Lady in Rot (German Edition)
unglaublich sexy und verführerisch – zumal seine Stimme nicht mehr war als ein raues, dunkles Stöhnen, das sie kaum wiedererkannte.
Kaum wiedererkannte!
Der Gedanke ließ sie innehalten. Sie hatte insgesamt vielleicht ganze zehn Wörter aus seinem Mund gehört, und dennoch hatte sie den Eindruck, seine Stimme überall erkennen zu können, so als wäre sie ein Teil von ihr.
„Vito …“
Sein Name fühlte sich fremd und exotisch an. Bei seinem Klang empfand sie einen wohligen Schauer.
Wie konnte das geschehen? Vor wenigen Minuten war sie an diesen Strand gelangt, ohne zu wissen, dass dieser Mann überhaupt existierte, und nun lag sie in seinen Armen und …
Das Zuschlagen einer Autotür auf der Promenade durchbrach den erotischen Bann, sodass sie sich unwillkürlich versteifte und ihren Mund von seinem löste. Im gleichen Moment hob auch er den Kopf und blinzelte heftig, bis sich sein Blick wieder schärfte und er sie mit einem Ausdruck in den Augen ansah, der dem ihren ähnlich sein musste.
Was in aller Welt tue ich hier?
Er musste es gar nicht erst laut aussprechen – dazu stand ihm die Antwort viel zu deutlich ins Gesicht geschrieben.
Sobald sie seinen Blick wahrnahm, jagte ihr derselbe Gedanke durch den Kopf und zerstörte den Sinnentaumel, der sie bis dahin gefangen gehalten und sie zu einem Verhalten getrieben hatte, das so gar nicht zu ihr passte.
Was in aller Welt hatte sie sich nur dabei gedacht?
Sie kannte den Mann doch überhaupt nicht! Sie wusste lediglich, wie er mit Vornamen hieß und dass er sie aus dem Meer gefischt hatte, als sie bereits glaubte, darin ihr Grab zu finden – aber sie kannte ihn nicht! Dennoch hatte sie ihn geküsst, als wäre er die Liebe ihres Lebens.
Es war verrückt. Lächerlich. Gefährlich.
Der letzte Gedanke ließ sie am ganzen Körper beben. Sofort verengten sich seine Augen, und er schaute sie scharf an.
„Dir ist kalt! Verzeih mir – daran hätte ich denken müssen.“
Vito blickte sich bereits suchend um und bewegte sich schließlich dorthin, wo seine Jacke lag. Offensichtlich hatte er sie einfach von sich geworfen in seiner Hast, sie noch rechtzeitig zu erreichen. Noch ein Stückchen weiter weg sah sie seine Schuhe im Sand liegen.
Dieser wahnsinnig aufregende Mann hatte sich, ohne weiter darüber nachzudenken, in die Fluten gestürzt, um sie vor dem Ertrinken zu retten. Niemand hatte jemals etwas Vergleichbares für sie getan.
„Hier …“
Vito war zurück und legte ihr seine Jacke um die Schultern.
„Das sollte helfen.“
„D-danke“, stotterte Emily, die jetzt vor Kälte zitterte.
Die Jacke war unglaublich weich und bequem. Am liebsten hätte sie sich noch fester eingewickelt und sich darin vor der ganzen Welt versteckt. Mit einiger Verspätung setzte nun die Schockreaktion bei ihr ein, und sie wusste nicht, wie sie mit dieser Situation fertig werden sollte.
„Ist alles in Ordnung?“
Idiota! verfluchte sich Vito selbst. Natürlich war nichts in Ordnung! Sie wäre beinahe ertrunken, zitterte vor Kälte und stand vermutlich auch unter Schock. Die Sonne, die eben noch am Himmel zu sehen gewesen war, hatte sich mittlerweile gänzlich verflüchtigt. Dicke, graue Regenwolken waren heraufgezogen und kündigten einen nahenden Sturm an.
„Ich sollte nicht länger hier mit dir stehen und reden, während du völlig durchnässt bist. Du musst ins Warme und deine Kleider wechseln. Wir sollten zusehen, dich so schnell wie möglich nach Hause zu bekommen – wo sind deine Autoschlüssel?“
„Hier …“ Emily zog sie aus der Hosentasche, wo sie Gott sei Dank vor ihrem wilden Tanz im Wasser sicher verstaut waren. „Aber – aber es gibt da ein kleines Problem …“
„Welches?“
Vito hatte sich bereits umgedreht und war zwei Schritte in Richtung Promenade gegangen, doch ihre Bemerkung und das Zittern in ihrer Stimme ließen ihn abrupt innehalten. Er drehte sich zu ihr um.
„Welches Problem?“
Im ersten Moment glaubte er, dass sie ihm nicht antworten würde. Sie wickelte sich noch fester in seine Jacke und wich seinem Blick aus. Doch dann biss sie sich auf die Unterlippe und schaute ihm fest in die Augen.
„Ich – ich lebe nicht hier in der Gegend.“
„Nicht?“
Emily schüttelte den Kopf, sodass silbrige Wassertropfen aus ihren Haaren flogen. „Ich wollte nur einen Tag hier verbringen – ich bin auf der Durchreise.“
Nein. Alles in ihm rebellierte gegen diese Vorstellung. Das durfte nicht geschehen. Sie würde nicht einfach
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