Lady Helenes skandaloeser Plan
zwischen ihren Beinen. Sie flüsterte: »Ja, es ist mir recht … ja bitte, Garret.«
Er beugte sich kurz hinab, um sie noch einmal zu küssen. Helene dachte gerade, dass Küssen vielleicht doch gar nicht
so
schrecklich war, als sie ein Geräusch an der Tür hörte. Jemand betrat das Zimmer.
»
Merde!
«, fluchte Mayne unterdrückt und richtete sich auf. Doch er wirkte nicht allzu beunruhigt. »Einen Augenblick,
chérie
, ich kümmere mich darum …« Er richtete sich auf und schaute über die Rückenlehne des Sofas. Dann erstarrte er.
»Wer ist es?«, fragte Helene und fragte sich, ob sie aufstehen sollte. Wenn sie erst ein Kind hätte, wäre ihr Ruf ohnehin vernichtet, deshalb störte es sie im Moment nicht allzu sehr, beim Küssen ertappt worden zu sein. Außerdem hatte Esme ja erzählt, dass bereits die Hälfte der feinen Damen Londons Mayne geküsst hatten.
»Ihr Ehemann«, verkündete er forsch und zog sie vom Sofa hoch. »Guten Abend, Lord Godwin«, grüßte er liebenswürdig. »Suchen Sie vielleicht Ihre Frau?«
Und da stand Rees im Zimmer und sah im Vergleich zu dem geschmeidigen, eleganten Mayne wie ein puterroter, kriegerischer Preisboxer aus.
Einen Augenblick befürchtete Helene, sie würden sich an die Gurgel gehen. Die Luft im Zimmer war zum Ersticken, und die beiden Männer fixierten einander drohend. Doch dann ermahnte sie sich. Rees hatte doch jegliches Recht als Ehemann abgetreten, er hatte ihr im Grunde sogar befohlen, einen Liebhaber zu finden.
Es wird dir guttun
, hatte er das nicht gesagt?
Sie legte Mayne eine Hand auf den Arm. »Lassen Sie mich einen Augenblick mit meinem Mann sprechen?«, bat sie und schenkte ihm einen bedeutsamen Blick. »Gleich bin ich wieder bei Ihnen.«
Mayne war vor Zorn weiß im Gesicht geworden, was ihn sogar noch anziehender machte. Rees verfügte über eine ähnlich illustre Ahnenreihe, doch sein Gesicht wirkte eher so, als seien seine Vorfahren sämtlich Bauern gewesen. »Es gefällt mir gar nicht, Sie mit einem Mann allein zu lassen, der sich möglicherweise nicht zu beherrschen weiß«, sagte Mayne.
Helene warf ihm Esmes schmelzendes Lächeln zu, und dieses Mal fühlte es sich gar nicht mehr wie Esmes, sondern wie
ihr
Lächeln an. Ihr Lächeln dankte ihm für das kribbelnde Gefühl, das von ihrem ganzen Körper Besitz ergriffen hatte. Gleichzeitig war es eine Einladung, recht bald mit dem Begonnenen fortzufahren. »Mein Ehemann bereitet mir keine Sorgen«, sagte sie leise, aber wiederum nicht so leise, dass Rees es nicht hören konnte. »Aber ich danke Ihnen, dass Sie sich um mich sorgen.«
Als Mayne auf die Tür zuging, wich Rees ihm mit höhnischer Miene aus. Doch Mayne blieb neben ihm stehen. Sie hatten die gleiche Größe und wohl auch, obgleich Maynes Muskeln sich sehr viel deutlicher unter seiner eng anliegenden Kleidung abzeichneten, das gleiche Gewicht. Doch damit endete jegliche Gemeinsamkeit. Der Earl von Mayne war mit französischer Eleganz gekleidet, sein Halstuch war blütenweiß und zu einem komplizierten Knoten geknüpft. Der Earl von Godwin hingegen schien ein altes Küchentuch um seinen Hals geschlungen zu haben, an dem deutlich Misshandlungen durch ein überhitztes Bügeleisen zu erkennen waren.
»Ich würde vorschlagen, dass Sie Ihr Temperament im Zaum halten«, schnarrte Mayne, und seine französisch gefärbte Stimme klang nun wirklich gefährlich.
»Der Tag, an dem mir ein liederlicher Geck wie Sie Ratschläge erteilt, ist der Tag, an dem ich mich begraben lasse«, gab Rees zurück.
»Ich vergebe Ihnen Ihren Zorn, weil Sie anscheinend soeben erkannt haben, dass Lady Godwin Ihre Frau ist«, sagte Mayne mit Betonung. »Obgleich Sie sich dessen in den letzten Jahren kaum bewusst zu sein schienen, und ich glaube auch, Sie haben es zu spät entdeckt.« Damit schritt er aus dem Zimmer.
Helene musste zugeben, dass er einen großartigen Abgang hingelegt hatte. »Was in aller Welt tust du denn hier?«, herrschte sie ihren Mann an. »Du selbst hast mir doch …«
»Ich weiß, dass ich dir geraten habe, einen Geliebten zu nehmen!«, brüllte Rees. »Aber ich habe dir nicht geraten, dass du dir ein Kind anhängen lassen sollst!«
»Du weißt, dass ich …
woher weißt du das?
«, rief sie.
»Deine Freundin Esme hat es mir netterweise gesteckt.«
Helene wurde von einem Strahl glühend heißer Wut durchzuckt. Esme – Esme! – hatte sie verraten? Esme, ihre beste Freundin?
»Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass ich das nicht dulden
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