Lady Daphnes Verehrer
Akten ist kein Hauptmann Joyes verzeichnet, der im Krieg gefallen ist«, sagte er geradezu behutsam. »Hat es ihn überhaupt gegeben? Waren Sie je verheiratet?«
Sie verfluchte ihn im Stillen für seine Neugier und sich selbst dafür, dass sie so naiv gewesen war, zu glauben, sie könne ihn entmutigen, indem sie ihn hinhielt.
Und was nun? Würde der heutige Tag seine Faszination noch steigern oder tatsächlich dämpfen?
»Sie antworten nicht«, sagte er. »Ich denke, ich sollte mich geschmeichelt fühlen, dass Sie mich nicht mehr belügen wollen.«
»Sie hätten nicht nachforschen dürfen.« Zorn wallte in ihr auf, und am liebsten hätte sie nach ihm geschlagen. »Sie tun so etwas doch nur, um sich die Zeit zu vertreiben.«
»Ich stelle Nachforschungen an, wann immer die Neugier mich packt. Ich glaube, ich weiß, wie sich alles zugetragen hat. Ich weiß nur nicht, ob es jemals einen Hauptmann Joyes gegeben hat und ob Sie je verheiratet waren oder es am Ende noch sind.«
Er glaubte alles zu wissen, aber wenn es tatsächlich so wäre, hätte er an dieser Stelle viel mehr gesagt. Erleichtert bemühte sie sich, ihren Zorn zu mäßigen.
»Nein«, sagte sie. »Ich war nie verheiratet.«
Ihm war anzusehen, dass er nichts anderes vermutet hatte.
»Latham wusste Bescheid, nicht wahr?«, sagte er. »Er wusste von Ihnen und seinem Vater. Und er gedenkt nicht nur im Oberhaus den Platz seines Vaters einzunehmen. Deshalb dürfen Sie ihn nicht mehr empfangen. Tun Sie es trotzdem, wird es mich dazu verleiten, ihn zum Duell zu fordern, aber es wäre besser, wenn ich ihn nicht Ihretwegen töte.«
»Ich glaube, keiner von Ihnen beiden würde sich meinetwegen zu so einem Schauspiel hinreißen lassen und dazu, derart um meine Gunst zu buhlen.«
»Ich weiß nicht, wozu ich mich hinreißen lassen würde, da ich Ihre Gunst noch nicht vollständig genossen habe. Aber es ist gut möglich, dass ich es in ein paar Tagen äußerst übel aufnehmen werde, wenn ein anderer Mann, und noch dazu Latham, versucht, Sie mir auszuspannen.«
In ein paar Tagen. Er schien also davon auszugehen, dass er nicht einmal eine Woche dafür brauchen würde, die ärztlichen Bescheinigungen zu besorgen.
Und was noch schlimmer war: Er sprach von einer Faszination, die nicht mit dem Sieg erlosch, sondern danach noch wuchs.
Sie hatte jahrelang fast im Verborgenen gelebt, und nun drohte das Interesse dieses Mannes ihre sorgsam gehütete Privatsphäre zu zerstören.
Sie schloss die Augen, als er sie erneut zu liebkosen begann, und streckte sich genießerisch auf dem großen Sultansbett aus. Sie hielt sich dazu an, jedes Wonnegefühl ganz und gar auszukosten, das er ihr bereitete, während er sie streichelte und küsste, und ließ sich fallen.
Doch als sie vor Glück aufschrie, als sie den Gipfel der Lust erreichte, befiel sie zugleich eine gewisse Traurigkeit. Sie hatte sich ihm mehr hingegeben als jemals zuvor, weil sie es nicht noch einmal wagen würde, es zu tun.
Sie ging, als der Abend dämmerte. Als sie in Summerhays’ Kutsche zurück in die Park Lane fuhr, war sie noch nicht bereit, darüber nachzudenken, was für einen großen Fehler sie gemacht hatte. Stattdessen gingen ihr Castlefords Anordnungen in Bezug auf Latham durch den Kopf.
Er hatte zwar seiner Sorge um sie Ausdruck verliehen, doch er gehörte im Grunde auch zu denen, die Latham schützten. Auch wenn sie heute keine Freunde mehr waren, so war die Vergangenheit – die Jugendstreiche und die gemeinsamen Sünden als junge Männer – nicht ohne Bedeutung. Und wahrscheinlich hielten Herzöge ohnehin immer zusammen. Ein Angriff auf einen von ihnen schwächte schließlich ihrer aller Macht.
Die Adeligen hatten ein starkes persönliches Interesse daran, dass einer sich um den anderen kümmerte. Dass Latham mit ihm verwandt war, würde diese Neigung bei Castleford nur verstärken.
Wie schlecht er auch von Latham dachte, er würde niemals gegen ihn Stellung beziehen. Und es würde auch kein Duell zwischen ihnen geben, schon gar nicht ihretwegen.
Was bedeutete, dass sie, falls sie jemals den Mut aufbrachte, Latham für die Vergangenheit büßen zu lassen, Castleford besser nicht über ihre Pläne informierte.
In ihrem Gemach angekommen, rief sie nicht nach dem Mädchen, sondern zog sich allein aus. Sie wollte niemanden um sich haben. Nachdenklich setzte sie sich an den Frisiertisch, um ihre Haare zu lösen.
Links und rechts von ihrem Gesicht funkelten zwei Sterne im Spiegel. Sie trug immer
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