Lady Marys romantisches Abenteuer
aber wenn ich …“
„Sie sind nicht Lady Mary, Mylady“, entgegnete Miss Wood trocken und fasste Diana am Arm, damit Mary vorbeigehen konnte. „Noch gleicht Seine Lordschaft auf irgendeine Art den Herren Ihrer Bekanntschaft. Kommen Sie jetzt mit mir, damit die beiden Zeit für ihr Gespräch über das Bild haben.“
„Ich bin froh, dass Sie hier sind“, sagte Mary zu John, während sie mit dem Bild unterm Arm aus der Tür schlüpfte. „Wo wollen wir hingehen?“
Er deutete mit dem Kopf den Gang hinunter. „Mein Zimmer steht zur Verfügung.“
„In Ihr Zimmer? Allein? Das sollte ich nicht tun. Wir sollten es nicht. Und Sie sind ungezogen, wenn Sie mir solch einen unschicklichen Vorschlag machen.“ Sie lächelte schwach. „Doch nach dieser widerwärtigen Szene mit dem Wirt und seiner Frau haben wir das Recht auf ein wenig Unschicklichkeit.“
„Oh, selbst Miss Wood war dieser Meinung“, bestätigte er. Leicht strich er ihr mit den Fingerspitzen über die Wange. „Außerdem habe ich mit dem Mädchen gesprochen, und das, was Berthe mir gesagt hat, möchte ich Ihnen lieber nicht an einem Ort berichten, an dem man uns belauschen kann.“
„Nein.“ Zu seiner Überraschung schlug sie den Weg den Gang hinunter zu seinem Zimmer ein und überließ es ihm, ihr zu folgen. Um ihretwillen war er froh, dass sie unterwegs keine anderen Gäste trafen. Selbst in Frankreich war es eine Sache, den guten Ruf aufs Spiel zu setzen, und eine andere, es vor Zeugen zu tun.
Einmal in seinem Zimmer, stellte sie das Gemälde in den einzigen Lehnstuhl und blieb daneben stehen, eine Hand schützend auf den Rahmen gelegt. Das Licht des Kaminfeuers tanzte über das Bild und erweckte es auf eine unheimliche Art zum Leben.
„Kann ich Ihnen etwas anbieten?“,fragte John.„Tee oder Wein oder …“
„Das arme Mädchen suchte nach dem Bild, nicht wahr?“, sagte Mary und in ihrer Stimme schwangen Zorn und Traurigkeit mit. „Dieser Mann … dieser böse Mann! Er sagte ihr nicht, worauf sie Jagd machen sollte, und ließ sie dann allein die Folgen tragen. So geschlagen zu werden für nichts als eine Handvoll Granate und Messing!“
„Ich bin mir nicht sicher, ob er selbst es wusste“, meinte John und kauerte sich vor dem Bild nieder. „Er sagte ihr, sie solle nach etwas Wertvollem mit dem Buchstaben F suchen. Er schrieb auch den Buchstaben auf, um ihn ihr zu zeigen. Haben Sie den Anhänger noch bei sich?“
Sie griff in die Tasche und gab ihm die Halskette. John legte sie auf die flache Hand und hielt sie ins Licht des Feuers. Mary hatte recht gehabt, was ihren Wert betraf – versilbertes Messing, besetzt mit Granaten und blitzenden Markasiten. Doch was John interessierte, war der herzförmige Anhänger in der Mitte, in den ein fein geschwungenes F eingraviert war.
„Dieser Buchstabe, der für Ihren Namen steht, ist der Grund, warum Berthe den Schmuck nahm“, sagte er. „Danach suchte sie. Und als sie ihn fand, hielt sie ihn für das wertvolle Stück. Zweifellos hielt sie das hier für Rubine und Diamanten.“
Mary beugte sich neben ihm nieder. „Wenn wir also irgendwo auf dem Gemälde solche F s finden, dann heißt das wohl, der Mann suchte nach meinem Engel.“
„Ich glaube, wir werden welche finden.“ Er drehte die Holztafel, um die unregelmäßigen Zeichen zu studieren, die auf die Rückseite gekritzelt waren. Aber Mary drehte das Bild wieder zurück.
„Ich weiß, dass wir sie finden werden, weil ich sie nämlich schon gefunden habe.“ Sie deutete auf den Heiligenschein des Engels. Das breite Band aus Blattgold besaß einen dicken, dekorativen Saum, und in dessen filigraner Verzierung waren kompliziert verschlungene F s als sich wiederholendes Muster eingearbeitet. „Da sind noch mehr, auch hier, entlang des Kleidersaums.“
„Wann haben Sie das bemerkt?“, fragte John ungläubig. „Das ist so fein. Die Buchstaben scheinen nur ein weiterer Teil des Musters zu sein, wenn man nicht bewusst nach ihnen sucht. Dann aber stechen sie einem sofort ins Auge.“
Mary lächelte verschmitzt. „Ich sah sie sofort in Monsieur Dumonts Laden. Ich dachte, sie könnten für Farren stehen. Es war einer der Gründe, weswegen ich das Bild kaufte. Ich sagte Ihnen doch, es ist mein eigener Schutzengel.“
„Ich fürchte, vor Ihnen hatte er einen anderen Schützling“, bemerkte John und drehte die Tafel noch einmal um. „Und ich glaube, auch den hat er nicht sehr gut bewacht.“
„Sie meinen, irgendeine Familie, deren
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