Lady Helenes skandaloeser Plan
deshalb war es wunderbar, wenn sie es einmal aus freien Stücken tat. Mit ein paar großen Schritten durchquerte er das Wohnzimmer und gab Lina einen lobenden Klaps auf den Hintern. »Dafür kaufe ich dir ein …«
Doch sein Versprechen verwandelte sich in einen erstickten Ausruf. Die Frau, die erschrocken aufsprang und ihn entsetzt anstarrte, war durchaus nicht Lina.
»Ach du lieber Gott, dich hatte ich ja ganz vergessen!« Nun, da Helene ihm gegenüberstand, konnte Rees nicht fassen, wie er sich so hatte irren können. Lina war ein kleines, molliges Rebhuhn und seine Frau eine hagere Bohnenstange, an deren Wangenknochen man sich schneiden konnte, falls einen das Feuer, das aus ihren Augen sprühte, nicht schon vorher versengt hatte. Sie hatte schon wieder jenen kritischen Blick, den er so hasste.
»Helene«, sagte er schicksalsergeben.
»Ich nehme an, diese reizende Begrüßung galt jemand anderem?« Wenn sie ihre Augenbraue noch etwas höher zog, würde sie ihr glatt aus dem Gesicht fallen.
»Es tut mir leid.« Wie bei jeder Begegnung mit Helene spürte er ihren Abscheu wie einen schweren Umhang, der ihm die Schultern beschwerte. Unter ihrem mahnenden Blick kam er sich vor wie ein großes Schwein, das sich im Schlamm suhlt.
Er wandte sich ab und setzte sich, ohne abzuwarten, bis sie Platz genommen hatte. Rees fand, eine Frau, die einem einst einen Nachttopf über dem Kopf geleert hatte, habe jeden Anspruch auf Höflichkeit verwirkt. Zwar war die Nachttopf-Affäre schon eine Weile her, aber so etwas vergaß man nicht so leicht.
Sie hob das Kinn in der ihr eigenen Weise und nahm ihm gegenüber Platz, in ihren Bewegungen so anmutig und präzise wie ein verdammter kleiner Sperber. Rees musterte sie scharf, weil er wusste, dass sie das nervös machte.
»Hast du noch mehr Gewicht verloren?«, fragte er schließlich, als das Schweigen unerträglich zu werden drohte. Er liebte es, eine ordentliche Handvoll Weib im Arm zu haben, das wusste Helene. Ihr Mangel an weiblichen Rundungen hatte ihm schon oft Worte eingegeben, die sie bis zur Weißglut reizten. Doch sie ignorierte die Anspielung und rang lediglich ihre dünnen Hände im Schoß.
»Ich bin gekommen, um dich um die Scheidung zu bitten, Rees.«
Er sank an die Couchlehne. »Habe ich dir nicht geschrieben, dass du dir die Mühe sparen kannst? Ich habe meine Ansicht nicht geändert.«
Als sie nicht sofort antwortete, fuhr er in einem sardonischen Ton fort, von dem er wusste, dass er sie wütend machen würde. »Deine Bitte finde ich umso überraschender, als dein zukünftiger Bräutigam es sich ja bereits anders überlegt hat. Als du mich das letzte Mal um die Scheidung gebeten hast – das war im April vor einem Jahr, nicht? –, wolltest du Fairfax-Lacy heiraten. Aber soviel ich gehört habe, hat er nun eine andere geheiratet. Wen willst du denn jetzt heiraten, Helene?«
»Das spielt keine Rolle. Ich will lediglich von dir geschieden werden«, sagte sie, immer noch gelassen.
»Da bin ich anderer Meinung. Wie ich dir damals gesagt habe, werde ich deinem Wunsch erst dann entsprechen, wenn der betreffende Mann dir während des Scheidungsverfahrens beisteht, wenn er tapfer genug ist, sich des Ehebruchs beschuldigen zu lassen. Aber wenn du so einen mutigen Mann noch nicht gefunden hast …« Er verstummte. Sie hatte trotzig das Kinn vorgeschoben. Manchmal träumte er davon.
»Warum weigerst du dich? Kannst du dich nicht einfach von mir scheiden lassen, ohne zu wissen, wen ich heiraten will?«
»Eine Scheidung würde uns Tausende kosten«, erklärte er und verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum in Gottes Namen sollte ich unserem Vermögen einen solchen Aderlass zumuten? Außerdem brauchst du zur Wiederverheiratung einen Parlamentsbeschluss. Fairfax-Lacy hätte ihn erwirken können, aber es gibt wenige andere, die solche Macht besitzen. Aber wenn du dir einen Liebhaber nehmen willst – nur zu! Es würde dir weiß Gott guttun.«
Zufrieden vermerkte er die Röte, die seiner Ehefrau in die porzellanweißen Wangen gestiegen war. Er hatte keine Ahnung, warum eines seiner Hauptvergnügen darin bestand, Helene aus ihrer Madonnenhaltung zu locken.
»Ich will keinen Liebhaber nehmen«, sagte sie. »Ich will lediglich dich loswerden, Rees.«
»Und nicht durch einen Mord, nehme ich an?«
»Ich bin gewillt, alle Optionen in Betracht zu ziehen«, lautete ihre kühle Erwiderung.
Rees lachte, doch es war eher ein Bellen. »Da musst du dir schon einen Liebhaber
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