Lady Daphnes Verehrer
aufgrund ihrer Herkunft zustand.
Castleford machte Konversation. Er stellte keine neugierigen Fragen, doch er bekam genug über Margarets Vergangenheit heraus, um seinen Verdacht zu bestätigen, dass sie als Dienstmädchen bei Becksbridge gearbeitet hatte.
»Dann haben Sie sich also dort angefreundet«, sagte er.
Margaret gefror das Lächeln im Gesicht.
»Ja«, sagte Daphne. Wenn schon eine von ihnen lügen musste, wollte sie es tun, denn diese Unannehmlichkeiten waren wahrlich nicht Margarets Schuld. Und sie hatte auch kein schlechtes Gewissen wegen ihrer Antwort. Der Herzog konnte so neugierig sein, wie er wollte, aber sie waren ihm keine Erklärungen schuldig.
»Mrs Rolland, haben Sie in etwa eine Vorstellung, wie viele Menschen heute nach Manchester gezogen sind?«, fragte er, um das Thema zu wechseln.
Margaret sah ihn skeptisch an. »Fragen Sie als Mitglied der Regierung?«
»Ich frage als Mann, der in ein beinahe menschenleeres Dorf gekommen ist. Wenn es überall in der Region so aussieht, müssen Unmengen von Menschen in der Stadt versammelt sein.«
»Viele Tausende«, sagte sie. »In den Webereien steht heute alles still.«
»Ein solcher Volksauflauf kann an sich schon gefährlich werden. Warum sind auch die Frauen mitgegangen?«
»Sie arbeiten schließlich in den Webereien, nicht wahr? Sie kämpfen für sich selbst, für ihre Männer und die Zukunft ihrer Kinder.«
Daphne sah wieder das Feuer in Margarets Augen. Es brannte schon, seitdem sie eingetroffen war. Margaret hatte ein gutes Herz und nahm großen Anteil an der Notlage ihrer Nachbarn.
»Sie sollten wissen, Hoheit, dass ich die Ziele der Demonstranten befürworte. Ich arbeite zwar nicht in einer Fabrik, kenne aber viele Frauen, die es tun. Mit einigen von ihnen bin ich sehr gut befreundet«, sagte Margaret.
»Kennen Sie auch welche, die sogenannte Unterstützungsvereine gegründet haben?«, fragte er.
»Ein paar. Aber diese Vereine dienen lediglich der Absicherung und Geselligkeit. Sie haben nichts zu tun mit …«
»Mrs Rolland, jeder in der Regierung weiß, dass die Unterstützungsvereine ein Schwindel sind und gegründet werden, um das Verbot von Gewerkschaften und radikalen politischen Gruppierungen zu umgehen. Da dies für die von Männern gegründeten Vereine gilt, wird es wohl auch für die zutreffen, die Frauen gründen.«
»Das werde ich Ihnen gewiss nicht bestätigen, falls es das ist, was Sie hören wollen, Hoheit.«
»Ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie Ihre Freundinnen verraten. Mich interessiert nur, wie viele Vereine es wohl gibt. Ich weiß von denen in Royton und Blackburn.«
»Es gibt noch mehr. Sie müssen großes Interesse an der Sache haben, wenn Sie Orte kennen, wo es solche Frauenvereine gibt.«
»Es ist eben etwas Außergewöhnliches. Das Außergewöhnliche weckt häufig mein Interesse.« Er schaute zu Daphne. »Mrs Joyes kann Ihnen das bestätigen.«
»Mrs Joyes meint, Ihre Erbschaft wäre ein besseres Gesprächsthema, Sir«, sagte Daphne. »So wie Sie sich für die Vereine interessieren, interessiert sich Mrs Rolland dafür, was aus dieser Liegenschaft wird. Oder kann sie Sie erst am Dienstag dazu befragen?«
Castleford schien sie gar nicht zu hören. Er wirkte abgelenkt und schenkte ihr keine Aufmerksamkeit mehr.
Als er sich dessen bewusst wurde, riss er sich zusammen und sah sie fragend an.
»Becksbridges Hinterlassenschaft«, drängte sie. »Mrs Rolland interessiert sich sehr für Ihre Absichten. Und da Sie nun schon einmal hier sind, könnten Sie sie vielleicht beruhigen …«
Er hörte schon wieder nicht mehr zu. Diesmal erhob er sich und ging zum Fenster. Es stand einen Spalt offen, aber er machte die beiden Flügel ganz auf und legte den Zeigefinger an die Lippen.
Margaret sah ihre Freundin an und zuckte mit den Schultern. Daphne wartete darauf, den Grund für sein merkwürdiges Verhalten zu erfahren.
»Entschuldigen Sie mich bitte.« Er verließ den Raum.
Daphne zögerte kurz, dann lief sie hinter ihm her. Margaret folgte ihr. Sie fanden ihn draußen im Vorgarten, den Blick gen Westen gerichtet.
»Spitzen Sie die Ohren«, sagte er. »Hören Sie das?«
Sie und Margaret sahen sich verdutzt an. Dann versuchte sie zu hören, was immer er meinte.
Es dauerte eine Weile. Zuerst dachte sie, sie würde es sich einbilden und es nur hören, weil sie etwas hören wollte. Es war, als würde ihr aus weiter Ferne ein kaum wahrnehmbares Getöse durch den Wind zugetragen. Oder vielleicht durch den
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