Lady Ilianas lustvolles Spiel
großgezogen und sechs Monate lang die Engländer abgewehrt, während ihr Gemahl anderswo weilte.
Es war Iliana klar, dass sie in den Augen ihrer neuen Bediensteten ihren Vorgängerinnen in keiner Weise das Wasser reichen konnte. Nicht, dass sich jemand ihren Befehlen widersetzt hätte, jedenfalls nicht direkt. Sie hatten sie nur schweigend angehört und ihr dann erklärt, wie Lady Muireall gehandelt hätte. Ein paar Mal hätte Iliana sie am liebsten angebrüllt, warum die Burg denn dann so verkommen war, wenn sie doch alle so genau wussten, wie man hier zu wirtschaften hätte. Aber sie hatte sich zurückgehalten. Noch.
„So langsam nimmt es Gestalt an.“
Bei dieser aufmunternden Bemerkung ihrer Zofe sah Iliana sich um. Die alten Binsen waren fort und der Boden gefegt. Danach hatten sich die Frauen daran gemacht, die Steinplatten von den jahrealten Verschmutzungen zu reinigen, während sie und Ebba die Wandteppiche und Gobelins abgenommen hatten, damit die Wände getüncht werden konnten. Beinahe bereute sie nun, sich zu Letzterem entschlossen zu haben, denn ein Blick auf das Familienwappen und die vielen Wandbehänge verriet, dass jeder einzelne Gegenstand in der Halle einer gründlichen Säuberung bedurfte.
Einschließlich der Tische und Bänke, dachte sie und verzog das Gesicht. Seufzend sah sie sich erneut in der Halle um und dachte an all das, was hier noch getan werden musste. So wie es aussah, War der Boden unter den Binsen seit Lady Muirealls Tod vor etwa zwanzig Jahren nicht mehr gesäubert worden. Das war ihr klar geworden, als sie den Frauen bei der Arbeit zugesehen hatte. Die drei hatten den Großteil des Morgens damit verbracht, den Boden zu bearbeiten. Sie wären zu viert gewesen, wenn Giorsal sich dazu herabgelassen hätte, ihnen zu helfen, aber anscheinend bestand ihre Aufgabe hier nur darin, den anderen Befehle zu erteilen. Iliana hatte nicht gleich an ihrem ersten Tag auf Dunbar einen Streit vom Zaun brechen wollen, daher hatte sie nichts zu Giorsals Untätigkeit gesagt. Sie hatte jedoch vor, Lord Angus darauf anzusprechen und herauszufinden, welche Stellung die Frau tatsächlich innehatte. Auch wollte sie ihn fragen, ob es möglich war, zusätzliche Hilfskräfte zu bekommen.
„So schlimm ist es doch nicht“, murmelte Ebba tröstend, als Iliana abermals seufzte. „Wenigstens riecht es hier schon nicht mehr so streng.“
Das stimmte zwar, aber trotzdem gab es noch sehr viel zu tun. Ihrer Einschätzung nach dauerte es noch mindestens drei Tage, bis allein die Halle fertig war. Erst dann konnte sie ihre Aufmerksamkeit auf die Schlafgemächer richten. Dieser Gedanke behagte ihr nicht sonderlich. Sie war es nicht gewohnt, in so einem Schmutz zu leben, und das Schlafgemach war ebenso verdreckt wie die Halle.
Sie ging zu einem der Eimer, die die Frauen zurückgelassen hatten, kniete sich auf den Boden, tunkte einen Lappen ins Wasser, wrang ihn aus und begann zu putzen.
„Aber nein, Mylady! “ Ebba eilte erschrocken zu ihr. „Ich mache das! Warum unternehmt Ihr nicht einen kleinen Spaziergang? Die frische Luft täte Euch gut!“
Iliana schüttelte den Kopf. „Es ist zu viel zu tun. Hol dir einen Lappen und hilf mir.“
5. KAPITEL
„Was zum...“
Bei diesem Ausruf wandte Iliana den skeptischen Blick von dem Essen, das der Koch aufgetischt hatte - steinharter Käse und altbackenes Brot - und hob langsam den Kopf.
Duncans Schwester Seonaid stand mit ihren beiden ständigen Begleitern Allistair und Aelfread in der Tür, und alle drei nahmen mit großen Augen die Veränderung wahr, die mit der Halle vor sich gegangen war. Sie kamen zu spät zum Mittagmahl; erstaunlicherweise waren sie aber die Ersten, denen auffiel, was Iliana und ihre Frauen hier vollbracht hatten, von Angus abgesehen.
Iliana hatte ihre Schwägerin seit dem Morgen nach der Hochzeit vor drei Tagen nicht mehr gesehen, als sie mit den anderen das Schlafgemach verlassen hatte. Seonaid und ihre beiden Begleiter waren an jenem Morgen verschwunden und seither nicht mehr aufgetaucht. Vermutlich auf der Jagd, hatte Laird Angus gemeint, als sie ihn darauf angesprochen hatte.
„Was geht hier vor?“ murmelte Seonaid, als sie und die beiden anderen am Tisch Platz nahmen.
„Sie haben die Halle ein bisschen aufgeräumt.“
Iliana erstarrte bei dem verächtlichen Tonfall ihres Gemahls.
„Aufgeräumt?“ Seonaid klang, als hätte sie das Wort noch nie gehört. Iliana ließ sich davon nicht beeindrucken. Angus wohl auch nicht,
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