Lady Lavinias Liebestraum
verloren.”
“Oh.”
“Ist das alles, was Sie mir darauf zu sagen haben? Ich hatte gehofft, Sie würden mir Ihre Zustimmung geben, mit Ihrem Vater zu sprechen. Immerhin ist er heute Abend zugegen und offensichtlich frei von seinen ihn sonst gänzlich mit Beschlag belegenden Verpflichtungen. Es könnte meiner Meinung nach keinen günstigeren Zeitpunkt geben als diesen.”
Lavinia zögerte und schaute Lord Wincote nur fragend an. Nicht nur die vielen Drehungen, die ihr der Tanz abverlangte, machten sie schwindlig; sein stechender Blick hatte eine unbeschreibliche Wirkung auf sie. Sie schien nicht mehr Herr ihrer Sinne zu sein, konnte keinen klaren Gedanken fassen und bekam weiche Knie. Sie musste sich zwingen, die Lider zu senken, damit der Bann, der offensichtlich auf ihr lag, wieder von ihr wich. Wie würde sie sich erst in seiner engen, leidenschaftlichen Umarmung fühlen, wenn sie sich küssten? Lavinia atmete tief durch.
“Es ist noch ein wenig zu früh, mit meinem Vater zu sprechen, wie ich meine”, brachte sie schließlich hervor.
“Weshalb? Sie hatten Ihr Debüt bereits vor zwei Jahren, pflegten Konversation mit sämtlichen heiratswilligen und angesehenen Junggesellen des Londoner
ton
. Wie können Sie sagen, es sei noch zu früh? Ich kann nicht länger warten, meine Liebe, ich kann es wirklich nicht.”
“Warum nicht?”
“Ich will Sie für mich ganz allein, ich möchte sagen können, dieser Schatz ist der meine.”
Lavinia wurde argwöhnisch ob des fordernden Tons ihres Verehrers. “Würden Sie mich auch lieben, wenn ich arm wie eine Kirchenmaus wäre?”
“Natürlich würde ich Sie trotzdem lieben. Ihre Frage verletzt mich zutiefst.”
“Gut”, sagte sie mit einem listigen Grinsen, “denn ich besitze keinen Penny.”
Als ihr Begleiter darauf keinen Ton herausbrachte, fuhr sie fort: “Papa beabsichtigt, mir nur eine sehr geringe Mitgift zu geben.”
Er lachte. “Lady Lavinia, Sie machen sich über mich lustig. Aber ich spiele Ihr kleines Spielchen gern mit. Sie sind also tatsächlich bettelarm. Ich bin es nicht. Oh, ich bin nicht so wohlhabend wie der Duke of Loscoe, besitze aber ein Gut in Cumberland, das einen stattlichen Gewinn abwirft. Überdies erwarte ich die nächsten Wochen eine größere Summe.”
“Oh, jetzt bin ich in der Tat beruhigt. Papa ist nämlich so in Sorge darüber, dass man mich vor allem meines Geldes wegen zum Traualtar führen könnte.”
Er nickte verständnisvoll. “Ich kann seine Sorge verstehen.”
“Dann werden Sie nichts dagegen haben, wenn mein Vater einige Erkundigungen über Ihr Vermögen einholt?”
“Nun … Die Summe, von der ich sprach, wird mir erst ausgehändigt, wenn ich gewisse geschäftliche Belange meines Großvaters geregelt habe. Aus diesem Grund bin ich übrigens nach London gereist.”
“Sie können gern mit Papa sprechen”, sagte sie, wobei ihre Lippen ein Schmunzeln andeuteten. “Doch muss ich Sie warnen. Er ist fest entschlossen, mir erst nach zwei Ehejahren einen größeren Geldbetrag zur Verfügung zu stellen. Sie werden ihn also davon überzeugen müssen, dass Sie mir in der Zwischenzeit den Lebensstandard bieten können, den ich gewöhnt bin.”
Ihr Tanzpartner machte ein erstauntes Gesicht. “Das wird er nicht ernstlich vorhaben. Er würde es doch nicht zulassen, dass es Ihnen an etwas mangelt.”
“Natürlich nicht. Es würde mir bei Ihnen doch an nichts fehlen, oder habe ich Sie falsch verstanden?”, fragte sie mit unschuldiger Miene.
“Nein, nein, natürlich nicht”, erwiderte er hastig.
Kaum war der Tanz beendet, empfahl Lord Wincote sich. Die Duchess of Loscoe, die das Paar beim Tanzen aus der Ferne beobachtet hatte, schritt sogleich auf die Stieftochter zu. “Euren Gesichtern nach zu urteilen, habt ihr über ein ausgesprochen ernstes Thema geredet. Der Gentleman scheint keine Zeit zu verlieren.”
“Das hast du richtig beobachtet, Mama”, seufzte Lavinia. “Wenn Lord Wincote und ich beisammen sind, er mich anschaut und mich mit Komplimenten überhäuft, dann empfinde auch ich eine gewisse Ungeduld, mich baldmöglichst mit ihm zu vermählen. Sobald er jedoch meinem Blickfeld entschwunden ist und ich wieder Herr meiner Sinne bin, übermannt mich wieder die Unentschlossenheit und der Zweifel, ob er der richtige Mann für mich ist.”
Ihre Gnaden lächelte verständnisvoll und nahm Lavinias Hand in ihre. “Ich denke, du solltest nichts überstürzen.”
“Er möchte mit Papa reden.”
“Nun,
Weitere Kostenlose Bücher