Lady Daphnes Verehrer
Besserung ein Ende findet.«
»Es ist schrecklich, wenn ein Mann nicht vor Mittag durch die Stadt reiten kann, ohne dass ihn ein Freund beleidigt, indem er ihm Tugendhaftigkeit unterstellt.«
»Ich habe dir keine Tugendhaftigkeit unterstellt. Ich sprach von einer Farce, von vorgetäuschter Tugendhaftigkeit. Willst du etwa abstreiten, dass dein ungewöhnliches Verhalten die Folge davon ist, dass du Mrs Joyes noch nicht erobern konntest? Und dass du dich, sobald du sie eines Tages erobert hast, wieder den Huren und dem Alkohol widmen wirst?«, erwiderte Hawkeswell. »Warum gibst du nicht auf und gestehst dir ein, dass es eine Frau auf der Welt gibt, die dich nicht faszinierend, sondern völlig inakzeptabel findet, und genießt einfach wieder dein Leben?«
Ja, warum eigentlich nicht? Castleford zog es vor, nicht auf die Fragen seines Freundes einzugehen, aber es war beileibe nicht so, als hätte er sie sich noch nie gestellt.
Er wollte Hawkeswell keine Gelegenheit geben, darüber zu spotten, dass er keine Fortschritte mit Mrs Joyes machte, und so legte er seinen ersten Halt beim Juweliergeschäft Phillip ein.
Da Hawkeswell ihm in den Laden folgte, wurde ihm das Vergnügen zuteil, beobachten zu können, wie der Inhaber nervös wurde, errötete und fast in Ohnmacht fiel, als einer seiner wichtigsten Kunden zum ersten Mal in der Geschichte ihrer Geschäftsbeziehung einen Fuß über seine Schwelle setzte.
Hawkeswell schaute ihm über die Schulter, als Phillip die Ohrringe präsentierte. Sie beeindruckten ihn sichtlich, was bedeutete, dass sie Mrs Joyes sicherlich auch beeindrucken würden.
»Perfekt«, sagte Castleford. »Vergessen Sie nicht, einen angemessenen Aufschlag dafür zu berechnen, dass Sie sie so rasch anfertigen mussten.«
Phillip packte die hübsche Schatulle ein, während Castleford in seinem Sessel wartete. Hawkeswell sah ihn stirnrunzelnd an.
»Sind die für Mrs Joyes? Sie müssen ein kleines Vermögen wert sein.«
»Ein beträchtliches Vermögen, um genau zu sein.«
»Vielleicht reagiert sie gekränkt, weil sie denkt, du wolltest sie kaufen.«
»Mit Diamanten kann man Frauen nicht kränken. Ein wenig vielleicht, wenn es sich um eine Frau wie Mrs Joyes handelt, aber meiner Erfahrung nach überwinden sie ihr Misstrauen ungeheuer schnell.« Er nahm das kleine Päckchen von Phillip entgegen. »Abgesehen davon hat sie die Ohrringe bereits angenommen, also kann sie jetzt nicht gekränkt sein.«
Das beeindruckte Hawkeswell nur noch mehr. So sehr, dass er nach dem Verlassen des Juweliergeschäfts nicht seiner eigenen Wege ging.
»Willst du mich etwa auch zum Schneider begleiten?«, fragte Castleford.
»Weston trifft womöglich der Schlag, wenn du hereinkommst, und dann braucht er vielleicht Hilfe. Weißt du überhaupt, wo sein Laden ist?«
Natürlich wusste er das. Sein Butler hatte ihm schließlich die Adresse genannt.
Gegen zwei Uhr nachmittags war Castleford mit seinen Erledigungen fertig. Nachdem die Schau vorbei war, verabschiedete sich Hawkeswell endlich von ihm, um zu seiner Verabredung im White Swan zu gehen. Castleford überlegte, was zum Teufel er in den drei Stunden tun sollte, bis er Daphne um fünf Uhr wiedersah.
Er konnte einen seiner Clubs aufsuchen, aber in letzter Zeit waren alle in Aufregung wegen des unvermeidlichen Aufstands im Norden. Er glaubte nicht, dass er diesem Geschwätz lange lauschen konnte, ohne den Männern zu sagen, dass sie Idioten waren. Das würde wahrscheinlich einen Streit nach sich ziehen, bei dem es möglicherweise zu Beleidigungen kam, die wiederum zu einer Herausforderung zum Duell führen konnten.
Und wie es zurzeit bei ihm lief, würde er wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben ein Duell verlieren und am Ende einen Schuss in die Eier kassieren. Dann wäre der Bruch mit seinen Gewohnheiten in dem Bemühen, Mrs Joyes zu verführen, völlig für die Katz gewesen.
Statt einen Club zu besuchen, konnte er auch nach Hause zurückkehren und an seinem Manuskript weiterarbeiten. Aber die Freude daran hatte sie ihm auch schon verdorben.
Ihm war aufgefallen, dass er sich neuerdings beim Schreiben auf Euphemismen und poetische Anspielungen verlegte, die eine Frau wie Mrs Joyes nicht allzu sehr in Verlegenheit brächten, falls sie das Buch zufällig zur Hand nahm und darin las.
Das Ergebnis war, wenn er das Kapitel, das er gerade in Arbeit hatte, objektiv und kritisch betrachtete, ziemlich langweilig, verwaschen und furchtbar schlecht – dabei hatte er doch
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