Lady Daphnes Verehrer
es einfach tun muss; weil es feige wäre, es nicht zu tun«, sagte er schließlich.
Er hatte nicht gesagt, dass er es nicht bereute. Vielleicht überkam ihn manchmal Bedauern, wenn er sich gestattete, an die Geschichte zurückzudenken. Wie in diesem Moment.
Nun verstand sie seinen tiefen Zorn auf Latham besser. Dass er nie vergehen würde, machte sie traurig. Castleford würde Latham niemals langweilig finden oder ihm gleichgültig gegenüberstehen.
Doch er hatte recht. Manche Dinge musste man einfach tun, sonst war man ein Feigling. Wahrscheinlich war es ganz normal, den Menschen zu hassen, der einem diese Entscheidung aufzwang, besonders wenn derjenige darauf lauerte, dass man sich erniedrigte.
Sie stützte sich auf und küsste ihn, um die Erinnerungen an jene Nacht zu vertreiben, die in seinem Kopf herumspukten. Sie setzte ihr ganzes Können ein, um ihn abzulenken. Nach einer Weile gelang es ihr auch, und er schien ihr sehr dankbar für ihre Bemühungen zu sein.
25
Am Nachmittag des nächsten Tages verließ Daphne das Haus, um vor ihrer Rückkehr nach Cumberworth ihre Freundinnen zu besuchen. Castleford beschloss, während ihrer Abwesenheit an seinem Manuskript zu arbeiten. Da es fast fertig war, beschäftigte er sich nun auch mit der Frage, welchen Buchdrucker er beauftragen sollte.
Er stellte gerade eine Liste von Druckereien zusammen, die dem Gegenstand seines Werks möglicherweise zugeneigt waren, als Albrightons Karte heraufgebracht wurde. Er hatte zwar nicht mit seinem Besuch gerechnet, aber weil er sich über die Ablenkung freute, wies er den Diener an, Albrighton in sein Ankleidezimmer zu bringen.
Nachdem sie sich eine Stunde lang über Politik unterhalten hatte, ebbte das Gespräch ab, und Albrighton verfiel in Schweigen. Castleford fragte sich, ob er nach einem Thema suchte, das für eine höfliche Konversation geeignet war.
»Willst du dir die Zeit vertreiben, bis deine Frau mit dem Damenkränzchen fertig ist, Albrighton? Dafür gibt es Schenken und Kaffeehäuser, aber du kannst gern hierbleiben und ein Buch lesen, wenn du willst.«
Albrighton lächelte matt. »Eigentlich denke ich darüber nach, wo die Grenzen der Freundschaft liegen und wann man sie überschreitet.«
»Merkwürdig, dass du dir darüber Gedanken machst. Wenn es um meine Freundschaft geht, warum lässt du mich nicht darüber entscheiden?«
Albrighton sah ihn an. »Du mischst dich bekanntlich nach Belieben in das Leben von Freunden ein.«
»Nur zu ihrem Besten.«
»Nur um deine Neugier zu befriedigen, meinst du wohl.«
»Bist du immer noch verärgert deswegen? Es ist doch sehr gut gelaufen. Du solltest dankbar sein, statt die alten Geschichten wieder auszugraben.«
»Und wenn es nicht gut gelaufen wäre? Sollte ein Freund froh sein, die Wahrheit zu erfahren, auch wenn sie unangenehm ist?«
»Ich muss sagen, Philosophie ist nichts für dich. Allmählich regst du mich auf. Um was geht es eigentlich?«
»Hawkeswell hatte recht. Unsere Frauen führen etwas im Schilde. Und das, was da im Gange ist, ist genau jetzt im Gange.«
Castleford hatte Hawkeswells Verdacht keine weitere Beachtung geschenkt. Auch Summerhays hatte vielleicht mehr in den Briefwechsel der Frauen hineininterpretiert, als da wirklich war. Albrighton hingegen war ein versierter Ermittler. Wenn er glaubte, dass etwas im Gange war, dann stimmte es wahrscheinlich auch.
»Du scheinst besorgt zu sein. Ist es gefährlich?«
»Nein, ich denke nicht. Zumindest nicht im Augenblick.«
»Das klingt nicht sehr beruhigend. Vielleicht solltest du dich mit den Ehemännern der anderen Frauen besprechen.«
»Um sie geht es letzten Endes gar nicht, dessen bin ich mir sicher. Es dreht sich alles um Mrs Joyes.«
Verflucht noch eins. »Dann will ich dich aus deiner philosophischen Zwickmühle befreien. Du wirst es mir sofort anvertrauen. Auf der Stelle!«
»Ich werde dir so viel sagen, wie ich kann. Als Erstes solltest du Folgendes wissen: Meine Frau ist jetzt gerade nicht bei einem Damenkränzchen. Sie hat mich gebeten, pünktlich um drei Uhr wieder zu Hause zu sein. Sie hat mehrmals darauf gepocht. Ich nehme an, sie wird um drei Uhr plötzlich irgendwohin müssen und mich bitten, sie zu begleiten.«
»Sehr merkwürdig.«
»Noch merkwürdiger ist, dass ich Hawkeswell gesehen habe, bevor ich herkam. Auch ihn hat man gebeten, um drei Uhr wieder zurück zu sein, und auch seine Frau ist noch zu Hause.«
»Vielleicht führen Daphne und Lady Sebastian ja ein vertrauliches
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