Lady in Rot (German Edition)
ihn – die Art und Weise, wie er sich Hals über Kopf ins Meer gestürzt hatte – ließ ihr schlechtes Gewissen ins Unermessliche anwachsen. Schuldgefühle übermannten sie, sodass sie verlegen von einem Bein aufs andere trat.
„Vito, bitte tu das nicht …“, begann sie noch einmal. „Es tut mir leid, ich …“
Doch was sie hatte sagen wollen, wurde von einem wahren Sturzbach ertränkt, der sich urplötzlich und sintflutartig aus den grauen Regenwolken ergoss. Dazu gesellte sich ein gleißend greller Blitz.
„Vito!“
Sein Name war ein panischer Aufschrei. Einmal mehr schlug ihr Wasser ins Gesicht, nahm ihr die Sicht. Keuchend hob Emily die Hände, um ihr Haar aus der Stirn zu streichen. Dabei merkte sie zu ihrem Entsetzen, dass sie immer noch Vitos Jacke in Händen hielt. Das teure Stück war mit einem Schlag völlig durchnässt und ruiniert.
„Oh. Es tut mir leid!“
Doch Vito hörte sie nicht, und wenn er es doch tat, so war es ihm egal. Im nächsten Moment packte er sie und hob sie erneut auf seine Arme. „Vergiss die Jacke“, murmelte er rau und zog den Kopf ein, um dem Regen ein wenig auszuweichen. „Ich habe dir doch gesagt, dass du sie behalten kannst. Wir reden drinnen weiter.“
„Wo drinnen? Ich habe dir gesagt, dass …“, protestierte Emily, aber ihre Worte erstarben, als sie in Vitos Augen blickte, die ihren eigenen Sturm verhießen.
„Und ich habe gesagt, dass wir drinnen weiterreden!“
Ohne ihren Widerspruch abzuwarten trug er sie über den Strand zu der Treppe, die auf die Promenade führte. Die Stufen waren ziemlich steil und glitschig, doch er schaffte es, sie sicher hinaufzubringen.
„Also, schön – du kannst mich jetzt absetzen!“, versuchte es Emily erneut, aber er schüttelte nur den Kopf.
„Ich lasse dich nicht eher los, bis wir in meinem Apartment sind. Wir müssen miteinander reden, und das können wir schlecht hier draußen machen. Einmal habe ich dich vor dem Ertrinken gerettet – aber ich habe nicht vor, so eine Aktion noch einmal zu wiederholen. Ob es dir nun gefällt oder nicht – du kommst mit zu mir!“
3. KAPITEL
„Also, gut, wir sind in deinem Apartment …“
Emilys Stimme klang kalt und schneidend, beinahe noch feindlicher als die Stille, die sie umfing, nachdem die Wohnungstür mit einem lauten Knall zugefallen war.
„Lass mich jetzt herunter – du hast es versprochen!“, verlangte sie vehement, als Vito doch tatsächlich zu zögern schien.
Es war ihr Tonfall, der ihm nicht behagte. Und außerdem wollte er sie nicht loslassen; es war ein gutes Gefühl, sie in seinen Armen zu halten. Wenn er sie jetzt absetzte, wusste er ganz genau, was geschehen würde. Sie würde die Flamme der Leidenschaft, die so heftig zwischen ihnen loderte, wieder vergessen und zur Eisprinzessin werden. Sie würde eine Mauer aufbauen, ganz so, wie sie es am Strand getan hatte.
Wenn er ihren rebellischen Gesichtsausdruck allerdings richtig deutete, dann stand sie kurz davor, die Geduld zu verlieren.
„Signor Corsentino …“, begann sie nur mühsam beherrscht, woraufhin er entschied, dass er sich zumindest vorerst besser ihren Wünschen beugen sollte. Also zog er seinen Arm unter ihren Beinen hervor und ließ sie langsam nach unten gleiten, bis ihre Füße den Boden berührten. Für den Moment hatte sie ihren Willen durchgesetzt – doch nur für den Moment!
„Ich habe dir gesagt, dass ich Vito heiße“, erklärte er. Seine Worte klangen harscher als beabsichtigt, aber seine Sinne waren nun mal zutiefst aufgewühlt. Er begehrte diese Frau.
„Und ich habe dir gesagt, dass ich nicht hierherkommen will, aber hast du vielleicht auf mich gehört?“
Wusste sie eigentlich, dass sie wie ein halb ertrunkenes Kätzchen aussah? Dennoch fauchte und kratzte sie ordentlich.
„Du möchtest also wieder gehen?“, konterte er.
Vielleicht war es das Beste, zu bluffen.
Die Wohnungstür lag direkt hinter ihm. Er musste sich nur umdrehen und nach der Klinke greifen. Zu seinem Glück donnerte und blitzte es gewaltig, genau in dem Moment, als er die Tür aufzog. Emily, die bereits einen Schritt nach vorne getan hatte, blieb jäh stehen. Jetzt wirkte sie noch mehr wie eine verscheuchte Katze. Eine, der die Haare zu Berge standen, weil sie Angst davor hatte, sich erneut dem Unwetter auszusetzen.
„Das dachte ich mir.“ Mit einem Fuß kickte Vito die Tür wieder zu und bemerkte, dass sie diesmal nicht gewillt schien, zu protestieren.
„Aber was soll ich tun?“, fragte
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