Lady Marys romantisches Abenteuer
Berthe.“ Im Licht der Laterne hinter ihr sah John, dass ihre Hände und ihr Gesicht bereits blau angelaufen waren. Er nahm eine Münze aus seiner Tasche und ließ sie dem Mädchen in den Schoß fallen.
Berthe zog scharf die Luft ein und schüttelte die Münze von ihren Röcken ab, als wäre es heiße Kohle. „Ich bin nicht für Geld zu haben, Mylord.“
„Darum geht es nicht, Berthe“, sagte er. „Ich will nur mehr über den Mann erfahren, der dich aufgefordert hat, zu stehlen.“
Sie starrte zu ihm empor. Offenbar versuchte sie herauszufinden, ob sie ihm trauen konnte.
„Ich bin für alles dankbar, was du mir erzählen kannst, Berthe“, erklärte er weich. „Ich möchte den wirklichen Schurken bestraft wissen statt deiner. Die jungen Damen stimmen darin mit mir überein.“
Sie seufzte, bückte sich und suchte im Staub zu ihren Füßen nach der Münze. Dann steckte sie sie in ihr Bündel. „Er war wirklich ein Schurke, Mylord. Sah gut aus, so wie Sie, aber er war gemein. Er sagte mir, wenn ich nicht tue, was er mir aufträgt, dann wird er dafür sorgen, dass ich meine Stellung verliere. Ich habe es getan, aber meine Stellung hab ich trotzdem verloren.“
„ Nannte er dir seinen Namen, Berthe?“
Sie schüttelte den Kopf. „Er wollte nicht. Aber ich weiß, dass er aus Paris war, Mylord, und ein Herr, so wie er redete. Er war groß und blass, mit schwarzen Haaren und dunklen Augen.“
Wie alle anderen Franzosen in Paris auch, dachte John. „Aber er sagte nicht, wonach du im Zimmer der jungen Damen suchen solltest?“
„Er meinte, das wäre ein Geheimnis. Er sagte, selbst Seine Majestät der König würde es gerne wissen.“
Es musste das Gemälde sein. Selbst wenn man berücksichtigte, dass der Mann übertrieb, um das Mädchen zu beeindrucken, als er den König erwähnte, konnte es sich nicht um etwas anderes handeln. „Also nahmst du den Schmuck.“
Sie ließ die Schultern sacken. „Ich glaubte, ich hätte es richtig gemacht, weil ich diesen roten Schmuck nahm mit den Buchstaben drauf. Ich dachte, den wollte er. Alles mit einem F, sagte er.“
„Kennst du denn die Buchstaben gut genug, um ein F zu erkennen, Berthe?“, fragte er freundlich. Bauernmädchen wie Berthe lernten nur selten lesen.
„Er malte den Buchstaben für mich auf, damit ich ihn wiedererkennen würde.“ Sie beugte sich vor und zeichnete mit dem Finger ein erlesenes F mit einem geschwungenen Ende in den Staub.
Das F stand für Farren, natürlich, dem Familiennamen des Duke of Aston. Es war das Monogramm auf dem gestohlenen Anhänger. John fiel ein, dass es auch für seinen eigenen Namen Fitzgerald stand. Aber das gehörte nicht zur Sache.
„Sagte er, was das F bedeutet?“, fragte er. „Stand es für einen Namen?“
„Ja, Mylord, das sagte er, aber ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern“, antwortete Berthe langsam. „Aber es war ein fremdländisch klingender Name. Kein ausländischer wie Ihrer, Mylord, noch einer wie der der englischen Damen, aber auch kein französischer.“
Kein englischer, kein französischer. Er sah wieder auf den geschwungenen Buchstaben hinunter, den sie gemalt hatte. Die theatralischen Schwünge und Verzierungen – das mutete italienisch an. Sie hatte ihm mehr geholfen, als er erwartet hatte, bestimmt mehr, als sie ahnte. Er griff in die Tasche und gab ihr noch zwei Münzen.
„Ich danke dir, Berthe“, verabschiedete er sich, „und Gott schütze dich.“
Auf sein Klopfen öffnete Miss Wood die Tür zum Zimmer der beiden Schwestern. Hinter ihr konnte John ihr eigenes Mädchen, Deborah, sowie zwei weitere aus dem Gasthof sehen, die alles eifrig sortierten und einpackten. Auch Diana half, aber mit wenig Begeisterung.
„Dürfte ich Ihnen Lady Mary entführen, wenn Sie erlauben?“, sagte er zur Gouvernante. „In der Sammlung des Prince de Condé sahen wir ein Gemälde, das dem Lady Marys gleicht. Und wir waren übereingekommen, uns nach dem Abendessen über diese Ähnlichkeit zu unterhalten.“
Miss Woods hatte vor Erschöpfung dunkle Ringe unter den Augen. Der Tag hatte auch von ihr seinen Tribut gefordert. „Für einen kurzen Augenblick, denke ich, Mylord. Aber bitte, halten Sie Ihre Ladyschaft nicht zu lange auf. Wenn wir morgen aufbrechen wollen, müssen wir heute Nacht noch mit allem fertig werden.“
Diana schnappte nach Luft und eilte zur Tür. „Oh, das ist nun aber nicht gerecht, Miss Wood, überhaupt nicht gerecht! Sie wollen Mary mit Lord John gehen lassen,
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