Lady Daphnes Verehrer
heraus, sagte er in Gedanken zu zwei stämmigen Männern, die ihn kritisch musterten, als er an ihnen vorbeitrabte. Zwingt mich nicht dazu, euch etwas anzutun, um mich zu schützen.
Er machte einen Bogen um Manchester, und nördlich der Stadt kamen ihm weitere Demonstranten entgegen. Als er Failsworth erreichte, wurde ihm klar, dass es Nachzügler gewesen sein mussten und nicht die Hauptkolonne der Arbeiter. Viel mehr Menschen mussten schon Stunden zuvor die Straße entlanggezogen sein. Im Dorf selbst traf er nur noch auf eine Handvoll weitere Nachzügler mit entschlossenen Mienen. Die drei Geschäfte des Ortes waren geschlossen, und abgesehen von dem leisen Getrappel von Schuhen und Stiefeln auf der Straße war alles totenstill.
Nur eine Tür war offen: die des Wirtshauses. Er stieg von seinem Pferd, band es an und ging hinein. Er war froh, dass wenigstens einer auf die Idee gekommen war, Essen und Trinken an die vorbeiziehenden Demonstranten zu verkaufen, statt selbst mitzumarschieren.
Im Schankraum war nicht viel los, da der Tag bereits vorangeschritten war und diejenigen, die jetzt noch in die Stadt unterwegs waren, noch einige Kilometer vor sich hatten. Es drehten sich jedoch genug Leute nach ihm um und musterten ihn, um seine Wachsamkeit abermals zu wecken.
Er ignorierte ihre Blicke und sah sich nach dem Wirt um. Dabei fiel ihm ein Mann ins Auge, der in einer Ecke saß. Anscheinend ohne sich der eigenartigen Stimmung im Dorf bewusst zu sein, las er am Fenster ein Buch und nippte an seinem Bier, das er wahrscheinlich schon seit Stunden vor sich stehen hatte.
Der Mann sah nicht so aus, als würde er in einer Fabrik arbeiten. Castleford ging auf ihn zu. Er war davon überzeugt, dass er ihn schon einmal in London gesehen hatte.
Der Mann sah verdutzt auf. Dann nahm er Haltung an und beeilte sich aufzustehen. »Eure Hoheit!«
Castleford bedeutete ihm mit einer unauffälligen Geste, sitzen zu bleiben und kein Aufsehen zu erregen. »Sie sind doch Summerhays’ Kutscher, nicht wahr?«
Der Mann nickte. Dann schaute er verstohlen zum Nebentisch, von dem aus sie neugierig beobachtet wurden.
Castleford setzte sich zu dem Kutscher. »Wo ist sie? Mrs Joyes? Ist sie hier im Dorf?«
»Nein, Hoheit. Sie ist in einem Cottage ein Stück die Straße hoch. Ich wohne hier im Wirtshaus, in einem Zimmer oben, und die Kutsche und die Pferde sind in einem Stall untergebracht.«
»Haben Sie Mrs Joyes noch einmal gesehen, seit Sie sie zu diesem Cottage gebracht haben?«
Der Kutscher schüttelte den Kopf. »Sie sagte, sie würde mich holen oder mir eine Nachricht schicken, wenn sie mich braucht. Dann hat sie mir noch Geld für ein Bett und Essen gegeben, und mehr habe ich in den letzten zwei Tagen nicht mit ihr zu tun gehabt. Ich hoffe, die Dame hat Verstand und gedenkt nicht mitzumarschieren, wie es viele Frauen und Kinder zu tun scheinen. Manche Damen tun törichte Dinge, wenn sie von diesem Reformeifer befallen werden.«
»Ich glaube nicht, dass sie mitmarschiert, wenn auch nicht aus Mangel an Sympathie für die Sache.« Daphne war nicht hergekommen, um gemeinsam mit den Arbeitern zu demonstrieren, aber sie war möglicherweise gekommen, weil es diese Protestkundgebung gab. »Ich habe zwar eine Landkarte dabei, aber vielleicht könnten Sie mir das Haus und den Weg dorthin einfach beschreiben.«
Der Kutscher erklärte ihm, wie er zu dem Sträßchen gelangte, das zu einem Cottage mit einer blauen Tür führte.
Als der Wirt an ihnen vorbeikam, um am Nebentisch Bier zu servieren, hörte er, worüber sie sprachen. Er blieb stehen und sah Castleford prüfend an. »Sie wollen also zu Mrs Rolland, ja? In welcher Absicht?«
Castleford winkte ihn zu sich und legte eine Guinee auf den Tisch, um jeden Argwohn zu beschwichtigen. »Ist das die Dame, die in dem Cottage weiter oben im Dorf wohnt?«
»Sie ist die Pächterin und sie lebt schon, ach, zehn Jahre hier. Nein, elf. Sie ist in dem Jahr gekommen, als mein Sohn geboren wurde.«
»Ich will nicht zu ihr persönlich. Ich bin hier, um die Dame zu treffen, die bei ihr zu Besuch ist. Vielleicht haben Sie sie schon gesehen? Eine große Frau, sehr blass und sehr schön.«
Das Lächeln des Wirts ließ zwei abgebrochene Zähne hervorblitzen. »Das ist Mrs Joyes. Schön ist stark untertrieben, würde ich sagen. Sie ist tatsächlich wieder hier. Jemand hat sie gestern gesehen, als sie mit Mrs Rolland nach Eccles unterwegs war.«
»Also kennen Sie sie. War sie schon oft hier zu
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