Lady Lavinias Liebestraum
daran können wir ihn schwerlich hindern. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Duke ihm seinen Segen gibt, ohne zuvor mit dir gesprochen zu haben.”
Lavinia senkte den Blick. “Ich muss gestehen, ich habe bezüglich meiner Mitgift etwas geflunkert.”
Nachdem sie der Stiefmutter alles berichtet hatte, schlug diese ihr vor, den Vater einzuweihen, damit er, falls der junge Mann sich tatsächlich an ihn wenden würde, Lavinias Andeutungen bestätigte. Sie war davon überzeugt, dass der Duke nachsichtig über die Notlüge seiner Tochter hinwegsehen und sie in ihrem Bemühen, die wahren Beweggründe des Verehrers ans Tageslicht zu befördern, unterstützen würde.
Lavinia zeigte sich ungemein erleichtert, dass Frances so viel Verständnis für sie aufbrachte, und akzeptierte wohlgemut den Arm Lord Haverleys, um mit ihm einen Walzer zu tanzen.
Unterdessen saßen der Earl of Corringham und Sir Percy an einem entlegenen Kartentisch im Nebenzimmer und genehmigten sich einen Brandy. Sie spielten nicht, sondern hatten sich in den vergleichsweise ruhigen Raum zurückgezogen, um ungestört reden zu können.
“Wer ist sie, Ponsonby?”
“Lady Rattenshaw? Das habe ich vorhin bereits erwähnt. Wichtig ist vor allem, dass sie außergewöhnlich wohlhabend ist, das kann ich nicht oft genug wiederholen, insbesondere weil Sie ja die Rechtschaffenheit eines gewissen jungen Mannes auf den Prüfstand zu stellen beabsichtigen”, erklärte Sir Percy mit vielsagendem Blick.
Überrascht hob James eine Braue. “Sie meinen, er könnte die Dame als eine noch vorteilhaftere Partie als Lavinia betrachten? Weiß Lady Rattenshaw von Ihren Hintergedanken?”
“Natürlich.”
Seine Gnaden erhob sich und klopfte dem Freund auf die Schulter. “Ich bin sehr gespannt, ob Sie recht behalten, Ponsonby. Lassen Sie uns in den Ballsaal zurückkehren und uns auf unsere Beobachtungsposten begeben.”
Lavinia wirbelte gerade mit Augustas Gemahl Richard über das Parkett, als James neben der Duchess of Loscoe Stellung bezog.
“Sie scheint sich köstlich zu amüsieren”, bemerkte er trocken und nickte in Richtung der Stiefschwester. “Dabei kann ich ihren jüngsten Verehrer nirgends entdecken.”
“Wincote? Der dürfte in diesem Moment mit dem Duke of Loscoe eine Unterredung haben.”
“Gütiger Himmel, der Mann hat es wahrhaftig eilig. Lavinia wird ihn doch wohl hoffentlich nicht noch ermutigt haben?”
Frances schaute ihm fest ins Auge. “Ganz im Gegensatz zu dir bedarf er keiner Ermutigung, mein Junge.”
“Wovon sprichst du, Mama?”
“Ich denke, du weißt, was ich meine. Ich kenne keinen zögerlicheren Mann als dich. Wenn du nicht achtgibst, verlierst du sie”, erklärte sie unverblümt.
“Mama … ich versuche es am besten erst gar nicht zu leugnen. Du hast Lavinia diesbezüglich hoffentlich keinen Hinweis gegeben.”
“Du lieber Himmel, nein! Wenn ich auch alles für dich tun würde, was in meiner Macht liegt – Lavinia musst du schon selbst hofieren, mein Junge.”
“Dass du mich zu einem solchen Schritt ermutigst, verwundert mich, Mama. Immerhin warst du mit deinem Gemahl damals einer Meinung, ich solle mich von Lavinia fernhalten.”
“Ich widerspreche dir nicht, doch gaben wir dir den Rat vor drei Jahren. Nun ist aus dir ein Mann geworden, den eine Mutter sich als Schwiegersohn nur wünschen kann. Und Lavinia ist nicht nur noch hübscher geworden, sondern sie hat an Reife und Verständnis gewonnen.”
“Wie wahr”, gab er wehmütigen Blickes zurück.
“Dann überwinde dich und bring die Sache endlich voran.”
“Welche Sache?”, erkundigte Lavinia, die gerade zu ihnen trat, sich neugierig, während ihr Tanzpartner sich mit einer knappen Verbeugung empfahl.
James winkte ab. “Es ist nichts von Bedeutung, Lavinia. Wenn ich mich nicht irre, ist dies mein Tanz”, sagte er rasch und zog die junge Frau wieder aufs Parkett.
Aus dem Augenwinkel sah er Lord Wincote in den Saal zurückkehren. Als sein Rivale entdeckte, wie Lavinia mit ihm im Walzertakt über das Parkett wirbelte, konnte er seinen Unmut darüber nicht verbergen und machte ein ausgesprochen entnervtes Gesicht.
“Sehr gut”, murmelte James und lächelte.
“Was meinst du?”
“Oh, du bist eine ausgezeichnete Walzertänzerin, meine Liebe.”
Lavinia erwiderte sein Lächeln. “Ich mag diese Musik, sie ist so …” Sie brach erschrocken ab. Beinahe hätte sie
romantisch
gesagt, ein bedeutungsschweres Wort, welches James womöglich zu der
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