITEL
M ichael stand an Bord der Orpheus und starrte auf das trübe Wasser hinaus. Die Segler, die er kannte, waren mit ihren höchstens vierzig Metern Länge wesentlich kleiner als das Dampfschiff, an dessen Reling er stand. Die Orpheus hatte mindestens die vierfache Länge.
Aus dem Schornstein des Sechsmasters quoll Rauch. Die Segel waren gerefft, und die Holzplanken des Decks glänzten wie neu. Die Taue der Takelage sahen aus, als wären sie so dick wie seine Handgelenke, und an allen sechs Masten reichten Strickleitern in die Höhe – Webleinen, wie die Seeleute sie nannten. Das Steuerhaus achtern war ringsum mit Glasscheiben versehen. Die Orpheus befand sich auf Jungfernfahrt und war in allerbestem Zustand.
Es war ein seltsames Gefühl, als Passagier erster Klasse zu reisen.
Michael zog an den Ärmeln seines neuen zweireihigen schwarzen Gehrocks. Obwohl er maßgeschneidert war, fühlte er sich unwohl in dem teuren Kleidungsstück. Er strich über den Schalkragen und die Krawatte und sehnte sich nach seiner gewohnten Garderobe zurück, die nicht drei Mal so viel gekostet hatte, wie sein Sold in einem Jahr betrug.
Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, sein Äußeres zu verändern, doch der Graf hatte darauf bestanden. „Falls Sie tatsächlich ein Spross der Herrscherfamilie sind, müssen Sie sich entsprechend kleiden. Niemand wird Sie sonst als Sohn Fürst Georgs anerkennen.“
„Möglicherweise bin ich gar nicht sein Sohn.“
Doch schließlich hatte er dem Wunsch des Grafen nachgegeben, da er ansonsten nur seine Militäruniform besaß. Von Reischor hatte darauf bestanden, dass Michael als vornehmer Aristokrat auftrat, und nicht versäumt, ihn darauf hinzuweisen, dass seine Kooperation dazu beitragen würde, die Lebensumstände der englischen Soldaten zu verbessern.
Michael besah sich die Manschetten seines Gehrocks und fühlte sich angesichts der Annehmlichkeiten, die ihm auf dieser Reise zuteilwurden, schuldig, wenn er an seine hungernden Kameraden auf der Krim dachte. Er verdiente weder feine Garderobe noch ein luxuriöses Quartier auf diesem nagelneuen Dampfschiff, das nach Bremerhaven fuhr.
Warte auf den rechten Augenblick, ermahnte er sich im Stillen, als sein Blick auf die glänzenden Knöpfe des Gehrocks fiel. Der Graf hatte ihm eine komplett neue Ausstattung anfertigen lassen, die er gegebenenfalls wieder verkaufen konnte, und ihm außerdem eine hohe Geldsumme zur Verfügung gestellt, die er nach ihrer Ankunft in Lohenberg für weitere
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